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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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aufflackert, öffnet sie die Augen. Der Film reißt ab. Die Bilder sind verschwunden. Alina ist zurück in dem vertrauten, alles verschluckenden schwarzen Nichts ihres Lebens.

16. Kapitel
    (Noch 26 Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums)
Alexander Zorbach (Ich)
    Ich komm jetzt zu dir«, rief ich in das Handy und trat das Gaspedal durch. Neben mir stöhnte Alina laut auf, weil sie wieder versucht hatte, die Finger zu krümmen. Die unversorgte Haut ihrer Handfläche sah aus wie in Wachs getaucht und warf bereits Blasen.
    »Moment mal ...« Stoya klang völlig verwirrt. »Zorbach? Bist du's?«
    Ja, da staunst du, was?
    Ich sah in den Rückspiegel zu Frank, der wie mechanisch TomToms Hals kraulte. Er sah aus, als könne er es selbst nicht fassen, was gerade geschehen war. Sein Einbruch durch den Hintereingang. Alinas Selbstverstümmelung. Der Kampf. Die Flucht. In nur wenigen Sekunden war so viel passiert, dass Franks Gehirn sicher Wochen brauchen würde, um es verarbeiten zu können. Zudem machte er sich immer noch schwere Vorwürfe, Stoyas Druck nachgegeben und mir eine fingierte SMS gesendet zu haben, mit der sie mich aus dem Versteck hatten locken können. Doch ich konnte Frank das nicht übelnehmen. Stoya, die Drecksau, hatte ihm versprochen, dass ich nicht verhaftet, sondern nur vernommen werden würde. Dass die Dinge am Ende so eskalierten, hatte niemand vorhersehen können. Außerdem hatte Frank, indem er uns eben befreit hatte, seinen Fehler längst wiedergutgemacht.
    »Wo ist Scholle?«, fragte Stoya.
    »Ich denke, jemand sollte mal in der alten Küche vorbeischauen.«
    Ich verkniff mir weitere Ausführungen. Natürlich hätte ich ihm erklären können, dass es ein Fehler gewesen war, meinen Volontär wieder auf freien Fuß zu setzen, nur weil gegen ihn keine Verdachtsmomente vorlagen. Frank war vielleicht nicht kriminell, aber loyal. Kaum hatte er begriffen, dass Scholle mich abfangen sollte, setzte er sich ins Taxi und fuhr zum Park-Sanatorium. Erst wollte er am Hintereingang abgesetzt werden, dann aber bat er den Fahrer, neben dem Toyota zu parken, den sie in einer kleinen Seitenstraße passiert hatten. Noch beim Bezahlen sah er Alina, die sich langsam mit ihrem Stock etwa hundert Meter von ihm entfernt auf dem Bürgersteig vorantastete. Er rief ihren Namen, aber der Wind schleuderte seine Worte in die Gegenrichtung. Also zog er die Kapuze seines Trenchcoats eng über den Kopf und wurde zu einem gesichtslosen Besucher des Krankenhauses. Als er endlich bis zum Empfang gelangt war, sah er, wie Alina von einem älteren Polizisten angesprochen und gleich danach abgeführt wurde. Erst wunderte er sich darüber, dass der Mann sie zu den Lastenaufzügen brachte. Dann darüber, dass der Fahrstuhl, wenn man der Anzeige glauben durfte, in den Keller fuhr.
    Der Lift stoppte bei minus 1. Frank nahm die Treppe.
    Bauarbeiten. Kein Durchgang, informierte ein Schild im ersten Untergeschoss. Die Verwunderung war mittlerweile dem sicheren Gefühl gewichen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
    Die Tür war, wohl aus Sicherheitsgründen, nicht versperrt.
    Pat & Patachon bemerkten ihn nicht, als er sofort nach rechts abbog und durch einen ebenfalls unverschlossenen Notausgang von hinten in die stillgelegte Großraumküche stieg.
    Das alles hätte ich Stoya erzählen können, gemeinsam mit der Tatsache, dass Frank in dem Moment aus der Dunkelheit trat, als Stoyas sadistischer Partner mir ein Brandzeichen ins Gesicht pressen wollte. Der Schatten, der hinter mir immer größer geworden war, hatte nicht zu Scholle, sondern zu Frank gehört, der - mit einem Metallstreben bewaffnet, den er auf dem Boden gefunden hatte - Scholles Schrecksekunde ausnutzte. Er schlug in dem Moment zu, in dem der Ermittler, entsetzt über Alinas Selbstverstümmelung, für einen kurzen Moment den Griff um meinen Kopf lockerte. Doch für all diese Informationen war jetzt nicht die Zeit. Uns blieben noch fünfundzwanzig Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums, und die wollte ich nicht damit verplempern, dass ich Stoya erzählte, wie wir durch den Notausgang zum Toyota geflüchtet waren, mit dem wir nun über die Stadtautobahn rasten. »Wo bist du jetzt?«, fragte Stoya, merklich bemüht, seine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen. »Auf dem Weg zu dir. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Sag mir lieber, ob ihr das Auto in der Nähe eines Gewässers gefunden habt.« »Welches Auto?«
    »Spar dir die Spielchen und vergeude nicht noch mehr

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