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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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haben meine Frage ja noch gar nicht beantwortet. Also, sind wir uns einig?«
    Alex starrte ihn an. Seine Lippen verzogen sich zu einer wütenden Grimasse. Am liebsten hätte er sich auf ihn gestürzt und ihm mit bloßen Händen den Hals umgedreht. Und er hätte es getan, wenn er dafür mit nichts weiter als einer lebenslangen Haftstrafe bezahlt hätte. Und wie er es getan hätte.
    Wenn man ein Kind hat, dreht man schon mal durch. Man wird unvernünftig. Man denkt, man müsste alles tun, um es zu beschützen – aber man übersieht dabei leicht, dass das womöglich gar nicht reicht. Und glauben Sie mir, oft reicht es wirklich nicht. Also was tun? Wenn Sie mich fragen, sollte man sich daran erinnern, dass man kein Superheld ist. Das eigene Ego beiseitelassen. Und sich ganz einfach so verhalten, wie es dem Wohl des Kindes am zuträglichsten ist.
    Ja, es waren Victors Worte, die in seinem Kopf widerhallten, aber deshalb waren sie noch lange nicht unwahr. Seine guten Absichten brachten überhaupt nichts. Er konnte seine Tochter nicht beschützen, egal ob er sie entführte oder bis in alle Ewigkeit in den Armen hielt.
    Aber eine Möglichkeit gab es, eine todsichere Möglichkeit. Er musste die Sache direkt angehen.
    Wenn du das tust, hast du dich endgültig entschieden.
    Egal.
    Alex atmete tief ein. »Ja. Wir sind uns einig.«
    »Gut zu wissen.«
    »Ich melde mich bei Johnny. Und bis dahin …« Alex’ Augen zuckten zu Cassie. »… halten Sie sich an unsere Abmachung.«   Denn so wahr mir Gott helfe, wenn du sie noch ein einziges Mal anrührst, ist die Welt zu klein für uns beide.
    »Klingt gut.« Victor lächelte. »Hat mich gefreut, Cassie.«
    »Mich auch«, antwortete sie.
    Alex behielt Victor im Auge, bis das Monster in der Menge verschwunden war.
    »Wer war das, Daddy?«
    »Das war … der Chef von meinem Chef.«
    »Der war aber chic.« Sie strahlte ihn an. »Ich hab wirklich nicht schlecht gespielt, oder?«
    Obwohl es ihn von innen her auffraß, erwiderte er ihr Lächeln. »Nicht schlecht? Du warst die Beste. Die Allerbeste!«

29
    IAN HATTE EINEN LANGEN TAG HINTER SICH.
    Und hätte er nicht seine ohnehin blitzsaubere Wohnung geputzt, von vorne bis hinten und noch mal von vorne, hätte er ihn wohl nicht überlebt. Um kurz nach sieben hatte er sich eine sehr lange und sehr heiße Dusche gegönnt, so heiß, dass es ihm fast die Haut von den Schultern gebrannt hatte. Und danach hatte er eine volle Stunde mit Ankleiden verbracht: sein bester Anzug, eine frische Krawatte, die er mit einem makellosen Windsorknoten versah, das Haar streng nach hinten gegelt. Dann noch sein blaues – mittlerweile eher gelbliches – Auge mit Make-up aufgehübscht und ein leichtes Parfüm aufgelegt, und fertig. Als er am Schluss in den Spiegel sah, erkannte er beinahe den Ian von früher wieder. Er war älter und dünner geworden, doch seine rastlose Energie war zurückgekehrt. Ihm war immer noch kotzübel, aber wenigstens hatte er einen Plan.
    Sie trafen sich in einer Martini-Bar in River North. Bernsteinfarbenes Licht schimmerte auf dem polierten Holz der Theke, im Hintergrund lief leiser Trip-Hop, die Stiefel der Barkeeperin reichten bis auf die Oberschenkel. Davis hatte sich nicht verändert: ein kurzärmliges Hemd, wie immer in die Hose gesteckt, ein Haarschnitt, der offensichtlich auf dem Mist seiner Frau gewachsen war. Hätte er noch Kugelschreiber und Taschenrechner in der Hemdtasche und eine Brille mit dicken Gläsern auf der Nase gehabt, hätte er glatt bei der NASA anfangen können.
    »Ian! Ganz der Alte! Der Mann, vor dem die Wall Street zittert!«
    »Ich tu mein Bestes.« Ian grinste und bestellte sich einen Glenlivet ohne Eis. »Wie war die Party?«
    »Vor allem teuer, und der Clown hat verdächtig nach Marihuana gerochen. Aber Janie hat’s gefallen.«
    »Janie ist sechs.« Er schüttelte den Kopf. »Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Damals, als wir das mit Hudson-Pollum durchgezogen haben, war sie … vier, oder?«
    »Ja. Dafür wollte ich mich sowieso noch mal bei dir bedanken.« Davis blickte sich verstohlen um und senkte die Stimme. »Ich hab mich damals wirklich dumm und dämlich verdient. Und es kam genau zum richtigen Zeitpunkt.«
    »Freut mich. Ohne dich hätte ich’s nicht geschafft.« Und das, dachte Ian, war die reinste Wahrheit. Ja, ohne Hudson-Pollum Biolabs wäre er immer noch eine kleine Nummer. Kein Mensch hatte dem Laden was zugetraut; HPB war eine winzige Firma mit massiven Geldproblemen und einem Patent,

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