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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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das Wort wichtig ist. Daß es etwas bedeutet. Daß genau das, was du und ich zu erzählen haben, entscheidend ist. Daß genau die Erklärung wichtig ist.
    Menschen und Organisationen haben gemein, daß beide Lösungen und Erklärungen haben wollen. Die Gleichung soll aufgehen, sonst werden wir unruhig.«
    »Du glaubst also nicht daran?«
    »Es klingt sogar sehr logisch und richtig. Es sieht ganz nach der ETA aus. Man kann sich irren, aber das Ganze trägt das Merkmal der Rücksichtslosigkeit, die das innerste Wesen des Terrorismus ausmacht. Auch für dich und mich wäre es gut. Es würde unserer Seele etwas mehr Frieden geben, wenn wir eine Erklärung hätten. Vielleicht würde es unsere Wunde heilen, wenn das Sinnlose einen unlogischen, absurden Sinn bekäme.
    Wenn es einen Grund für unseren Verlust gäbe. Vielleicht.«
    Wir näherten uns dem Ungesagten, das wir normalerweise umgingen. Deshalb wartete ich ein wenig, bevor ich sagte: »Ich habe daran gedacht, nach San Sebastian zu fahren.«
    »Das kann ich verstehen. Es ist vielleicht klug. Versuchen, etwas zu tun. Aber Rodriques hat recht: Der Staat scheut keine Mittel. Er wird alles ausschöpfen, um die Krebsgeschwulst unserer Gesellschaft auszumerzen.«
    »Ich hab ein paar alte Kontakte.«
    »Ich weiß, Pedro. Aber die sind auch der Polizei bekannt.«
    »Heute sind sie legal.«
    »Trotzdem«, sagte er.
     
    Er wußte, wovon ich sprach. 1977, vor den ersten freien Wahlen seit vierzig Jahren, hatte der spanische Staat alle Mitglieder der ETA, die den Waffen abschworen, amnestiert.
    Die politischen Gefangenen wurden freigelassen und die Akten vernichtet. Die meisten der alten ETA-Mitglieder hatten die Waffen abgegeben und lebten nun ein normales, legales Leben im Baskenland, das unter dem alten baskischen Namen Euskadi Selbstverwaltung erhalten hatte. Aber der Kampf gegen den spanischen Staat wurde von einer neuen Generation junger Basken fortgesetzt, und an Rücksichtslosigkeit übertrafen sie die alten Partisanen.
    Ich sagte: »Sie sind in erster Linie Basken. Sie haben die Waffen niedergelegt, aber sie reden weiterhin nur ungern mit der Polizei. Sie wollen keine Spitzel sein. Vielleicht wollen sie mit mir reden.«
    »Vielleicht. Dann hast du etwas zu tun, Pedro.«
    »Ich hätte gern deine Hilfe.«
    »Das verstehe ich.«
    »Du hast Möglichkeiten, dich umzuhören, zu fragen …«
    »Laß mich ein wenig nachdenken. Ich bin ein alter Mann.«
    Er nippte an seinem Rosé. Ich stand auf und ging in die Küche, um etwas zu essen für uns zu machen. Es war alles vorbereitet.
    Ich mußte es nur fertig machen. Die Villa war praktisch eingerichtet, aber sparsam möbliert. Das einzige, was im Überfluß vorhanden war, waren Bücher. Das Haus hatte zwei Etagen, das Erdgeschoß mit der großen freundlichen Küche war offen. Durch den gefliesten Boden und die nackten weißen Wände wirkte der Raum kühl. Oben waren vier Zimmer, von denen ich eines bekommen hatte. Im Wohnzimmer hatte Don Alfonzo unter ein Bildnis der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind ein Foto von Amelia und Maria Luisa gestellt. Ich hatte es an einem Sommertag vor zwei Jahren vor seinen Tomaten aufgenommen, die sich unter der Last der reifen Früchte bogen.
     
    Sie lachten in die Kamera, und das Licht stand wie eine Glorie um ihre leichten Sommerkleider. Es war ein schönes und lebensfrohes Bild, und mir wurde jedesmal übel, wenn ich es sah, aber Don Alfonzo weigerte sich, es wegzunehmen. Rechts und links des eingerahmten Bildes standen zwei Kerzen, und ich wußte, daß er die Kerzen anzündete, wenn ich nicht zu Hause war.
    Ich machte einen Salat aus seinen sonnengereiften Tomaten und briet ein paar Lammkoteletts in Öl mit Knoblauch und Basilikum aus dem Garten. Dona Carmen, seine Haushälterin, hatte auch frisches Brot besorgt. Ich stellte alles auf ein Tablett, schenkte dem alten Mann ein Glas Rotwein ein, holte mir noch eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und deckte den Terrassentisch. Wir aßen schweigend. Wir aßen nicht viel, und ich weiß nicht, wie uns das Essen schmeckte, aber etwas essen mußten wir schließlich. Ich wusch ab, machte Kaffee und trug ihn zusammen mit seinem abendlichen Weinbrand hinaus. Er rauchte die zweite Zigarre des Tages. Es war jetzt ganz dunkel geworden. Eine sanfte, schöne Dunkelheit, die uns einhüllte und alle Geräusche um uns dämpfte und die weiter entfernten um so vernehmbarer machte.
    »Früher einmal habe ich an das Leben geglaubt«, sagte er.
    »Ich habe eigentlich

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