Der Augenblick des Magiers
brüllte Clodsahamp. »Ach, egal, dann mache ich es eben selbst.« Er schnippte mit der Hand, und die Tür sprang auf. Es war eine winzige Magie, ein Stück höchst unbedeutender Hexerei, doch es verfehlte seine Wirkung auf Pandro nicht. Nun würde der Rabe einen guten Eindruck ins ferne Quasequa mitnehmen.
»Nein, keine weitere Botschaft. Richte Oplode aus, daß er dich noch einmal herschicken soll, wenn er mir irgendwelche zusätzlichen Informationen übermitteln will.«
»O nein, mein Herr, o nein! Er kann dir gerne weitere Informationen schicken, aber nicht durch mich! Ich habe genug von Hexermachenschaften. Menschen aus anderen Welten, gesichtslose Dämonen - nein danke, meine Herren! Ich werde ihm ausrichten, daß ihr ihm nach Quasequa Hilfe schicken werdet, und ich bin sicher, daß ihm das Mut machen wird, aber wenn er euch danken will, dann soll er es gefälligst selbst tun. Ich habe mehr als genug von derlei Dingen. Nie wieder!«
»Meinst du nicht eigentlich ›nimmermehr‹ ?« fragte Jon-Tom. Pandro musterte ihn kurz mit einem seltsamen Ausdruck, dann verneigte er sich zum letzten Mal. Schließlich verließ er den Raum und schloß die schwere Holztür hinter sich.
»Besser, aufs Beste zu hoffen als aufs Schlimmste«, bemerkte Jon-Tom, als der Rabe fort war. »Ich packe schon mal unseren Proviant ein.«
Clodsahamp hüstelte leise. »Was meinst du denn mit ›unserem Proviant‹ , mein Junge?«
Jon-Tom blieb wie angewurzelt mitten im Schritt stehen.
»Einen Augenblick mal! Was war denn das, von wegen ›tapfer, kühn und eiskalt‹ , und was Sie nicht alles sein sollen?«
»Ach herrje, hat er das gesagt?« Clodsahamp studierte gerade eindringlich die Decke. »Ich meinte, er hätte ›tapfer, kühn und uralt‹ gesagt. Weil das nämlich eine genaue Beschreibung wäre. Jedenfalls werde ich bestimmt nicht meine Arbeit hier für eine lange Reise aufgeben, nur um die verletzte Eitelkeit eines abgetakelten Hexers wieder aufzurichten. Wie gesagt, für mich hört sich das keineswegs nach einer Krise an.«
»Keine Krise, eh? Da kommt so ein böser Hexer aus einer anderen Welt hierher, schmeißt Ihren Kollegen aus dem Amt und schmiedet Pläne, die Macht über eine ganze Stadt an sich zu reißen - und niemand weiß, was er noch alles vorhaben mag. Und das nennen Sie keine Krise?«
»Es ist nicht meine Stadt, und ich bin auch nicht derjenige, den er aus dem Amt gedrängt hat. Und was Oplode den Schlauen als ›Kollegen‹ angeht, so habe ich nie mit ihm gearbeitet und kenne ihn lediglich vom Hörensagen.«
»Das ist aber eine verdammt eiskalte Einstellung.«
»Ich würde sie eher realistisch nennen. Aber ich habe zugesagt, Hilfe zu schicken, und das werde ich auch. Du bist ja so sehr davon überzeugt, daß dieser Markus der Unvermeidliche aus deiner Welt stammt, daß es mir nicht einmal im Traum einfiele, deine Begegnung mit ihm auch nur um eine einzige Stunde hinaus zuzögern. Wenn wir uns gemeinsam auf die Reise machten, würde ich dich nur aufhalten, mein Junge.« Er zeigte auf die Duar, die Jon-Tom an seine Hüfte geschmiegt hielt.
»Du kannst mit allem umgehen, was sich dir in den Weg stellen sollte. Du kennst dieses Land gut genug und hast deine Bannsängerkunst hinreichend gemeistert, um dich aus allen kleineren Schwierigkeiten aus eigener Kraft befreien zu können.« Er grinste. »Sollte dieser Markus sich als so streitbar herausstellen, wie Oplode glaubt, kannst du ihn jederzeit mit einem Blumenstrauß bedrohen.«
Jon-Tom warf dem Hexer einen säuerlichen Blick zu. »Was würde ich bloß ohne Ihre Ermutigungen und Ihre Unterstützung anfangen?«
»Oh, ich unterstütze dich durchaus, mein Junge, ich unterstütze dich durchaus. Dein Talent entwickelt sich allerliebst. Ich versuche lediglich, den Durchmesser deines Kopfes im Auge zu behalten, damit der sich nicht in einem Augenblick übergroßer Zuversicht zu sehr aufbläht.
Oplode möchte, daß diese Angelegenheit möglichst schnell erledigt wird, und das möchtest du auch. Ich wäre für euch beide nur ein Klotz am Bein. Ich bin sehr optimistisch, daß du die Fähigkeit besitzt, die Sache allein zu bewältigen.«
»Was, wenn er nicht aus meiner Welt ist?« fragte Jon-Tom, der plötzlich nachdenklich geworden war. »Was, wenn er in Wirklichkeit ein seltsames Dämonenwesen in menschlicher Verkleidung ist? Die Beschreibung, die dieser Rabe von seiner Kleidung und seiner Einstellung gegeben hat, klingt nicht gerade so, als wäre er ein alter Freund
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