Der Ausloeser
passiert ist – der Überfall, der Typ in der Gasse, das Zeug in den Flaschen, alles. Sagt ihm, dass ich mich so bald wie möglich stellen werde.«
»Und was machst du so lange?«
»Ich kümmer mich um Alex. Ich glaube, ich weiß, wo er als Nächstes auftauchen wird.«
»Wo?«
»Da, wo alles angefangen hat.«
»In Johnnys Restaurant?«
»Ja. Victor wird ihn sicher nicht zu sich nach Hause einladen, und sie brauchen einen Ort, wo sie ungestört sind. Das Rossi’s macht um Mitternacht zu, da ist jetzt nichts los. Der ideale Ort für die Übergabe. Und Alex wird ganz bestimmt keine Cops mitbringen.«
»Wenn du richtig liegst, wird auch Victor da sein. Das ist Selbstmord, Mitch.«
»Vielleicht auch nicht. Ich werde versuchen, Alex vorher abzufangen. Ich muss ihm klarmachen, was er da eigentlich mit sich herumträgt. Es wird bestimmt nicht leicht, aber letztendlich wird er einsehen, dass wir zur Polizei gehen müssen. Und damit ist die Sache endgültig erledigt.«
»Und wenn Victor schneller ist?«
»Dann versuch ich es trotzdem.«
Jenn schüttelte den Kopf. »Das überlebst du nicht.«
»Ist mir egal.« Er trat einen Schritt auf sie zu, nahm ihre Hände und sah ihr in die Augen. »Ich hab keine Wahl, Jenn.«
»Warum?«
Weil ich getan habe, was ich getan habe. Wegen der Leiche in der Gasse. Weil mein Leben eine Lüge war, die ich durch eine andere Lüge ersetzen wollte. Doch er sagte nur: »Das weißt du doch.« Einen Moment überlegte er, ob er sie küssen sollte. Stattdessen wandte er sich an Ian. »Leihst du mir deinen Wagen?«
Ian grub in der Tasche. Als Mitch den schlanken Schlüsselbund in der Hand spürte, fühlte er sich schon etwas besser. Endlich ergriff er die Initiative, statt bloß abzuwarten, wie sich das Leben entscheiden würde.
»Was soll das?«, fragte Jenn. »Es bringt doch nichts, wenn du dich wegen deiner Schuldgefühle opferst.«
»Doch. Wir müssen Victor aufhalten. Egal wie schlecht die Chancen stehen, ich muss es wenigstens versuchen. Außerdem …« Er setzte ein Lächeln auf. »… hab ich ja eine Lebensversicherung. Euch zwei.«
»Aber wir können doch einfach die Cops anrufen und sagen, was los ist.«
»Nein. Die würden uns kein Wort glauben. Die würden uns von einem zum anderen weiterreichen, und wenn wir unsere Geschichte dann zum tausendsten Mal erzählt haben, würden sie vielleicht mal einen Streifenwagen beim Rossi’s vorbeischicken. Aber dann ist es längst zu spät.«
»Und wenn ich Detective Bradley anrufe und …«
»Dann bist du auch nur eine Stimme am Telefon. Nein, ihr müsst ihm zeigen, dass ihr es ernst meint, ihr müsst euch stellen und ihm alles im Detail erzählen. Alles andere wäre zu riskant. Ihr müsst ihn überzeugen, egal wie. Aber beeilt euch ein bisschen, okay? Ich verlass mich auf euch.« Mitch atmete ein und hielt kurz die Luft an. Bleib cool. Auch wenn es ihm verdammt schwerfiel, er wollte seinen Freunden nicht zeigen, dass sich die Angst durch seine Eingeweide fraß wie ein Wurm. »Alles klar.« Mit einem letzten Nicken ging er zur Tür.
»Mitch«, sagte Ian.
Als er sich umdrehte, öffnete Ian den Mund und schloss ihn wieder, bevor er sagte: »Wir werden dich nicht enttäuschen.«
Mitch sah ihn an, ihn und Jenn, zwei seiner drei besten Freunde, die einzigen Menschen, die ihn wirklich kannten – hatte er zumindest gedacht, bis sie zum Opfer ihrer eigenen Dummheit, ihres eigenen Egoismus geworden waren. Vier ganz normale Leute, jeder mit seinen eigenen Schwächen, jeder auf seine Art ängstlich, orientierungslos und einsam. Vier Freunde, die plötzlich die Verantwortung für etwas trugen, das ihre Vorstellungskraft um Längen überstieg.
»Ich weiß«, meinte Mitch. »Ich weiß.«
Damit drehte er sich um und ging zur Tür.
Nach dem vierten Freizeichen nahm Detective Bradley ab. Es war zwar schon nach zwölf, doch in einer Samstagnacht war ein Mordermittler wohl erst recht im Dienst.
»Hier ist Jennifer Lacie. Sie waren neulich bei mir …«
»Ich erinnere mich, Ms. Lacie. Was kann ich für Sie tun?«
Jenn atmete tief ein. In ein paar Sekunden würde es kein Zurück mehr geben. Kein Zurück mehr in ihr altes, gemütliches Leben.
Gleichzeitig hörte sie Mitchs Stimme, ein Echo in ihrem Kopf: Ihr müsst ihn überzeugen, egal wie. Aber beeilt euch ein bisschen, okay? Ich verlass mich auf euch.
»Sie meinten doch, ich soll mich melden, wenn mir noch was einfällt. Tja, mir ist so einiges eingefallen.«
Eine Pause. »Ich
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