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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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höre.«
    »Ich habe Sie angelogen. Alles, was ich gesagt habe, war gelogen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass ich ganz genau weiß, wer das Rossi’s überfallen hat und was danach noch passiert ist.«
    »Dann klären Sie mich doch mal auf.« Bradley klang eher neugierig als erstaunt.
    »Ich habe das Rossi’s überfallen, ich und meine Freunde.«
    Jetzt lachte er.
    »Das ist mein Ernst, Detective.«
    »Bei aller Liebe, Ms. Lacie, aber für so etwas habe ich wirklich keine Zeit.«
    »Johnny, der Besitzer, und der Barkeeper, der ebenfalls hinten im Büro war, wurden mit Klebeband gefesselt. Der Barkeeper, der übrigens an der ganzen Sache beteiligt ist, wollte sich wehren und hat dabei einen Schlag aufs Auge abbekommen – ein Ablenkungsmanöver, um jeden Verdacht von ihm fernzuhalten. Auf den Toten in der Gasse wurde zweimal geschossen, mit derselben Waffe, einmal in die Schulter, einmal in die Brust.«
    Ein langes Schweigen. »Vielleicht sollten wir uns doch mal unterhalten.«
    »Gut.«
    »Ich schicke Ihnen sofort ein paar Kollegen vorbei. Nur zur Sicherheit.«
    »Was? Nein, ich muss mit Ihnen sprechen, mit Ihnen persönlich.«
    »Selbstverständlich, aber leider bin ich gerade mitten im Einsatz. Ich komme zu Ihnen, sobald ich hier fertig bin. In Ordnung?«
    »Wie lang wird das dauern?«
    »So lang es dauert.«
    »Nein, ich muss sofort mit Ihnen sprechen. Es geht um, ja, um Leben und Tod. Wirklich.«
    »Hören Sie, Ms. Lacie, Ihnen sollte doch klar sein, dass Sie in ernsthaften Schwierigkeiten stecken. Also …«
    »Und Ihnen sollte klar sein, dass ich nicht hier sein werde, wenn Ihre Kollegen auftauchen. Dass ich alles leugnen werde, was ich eben gesagt habe, wenn Sie nicht sofort hierherkommen.«
    Wieder Schweigen. Als Bradley antwortete, klang seine Stimme plötzlich hart und kalt. »Verstehe. Wenn Sie es so eilig haben, warum treffen wir uns nicht in der Mitte? In fünf Minuten im Revier in Rogers Park. Ich mache mich sofort auf den Weg.«
    Verdammt. Wenn sie schon mal im Revier waren, würde er sie wahrscheinlich gleich dabehalten. Aber Jenn konnte schlecht Nein sagen. Sie hatte keine Wahl.
    »Gut. Ich mache mich auch auf den Weg. Aber …« Sie atmete ein und versuchte, ihre ganze Angst in ihre Stimme zu legen. »Bitte, ich flehe Sie an, beeilen Sie sich. Es geht wirklich um Leben und Tod. Und nicht nur um ein Leben.«
    »Ich hoffe sehr, dass das kein Scherz ist.«
    »Ganz im Gegenteil.« Sie musste schlucken. »Ganz im Gegenteil.«
    Als sie aufgelegt hatte, meinte Ian: »Und wenn wir das Ganze abblasen und stattdessen nach Disneyland fahren?«
    »Ich fürchte, das geht nicht.«
    »Okay, dann nehmen wir eben ein Taxi ins Gefängnis.« Er streckte den Arm aus, und sie nahm seine Hand; ein beruhigendes Gefühl, auch wenn seine Finger schweißnass waren.
    Umso seltsamer war es, ihre Wohnung zu verlassen. Hunderte Male war sie durch diese Tür gegangen, doch nie hatte sie sich gefühlt wie in diesem Augenblick. Sie verspürte den Drang, ihre übliche Routine abzuwickeln, zu überprüfen, ob sie auch nichts vergessen hatte, einen Mantel mitzunehmen, einen letzten Blick in den Spiegel zu werfen. Aber was sollte das jetzt noch? Deshalb schnappte sie sich bloß ihre Handtasche, drückte die Tür auf und rannte die Treppe hinunter.
    »Ich hab mich ein bisschen gewundert«, meinte Ian, der Mühe hatte, mit ihr mitzuhalten, »dass du Alex erwähnt hast.«
    »Es ging nicht anders. Wir können uns keine Lügen mehr leisten. Mitch verlässt sich auf uns.« Im selben Moment traten sie auf die Schwelle der Haustür.
    »Also die ganze Wahrheit? Das ist nicht gerade meine größte Stärke.«
    »Ja, aber …«
    »Ms. Lacie?«
    Vor ihr stand ein Mann, den sie noch nie und doch schon tausendmal gesehen hatte – ein halbwegs attraktives, aber ganz und gar durchschnittliches Allerweltsgesicht. Obwohl der Fremde keine Uniform trug, glaubte sie zuerst, Bradley hätte doch einen Kollegen vorbeigeschickt. Das ist aber schnell gegangen, dachte sie noch.
    Erst dann entdeckte sie die Pistole in seiner Hand.
    Halb eins an einem Samstag – die Nacht hatte gerade erst angefangen. Drüben in Wicker Park waren die letzten Bands fertig, ins Estelle’s und ins Violet Hour kam man wahrscheinlich gar nicht mehr rein. In der Rush Street, Chicagos berüchtigtem Viagra-Dreieck, wurde eifrig auf dicke Hose gemacht, in der Hoffnung, die eine oder andere Sekretärin würde darauf hereinfallen. Selbst hier auf der North Lincoln Avenue musste man

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