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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Augen auf. In der Küche blieb es dunkel, aber in ihr selbst wurde es hell. Es war, als hätte jemand eine Glühbirne in ihre Gedankenwelt geschraubt.
Tausend Watt, extrastark.
    Auf einmal sah sie es groß und leuchtend vor sich. Sie sah, was in diesem Moment passierte:
    Iris stand vor der Tür.
    Iris würde nicht aufmachen.
    Iris würde abwarten, bis die Rettungshelfer an einen falschen Alarm glaubten und wieder abhauten.
    Iris würde zurückkommen und …
    Die Schublade!
    Auf einmal erinnerte Alina sich an die Bilder, die sich in ihren Kopf gepflanzt hatten, kurz nachdem sie auf den OP -Tisch geschlagen war, und da wusste sie, was in wenigen Augenblicken folgen würde:
    Iris geht zum Küchenschrank. Sie öffnet die oberste Schublade …
    »Nicola«, hörte Alina sich selbst sagen, gedämpft, als würde ihr jemand ein Kissen vor den Mund halten. »Nicola. Oberste Schublade. Waffe.«
    Nimm sie dir!,
wollte sie brüllen.
Nimm sie, bevor Iris es tut und sie dir in den Mund steckt.
    Alina war sich nicht sicher, ob Nicola diese Warnung verstehen konnte. Akustisch wie inhaltlich.
    In ihrer Vorstellung saß das Mädchen am Ende der Küche auf dem Boden, den Rücken an eine Heizung gelehnt, an die sie mit einer Hand gekettet war, um nicht weglaufen zu können. Aber vielleicht irrte sie sich schon wieder, und Nicola war gar nicht im Raum. Sie hatte sie weder schreien, stöhnen, wimmern, röcheln noch weinen gehört. Andererseits, bevor es eben geklingelt hatte, hatte sie sich selbst ja auch kaum gespürt.
    Und daher war sie sich nicht sicher, was der Schuss zu bedeuten hatte, der nur wenige Schritte von ihr entfernt abgefeuert wurde.
    Mit seinem Nachhall im Ohr und der Frage, ob es überhaupt möglich war, das Schicksal zu verändern, selbst wenn man es kannte, glitt Alina in eine bislang nie empfundene Dunkelheit.

67. Kapitel
    Alexander Zorbach
    W as soll das heißen, es geht nicht?« Ich fuchtelte mit meiner Waffe dem Narkosearzt vor dem Gesicht herum. Seit meinem Schuss auf Suker hatte ich keine Gelegenheit gehabt, das Ding zu laden, allerdings hatte ich auch nicht vor, auf Unschuldige zu schießen. Die Drohung musste reichen.
    »Ich kann den Patienten nicht einfach so zurückholen. Er ist narkotisiert.« Der Anästhesist, dessen Glatze mich etwas irritierte, da sie mich an Alina erinnerte, zitterte, während er auf den Geräteturm zeigte, den er zu verantworten hatte. »Wir haben schon mit der Einleitung begonnen.«
    »Schwachsinn«, schrie ich und schlug mit der flachen Hand auf Franks Bauch, dass der gesamte Tisch mit ihm wackelte.
    Hinter mir nutzte eine Schwester die Gelegenheit, den OP fluchtartig zu verlassen. Als ich mit Gruenberg im Schlepptau hineingeplatzt war, hatte sie die Instrumente für den Professor sortiert. Zwei weitere Ärzte, jünger, vielleicht Assistenten, hatten neben ihr gestanden und waren nahezu gleichzeitig zurückgesprungen, als hätte allein der Anblick meiner Waffe ihnen einen elektrischen Schlag verpasst. Keine Ahnung, ob sie noch da waren. Der OP -Saal in meinem Rücken fühlte sich leer an. Gruenberg hatte sich als Erster verdrückt, als ich ihn losließ und mich auf Dr. Kahlkopf stürzte.
    Mein Blick tastete Franks bewusstlosen Körper ab. Ich sah die geschlossenen Augen, betrachtete die mit Stoff abgedeckte Eintrittswunde unter dem Schlüsselbein, blickte zu den nackten Füßen hinab, die unter dem OP -Tuch hervorstachen.
    Was bildest du dir ein?,
dachte ich hasserfüllt.
Wagst es, hier ins Krankenhaus zu krauchen und um Hilfe zu betteln?
Mit den Schläuchen, die seinen Körper speisten, war er mehr Maschine als Mensch.
    Verrecken sollst du.
    Am liebsten hätte ich meinen Daumen in das Loch in seiner Schulter gesteckt und auf das Geräusch gewartet, das sich unweigerlich einstellt, wenn man nur heftig genug an einer Wunde reißt.
    Die Geräte des Anästhesisten ließen ihn gleichmäßig atmen, und ich dachte nur:
Er hat es nicht verdient. Er darf hier nicht so ruhig schlafen, während da draußen irgendwo mein Sohn verrottet.
    »Ich zähle bis drei!«, schrie ich dem Arzt ins Gesicht, der einen Teil meiner Wut abbekam, die ich nicht an Frank auslassen konnte.
    Noch nicht.
    »Und bei drei reiß ich ihm den Tubus aus dem Rachen.«
    »Dann kann er nicht mehr atmen. Er stirbt.«
    »Wollen Sie mich verarschen? Geben Sie ihm ein Gegenmittel, das seine Atmung wieder in Gang setzt und ihn aufweckt. Ich bin nicht blöd. Sie haben so was für Komplikationen in Ihrem Notfallkit. Ich weiß

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