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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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stand auf, ging nackt in ihr Zimmer und kam mit ihren Sachen überm Arm und einem kleinen Koffer zurück.
    »Ich glaube, das andere Zimmer können wir abbestellen«, sagte sie. »Das heißt, wenn du es auch willst.«
    »Warum hast du das getan?«
    »Schon beim ersten Mal, als ich dich sah, hatte ich Lust dazu, obwohl ich das so natürlich nicht gedacht habe. Du warst ja verheiratet … aber entschuldige. Das sollte man nicht sagen.«
    »Schon gut, Clara.«
    »Es hat in meinem Leben nicht sehr viele Männer gegeben, Peter. Ich habe Lust wie alle anderen, aber ich fand es nach der Scheidung kaum mehr der Mühe wert. Ich hatte eigentlich nichts dagegen, sie in mein Bett zu kriegen, das Problem war nur, sie hinterher wieder loszuwerden.«
    »Ich bin froh, daß du die Initiative ergriffen hast. Ich weiß nicht, ob ich es gewagt hätte.«
    »Bestimmt. Ich hätte dich schon hungrig auf mich gemacht.
    Ich habe es doch in deinen Augen gesehen. Im Sommer. Ich konnte sehen, daß du Lust auf mich hattest. Und als ich plötzlich in dem Zimmer nebenan stand, hab ich gedacht: Mein Leben ist zur Hälfte rum, man hat schon Gleichaltrige sterben sehen. Es gibt keinen Grund, Zeit zu vergeuden. Was kann groß passieren, wenn man’s drauf ankommen läßt? Man kann sich höchstens noch mal die Flügel verbrennen. Aber die erste Verbrennung ist immer die schlimmste.«
    Ich stand auf, ging zu ihr und küßte sie sanft, während meine Hände zärtlich auf ihren Brüsten lagen.
    »Ich freue mich, daß du es getan hast«, sagte ich.
    Sie machte sich frei und zeigte zur Badezimmertür.
     
    »Sollten wir nicht ein bißchen anständig aussehen, wenn der Zimmerservice kommt?«
    Wir aßen, als hätten wir seit Tagen nichts mehr zu uns genommen. Sogar ich, der ich in der Regel schnell satt bin, aß, bis nichts mehr übrig war. Nach dem Essen fragte ich: »Du hast nicht erzählt, warum du die Stelle gewechselt hast.«
    »Wenn es einen Skandal gibt, muß in Dänemark am Ende immer einer der Dumme sein. Sonst geht der Skandal nicht vorbei. Diesmal war ich die Dumme.«
    »Wegen mir?«
    »Ja, Peter. Wegen dir.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ach, das braucht dir nicht leid zu tun. Gib mir eine Zigarette, obwohl ich eigentlich aufgehört habe zu rauchen«, fuhr sie fort.
    »Ich wollte sowieso vom PND weg. Und in Dänemark wird man ja nicht gleich entlassen. Man findet eine andere Stelle, etwas weiter unten auf der Karriereleiter, ein Vermerk in den Papieren, das gleiche Gehalt, ein Wink mit dem Zaunpfahl, daß die Karriere nicht mehr auf sicheren Schienen läuft. Dänemark ist kein blutrünstiges Land, aber wir säubern genauso kalt lächelnd wie alle anderen auch. Nur daß die Blutspuren nicht so deutlich sind.«
    Sie rauchte hastig, sie war wütend und verletzt.
    »Ich war gemein, Clara«, sagte ich. »Gemein und beschämt und verletzt und besoffen.«
    »Ich hab doch gesagt, du brauchst dir deswegen keine grauen Haare wachsen zu lassen. Eigentlich verstehe ich dich ganz gut.
    Es ist nur …«
    »Was?«
    »Ich hab jetzt eine untergeordnete Stellung in der Betrugsabteilung. Ich kriege alle möglichen Fälle.
    Wirtschaftskriminalität, Steuerhinterziehung und solche Sachen.
     
    Diese cleveren Dinger, wo es fast nie zu einem Urteil kommt.
    Und das sieht ja in meinen Papieren nicht gut aus, oder? Was macht diese Hoffmann eigentlich? Bei ihren Ermittlungen kommen ja nicht sehr viele Gerichtsurteile heraus. Vielleicht sollten wir sie lieber versetzen und noch ein bißchen tieferstufen. Ich war die Dumme, aber ich wär sowieso geflogen.
    Lime oder nicht Lime.«
    »Wie meinst du das?«
    »Seit den letzten Enthüllungen hat man den Nachrichtendienst auf dem Kieker. Den Politikern ist klar geworden, daß alle anderen Geheimdienste nach dem Ende des Kalten Kriegs verkleinert worden sind, nur der PND hat sein Personal um sechzig Prozent erhöht. Aber was hat denn der jetzt eigentlich noch zu tun, verdammt noch mal? Es wird abgebaut werden, da kannst du Gift drauf nehmen. Vielleicht hab ich einfach rechtzeitig die Kurve gekriegt.«
    »Das klingt aber verbittert.«
    »Ich bin verbittert, Peter. Wegen vieler Dinge in meinem Leben. Es lief nicht, wie ich es erwartet hatte. Die Hälfte ist rum. Ich hab einen Job, den ich nicht leiden kann. Und in dem ich keine Zukunft sehe. Ich bin allein. Ich habe eine große, schön eingerichtete, leere Wohnung, wo ich mit den Topfpflanzen rede. Vielleicht sollte ich mir eine Katze anschaffen. Ich bin allein, und das macht mir

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