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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Rest ist kein Ding. Also ergibt die Drogentheorie leider keinen Sinn.«
    Ian war baff. Mit ein bisschen simpler Logik hatte Davis alles ausgehebelt, was sie sich in den letzten Tagen zusammenfantasiert hatten. Sie waren von Anfang an davon ausgegangen, dass es sich um Drogen handeln musste. Schließlich hatte Johnny früher gedealt, und es war eine Menge Geld im Spiel. Also? Mann, waren sie naiv gewesen.
    »Okay«, meinte Davis, »vielleicht ist es irgendeine Luxusdroge, von der kein Normalsterblicher je gehört hat. Aber was würde der gute Ockham sagen? Die einfachste Theorie ist meistens die richtige.«
    »Und wie lautet die einfachste Theorie?«
    »Keine Drogen. Aber das Zeug ist illegal und wird über den Schwarzmarkt verschoben, also nichts Industrielles. Und nichts Radioaktives, wegen der Plastikflaschen. Außerdem reagiert es mit Glas und Metall, Schnüffeln verursacht Kopfschmerzen und Muskelkrämpfe. Ich kann natürlich nur raten, aber …«
    »Mach’s nicht so spannend.«
    Davis’ Kunstpause zog sich in die Länge. Langsam verlor Ian die Geduld – um ein Haar hätte er über den Tisch gelangt und den Chemiker am Kragen gepackt, um die Antwort aus ihm herauszuschütteln. Doch dann fing er endlich an zu reden.
    Und als er redete, als der Boden unter Ian wegklappte und der Raum ins Wanken geriet, begriff er, warum Davis so lange gezögert hatte.
    Und warum Victor keine Sekunde zögern würde.
    Jenn träumte. Sie war an einem Strand, wie sie ihn im echten Leben nur aus Katalogen kannte: feiner, weißer Sand, raschelnde Palmen, keine Menschenseele weit und breit.
    Und sie mittendrin, in einer Hängematte, nur mit einem Bikini bekleidet – und mit einem riesigen Bauch, schwer und rund wie eine reife tropische Frucht. Ihr Kind. Sie aß eine Mango, der Saft floss über ihr Kinn. Dazu das gleichmäßige Rauschen des Meeres: Jede Welle ebnete den Weg für die nächste, und immer so weiter …
    Als sie aufwachte, auf der Couch in ihrer Wohnung, verschwitzt, verkrampft und in die Kissen vergraben, war sie einfach nur glücklich. Bis sie begriff, dass sie bloß geträumt hatte. Auf einmal brach sie in Tränen aus, und sie wusste selbst nicht warum.
    Eigentlich war sie nicht besonders nah am Wasser gebaut. Also warum heulte sie jetzt? Wegen des Traums? Weil sie ein Kind wollte? Oder wegen etwas völlig anderem, etwas, das tief in ihr geschlummert hatte und durch den Traum an die Oberfläche gespült worden war?
    Vielleicht wollte sie bloß, dass ihr Leben einen Sinn ergab, dass es etwas bedeutete. Vielleicht hatte sie sich schon ihr ganzes Leben lang nichts anderes als das gewünscht. Endlich in der Realität zu leben. Keine Spielchen mehr zu spielen, die Welt nicht mehr auf Abstand zu halten, nicht mehr mit ironischem Blick zu betrachten. Das war doch alles Kulisse, irgendein Plunder, den sie sich von Hollywood hatte aufschwatzen lassen. Jetzt, als sie endlich mitten in ihrem großen Abenteuer steckte, wünschte sie sich bloß, sie könnte die Zeit zurückdrehen. Nicht nur, um den Überfall rückgängig zu machen, nein, auch die vielen Stunden, Monate, Jahre, die sie verschwendet hatte, statt einfach mal den Arsch hochzukriegen. Sie hatte sich zurückgelehnt und zugeschaut, als hätte sie unendlich viel Zeit. Als würde das Leben niemals zu Ende gehen.
    Irrtum. Was sie verschleudert hatte, war für immer verloren. Und wo war sie jetzt? Wo sie nie sein wollte.
    Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Als sie sich über die Wangen wischte, kam sie sich fast schon lächerlich vor. In einem dunklen Zimmer zu liegen und existenzielle Tränen zu vergießen – was für ein trauriger Anblick. Sie stand auf, ging ins Bad und wusch sich das Gesicht. Das kalte Wasser rötete ihre Backen und konzentrierte ihre Gedanken wieder auf das Hier und Jetzt. Sie hatte Kopfschmerzen und, wie ihr plötzlich klar wurde, einen Wahnsinnshunger. Es war kurz nach neun, und seit dem Frühstück hatte sie nichts mehr gegessen.
    Als sie von dem Thai-Imbiss am Ende der Straße zurückkehrte, stand die Polizei vor der Tür.

30
    EIN GUT AUSSEHENDER MANN :   groß, breite Schultern, markantes Gesicht, gepflegtes Haar. »Ms. Lacie? Detective Peter Bradley. Hätten Sie kurz Zeit? Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    Jenns Herz geriet ins Stolpern, aber sie riss sich zusammen. Das war’s also – hier und jetzt würde es enden. »Worum geht’s?«
    »Das würde ich lieber drinnen besprechen.«
    »Klar, kein

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