Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
Vom Netzwerk:
seiner Küche gestanden hatte, die nackte, blasse und kein bisschen verlegene Jenn. Wie sie ihre Bierflasche am Hals gehalten und erzählt hatte, dass sie immer vom großen Abenteuer geträumt hatte. Die schöne Jenn mit ihrer hellen Haut, ihren kleinen Brustwarzen und den blassen Abdrücken seiner Fingernägel an ihrem schlanken Bizeps. Sie war eine dieser Frauen, die Männer um den Verstand bringen konnten, und sie war ihm ja auch wichtig, wirklich wichtig. Doch ihr Anblick berührte ihn nicht halb so sehr wie der Anblick der breiten Veranda und der gepflegten Wiese vor dem Haus seiner Ex-Frau.
    Egal. Der Himmel war strahlend blau, er musste erst um sechs in der Arbeit antanzen, und jetzt hatte er ein Date mit dem tollsten zehnjährigen Mädchen der Welt. Nachdem er sich aus dem Ford Taurus herausgewunden hatte, der zwar zuverlässig und preiswert, aber für einen Eins-neunzig-Mann doch etwas knapp bemessen war, schlenderte er den Gartenweg hinauf. Er pfiff sogar ein Liedchen.
    Er verstummte, als Trish die Tür öffnete. Diesmal trug sie Jeans und ein eng anliegendes T-Shirt. Ihr Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihr Gesicht wirkte verschlossen.
    »Du bist spät dran«, sagte sie.
    »Ja, der Verkehr.«
    Mit einem knappen Nicken drehte sie sich um und rief über die Schulter ins Haus: »Cassie!« Sie sah ihn an. »Willst du einen Kaffee?«
    Alex glaubte, eine gewisse Erleichterung in ihren Augen zu entdecken, als er den Kopf schüttelte. Die Hände in den Taschen, spähte er in die Diele – der Boden war makellos sauber, an den Wänden hingen Spiegel, auf einem kleinen Tisch lagen Schlüssel und ein Stapel Post. Er trat von einem Fuß auf den anderen und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Hör mal, Alex …«
    »Ich weiß«, sagte er, »der Unterhalt. Ich bin schon wieder spät dran. Bei der Bar ist was schiefgelaufen, die Löhne wurden nicht ausgezahlt. Aber morgen sollte es endlich auf dem Konto sein, und dann kriegst du dein Geld.«
    »Was ist mit letztem Monat?«
    »Das hab ich dir doch erklärt. Das Finanzamt …«
    »Irgendeine Ausrede hast du immer.«
    »Das ist keine Ausrede«, erwiderte er so ruhig wie möglich, »sondern die Wahrheit.«
    »Okay, wenn es das erste Mal gewesen wäre. Aber es war das zehnte Mal. Mindestens.«
    »Was erwartest du von mir? Ich fahre doch schon Doppelschichten. Ich lebe in einer verdammten Bruchbude. Ist ja nicht so, dass ich die Kohle für Koks und Nutten raushauen würde. Und wenn der Anwalt deines Vaters die Alimente nicht so lächerlich in die Höhe getrieben hätte, würde ich da vielleicht irgendwann rauskommen, aber so …«
    Seine Ex schüttelte den Kopf. »Wir waren sehr großzügig zu dir.«
    »Ja, es war großzügig von euch, dass ich meine Tochter überhaupt noch sehen darf. Aber dafür bekommt ihr ja auch mein halbes Gehalt. Wovon soll ich eigentlich leben?«
    »Immerhin ist sie deine Tochter, und so zeigst du ihr, dass du immer für sie da sein wirst.«
    »Hey«, sagte er mit scharfem Unterton. »Ich   bin   immer für sie da.«
    Trish blickte zu Boden und drehte ihren Ehering auf dem Finger, ihren neuen Ehering. »Ich weiß. Das weiß ich doch. Du liebst sie, und sie liebt dich auch. Aber so kann es nun mal nicht weitergehen.« Ein Seufzen. »Ich hab dir was zu sa…«
    Hinter ihr ratterte Cassie die Treppe hinunter, eine zehnjährige menschliche Lawine. »Daddy!« Sie rannte in seine ausgebreiteten Arme, er hob sie auf und drückte sie an sich. Hinter Cassies Schulter öffnete und schloss Trish den Mund und blickte schließlich zur Seite. Sollte sie doch. Weiß der Teufel, was sie ihm zu sagen hatte. Bestimmt nichts Gutes.
    Auf dem Weg in die Stadt plapperte Cassie ununterbrochen vor sich hin – über die Inline-Skates, die ihr der neue Mann seiner Ex gekauft hatte, über eine Reality-Show auf MTV, über ihre Fußballmannschaft, die es bis in die Endrunde geschafft hatte, und ob er zum nächsten Spiel kommen könnte.
    »Ich versuch’s, Liebling.« Alex hielt an einer roten Ampel. »Na, wo sollen wir essen gehen?«
    Am Ende einigten sie sich auf einen TGI Friday’s. Eine muntere Kellnerin im Teenager-Alter platzierte sie in einer Ecknische und knallte zwei große Plastikbecher mit Wasser auf den Tisch. Achtziger-Jahre-Pop waberte durch die Fritteusenluft. Cassie versank in der Lektüre der Speisekarte, Alex in ihrem Anblick. Wie immer faszinierte ihn ihre schiere Körperlichkeit – ihre gebräunten Unterarme und die strahlenden

Weitere Kostenlose Bücher