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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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nur hoffen, dass die Eltern gut auf die Kleine aufpassen.«
    Er stellte den Fuß auf den Boden. Als er die bebenden Hände zu Fäusten ballte, zitterte sein ganzer Arm. Langsam drehte er sich um.
    In der zweiten Reihe saß Victor, gemütlich zurückgelehnt, die Beine übereinandergeschlagen. Mit seinem offenen Sakko, seinem weißen Hemd und seiner betont lässigen Haltung wirkte er wie aus einer Ralph-Lauren-Anzeige entsprungen. Er lächelte. »Glückwunsch. Ihre Tochter hat wirklich Talent.«
    »Was wollen Sie?« Alex trat einen Schritt vor und riss unwillkürlich die Fäuste hoch. »Sie hätten nicht hierherkommen sollen. Das werden Sie bereuen.«
    Victor lächelte noch breiter. »Vorsicht.« Er neigte den Kopf unmerklich nach links. Obwohl Alex wusste, was ihn dort erwartete, zögerte er. Er wollte nicht hinschauen, aber er konnte nicht anders – und er hatte sich nicht geirrt: Auf der gegenüberliegenden Seite des Spielfelds stand einer der Bodyguards aus dem Tagungsraum, die Hände in den Taschen, den Blick starr auf ihn und Victor gerichtet.
    Keine drei Meter neben der Bank, auf der Cassie mit ihrer Mannschaft saß.
    »Ich persönlich habe ja keine Kinder«, fuhr Victor fort. »In meinem Metier fallen einem Kinder nur zur Last. Ja, schlimmer noch …« Er seufzte. »Wer ein Kind hat, ist verwundbar. Sie können mir doch folgen?«
    Alex starrte ihn an und biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefer knirschten.
    »Ja, wenn man ein Kind hat, dreht man schon mal durch. Man wird unvernünftig. Man denkt, man müsste alles tun, um es zu beschützen – aber man übersieht dabei leicht, dass das womöglich gar nicht reicht. Und glauben Sie mir, oft reicht es wirklich nicht. Also was tun?« Er zuckte die Schultern und ließ den Blick über das Spielfeld schweifen. »Wenn Sie mich fragen, sollte man sich daran erinnern, dass man kein Superheld ist. Das eigene Ego beiseitelassen. Und sich ganz einfach so verhalten, wie es dem Wohl des Kindes am zuträglichsten ist.«
    »Wovon reden …«
    »Egal wo, ich finde Sie überall.«
    »Das wollte … Nein, ich …«
    »Doch, natürlich.« Seine Stimme klang ruhig und bestimmt. »Natürlich wollten Sie mit Ihrer Tochter abhauen. Deshalb frage ich mich jetzt, ob ich wirklich bis Montag warten kann. Brechen Sie damit nicht schon unsere Vereinbarung? Wollen Sie wirklich riskieren, dass ich meinen Worten Taten folgen lasse? Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie mir geben, was ich will – oder wird Ihre Kleine schon bald ein richtig großes Mädchen sein?«
    »Sie krankes Arschloch, wenn Sie meine Tochter auch nur anrühren …«
    »Daddy!«
    Eine dünne Stimme mindestens zwanzig Meter hinter ihm, doch in seinen Ohren klang sie hell wie eine Glocke. Er wirbelte herum: Cassie raste über das zerfurchte Spielfeld, die dünnen Zöpfe im Gesicht, ein Tropfen Matsch auf dem Kinn, in einem Trikot voller Grasflecken – sie war das Schönste, was er je gesehen hatte.
    Er wollte ihr zurufen, sie solle wegbleiben, zu ihrer Mutter laufen. Er öffnete den Mund, riss sich aber im letzten Moment zusammen. Victor hatte recht. Wer ein Kind hatte, war verwundbar. Also musste er vorerst Ruhe bewahren.
    Sie schoss auf ihn zu wie eine Flutwelle, fast hätte sie ihn umgeworfen. »Du bist gekommen!« Der Duft ihres Haars, eine Mischung aus Schweiß und Sonne. »Hast du das vorhin gesehen? Wie ich den Schuss gehalten habe?«
    »Ja, Baby, ja. Das war unglaublich.« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
    »Wirklich nicht schlecht«, meinte Victor. »Du hast Talent.«
    Cassie warf Victor einen kurzen Blick zu und schaute dann schüchtern auf ihre Schuhe. »Danke.«
    »Du heißt Cassie, oder?«
    Alex starrte ihn an und schüttelte leicht den Kopf. »Lassen Sie meine …«
    »Ich heiße Victor. Ich bin ein Freund von deinem Daddy.« Er beugte sich über die Brüstung und streckte den Arm aus. Cassie gab ihm höflich die Hand, ohne ihn dabei anzusehen. »Eigentlich wollte ich nur kurz mit ihm reden, aber als ich dich im Tor gesehen habe, musste ich unbedingt bis zum Ende der Halbzeit bleiben.«
    »Warum zitterst du denn so, Daddy?«
    »Was?« Alex zwang sich, seiner Tochter in die Augen zu sehen, und lächelte gequält. »Ich … Ich bin noch ganz aufgeregt von dem Spiel.«
    »Tja.« Victor stand auf und klopfte sich die Hose ab. »Dann lass ich euch zwei mal allein.« Mit einem Zwinkern drehte er sich um, doch schon auf der ersten Stufe blieb er stehen. »Ach ja, fast hätte ich es vergessen. Sie

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