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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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auf einer Freizeitjolle.
    »Es muss etwas Großes sein, vermutlich ein gewerblich genutztes Schiff.« »Da kommen nur zwei in Frage.«
    Stoya nickte. Ein Kohlenschlepper und ein Containerlastkahn. Der Mond schimmerte nur schwach durch die dichte Wolkendecke, aber der Landungssteg wurde von mehreren Laternen in schwefelgelbes Licht getaucht, also konnte Stoya die Schiffe von seinem Standpunkt aus gut erkennen.
    Dank des nahenden Winters war der Güterverkehr auf den Berliner Gewässern schon stark zurückgegangen, und auch die beiden Industrieschiffe schienen ihren Dienst eingestellt zu haben und lagen unbewegt am gegenüberliegenden Ufer des Teltowkanals.
    »Der Kohleschlepper ist näher am Steg«, sagte der Teamleiter über Funk.
    Stoya nickte immer noch. Aus diesem Grund war er wieder zum Parkplatz zurückgegangen. Um sich ein Bild davon zu machen, wie der Augensammler die betäubten Kinder von hier aus am besten in sein Versteck gebracht haben könnte.
    »Mit einem Rollstuhl«, hatte Zorbach behauptet. Also hatte der Täter alles doppelt machen müssen. Zweimal den Kofferraum öffnen, zweimal das betäubte Opfer in den Stuhl setzen, zweimal unbemerkt zu dem Bootsanlegesteg auf der anderen Straßenseite rollen, um sie dann ... Ja, um was zu tun? Wenn der Augensammler nicht geflogen war, dann blieb ihm nur eine einzige Möglichkeit. Er hatte sie in ein Zubringerboot verfrachten müssen, mit dem er ans andere Ufer gefahren war.
    Aber wieso nur? Wieso ist er nicht gleich außen rum mit seinem Auto zum anderen Ufer gefahren? »Wir nehmen das Containerschiff«, sagte er und fragte sich insgeheim, ob er jetzt ebenso wie Zorbach den Verstand verloren hatte. Der Mistkerl war ganz offensichtlich durchgedreht, aber irgendetwas schien er zu wissen. Erst das Ultimatum, dann der Strafzettel und nicht zuletzt der Bungalow - er wollte es immer noch nicht so recht glauben, dass sein ehemaliger Kollege direkt in die Sache verstrickt war, aber es war nicht von der Hand zu weisen, dass er über Insiderinformationen verfügte. Und nachdem Scholle ganz offensichtlich versagt hatte, blieb ihnen jetzt nicht mehr die Zeit herauszufinden, wieso. Verdammt, ihnen blieb nicht einmal mehr Zeit, um die Halluzinationen der Blinden sorgfältig zu überprüfen.
    »Der Kohlenschlepper ist aber vom Steg aus schneller zu erreichen«, sagte der Teamleiter. Stoya hörte den Außenbordmotor des Schlauchboots, mit dem der SEK-Chef, vier seiner Männer und ein Spürhund jetzt ans andere Ufer setzten, sowohl durch das Telefon als auch direkt durch die Luft über das Wasser hinweg. Augenscheinlich befolgten sie seine Anweisung und hielten Kurs auf das langgezogene Schiff, auf dem sich mindestens vierzig in drei Schichten gestapelte Stahlcontainer auftürmten. »Gerade weil es etwas weiter abseits ankert, ist es unsere erste Wahl«, erklärte Stoya.
    Während der Schlepper auch von der belebten Kreuzung aus einsehbar war, lag das Containerschiff quasi in seinem Schatten. Hinter dem Landungssteg erstreckte sich nichts als Bauwüste - ideal für jemanden, der heimlich einen sperrigen Körper an Bord bringen wollte. Und außerdem wirkt der Kohlentransporter zu niedrig, dachte Stoya. Zu niedrig für ein geräumiges Unterdeck, das ein Versteck, wie Zorbach es beschrieben hat, beherbergen könnte.
    Doch diesen Gedanken behielt er für sich. Wenn er sich irrte, sollte man ihm später keinen Strick daraus drehen können, dass er seine Entscheidung nicht ausschließlich auf der Basis von Fakten, sondern auch aufgrund der Empfehlungen eines blinden Mediums gefällt hatte. Und der Empfehlungen des Hauptverdächtigen! »Mann, ist das Ding riesig«, sagte der Teamleiter, dessen Schlauchboot dem Zielobjekt immer näher kam. »Eben. Uns bleibt erst recht keine Zeit, beide Schiffe zu stürmen!«
    Stoya löste die schweißnassen Finger von dem Funkmikrophon und betete, das Richtige zu tun.
     

14. Kapitel
    (Noch 13 Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums)
Tobias Traunstein
    Einmal nach dem Sportunterricht hatte Kevin zum Scherz den Riemen gelöst, mit dem die schwere blaue Kunststoffmatte an der Turnhallenwand befestigt war. Tobias, der gerade damit beschäftigt war, sich die Schuhe zuzubinden, hatte nicht schnell genug reagieren können und war von dem Ungetüm begraben worden. Schwerer noch als die dicke Schaumstoffwand drückte die lähmende Angst seinen kleinen Körper auf das Parkett. Er konnte nicht aufstehen, auch weil mehrere Kinder nun lachend auf die Matte

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