Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
Vom Netzwerk:
in den Ohren? Klar, über   die letzten Jahre hatte er ein paar Mal nicht gezahlt. Aber er tat, was er konnte.
    Und trotzdem brachte er es nicht übers Herz, seine Ex zu hassen. Dazu kannte er sie einfach zu gut. Sie war nicht grausam; sie war einfach praktisch veranlagt. Erbarmungslos praktisch. Ihr ging es nur ums Endergebnis. Deshalb hatte sie sich von ihm getrennt, zumindest   auch   deshalb: Weil sie nicht mit einem Barkeeper verheiratet sein wollte. Weil sie jung war, weil sie schön und schlau war und noch alle Chancen hatte. Sicher, was die Partnersuche anging, war Cassie ein Klotz am Bein, aber manche Männer betrachteten so ein Kind sogar als willkommene Zugabe – Typen, die fünfzehn Jahre lang viel zu hart gearbeitet hatten, um plötzlich innezuhalten und festzustellen, dass sie nichts, rein gar nichts hatten. Die Familie aus der Tüte: Man füge Eheringe und Hypothekenzahlungen hinzu, und fertig ist das Vaterglück.
    Für den lästigen Ex-Mann war da natürlich nicht mehr viel Platz übrig. Vor allem, wenn dieser immer noch hinter einer Bar stand!
    Er empfand es als bittere Ironie seines Schicksals, dass er auch jetzt in die Arbeit musste. Und zwar sofort. Und so schmollte er den restlichen Weg vor sich hin, bevor er den Cocktail herunterwürgte wie ein Mann und das Rossi’s betrat.
    Um diese Uhrzeit wirkte der Laden wie ausgestorben. Wie ein Haus, dessen Bewohner gerade Urlaub machten. Die Rezeption war nicht besetzt, im Speisesaal standen Kellner und rollten Servietten. Alex lief an ihnen vorbei zur Bar, zu seinem Reich. O Mann. Wie ging der Henkersknoten noch mal?
    Sein Kollege, der die Frühschicht beinahe hinter sich hatte, räumte gerade Flaschen ins Regal. Als er Alex entdeckte, nickte er ihm zu. »Johnny will dich sehen.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Er hat nur gesagt, ich soll dich sofort ins Büro schicken.«
    »Wie? Er ist hier? Um drei Uhr nachmittags?«
    »Zeichen und Wunder, was?«
    Mit einem Nicken griff Alex um den Zapfhahn herum und schenkte sich ein Glas Cola Light ein. Auf dem Weg zum Hinterzimmer warf er einen Blick auf die Fässer – nach und nach hatte er ein paar anständige Biere ins Angebot geschmuggelt, ein paar Sorten Lagunitas und Victory, ehrlicher Stoff von guten amerikanischen Brauereien als Ergänzung zu dem üblichen Gesöff, das die Leute für gewöhnlich hinunterspülten. Die Tür zur Gasse stand mal wieder offen. Das Küchenpersonal konnte ja gerne zum Rauchen rausgehen, aber dann sollte es gefälligst auch wieder abschließen. Missmutig schob er den Riegel vor, ehe er zum Büro lief und eintrat.
    Johnny Love, der mit dem Rücken zur Tür hinter dem Schreibtisch saß, wirbelte herum. »Was zur Hölle?«
    »Äh …« Alex zögerte. »Sie wollten mich sehen?«
    »Schon mal was von Anklopfen gehört!?« Johnny richtete sich auf, hielt den Körper aber so, dass Alex nicht sehen konnte, woran er sich gerade zu schaffen gemacht hatte.
    Fast hätte Alex ihn freundlich darauf hingewiesen, dass sie sich im Grunde eher in seinem Büro befanden, dass dieser Raum tagaus, tagein von ihm und seinen Managerkollegen benutzt wurde, während der Chef nur alle Jubeljahre mal vorbeischaute. Doch er riss sich zusammen. »Tut mir leid, Mr. Loverin. Soll nicht wieder vorkommen.«
    Ohne zu antworten, wandte sich Johnny ab und fummelte an irgendetwas herum; Alex konnte nichts erkennen, hörte aber ein Knarren, gefolgt von einem dumpfen, metallischen Klicken. Anscheinend deponierte er etwas im Safe. Alex wippte auf den Fersen, bis sich sein Chef wortlos umdrehte und in aller Ruhe erst den einen, dann den anderen Fuß auf den Tisch legte. Er markierte sein Revier. Genauso gut hätte er auf die Schreibunterlage pissen können.
    »Sie wollten mich sprechen?«, wiederholte Alex.
    Johnny fixierte ihn. Wahrscheinlich sollte sein Blick bedrohlich wirken, und wahrscheinlich war er das auch mal gewesen, früher, als Johnny noch was zu melden hatte und nie ohne Pistole aus dem Haus ging. »Ja. Würdest du dir gerne ein bisschen was dazuverdienen?«
    »Kommt drauf an, womit.«
    »Nichts Großes. Nächsten Dienstag hab ich ein Treffen, und da hätte ich dich gerne dabei.«
    »Was für ein Treffen?«
    »Was geht dich das an?«
    »Ich wüsste nur gern, worum es geht.« Gerüchteweise plante Johnny, sich in ein weiteres Restaurant einzukaufen. Vielleicht suchte er einen Manager für den neuen Laden? Mit der entsprechenden Gehaltserhöhung könnte Alex sich endlich aus seinem Tief herausarbeiten

Weitere Kostenlose Bücher