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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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doch, was denn sonst? Das ist doch das Einzige, was sie in der Hand haben. Ich muss nur zahlen, dann ist die Sache gegessen.«
    Jenn nickte vorsichtig. Sie war keineswegs überzeugt. Eigentlich redete er wohl eher ziemlichen Unsinn, aber was würde es bringen, ihn jetzt darauf hinzuweisen? Außerdem war sie keine Anwältin, hatte im Grunde überhaupt nichts mit der Angelegenheit zu tun und sprach noch dazu nicht besonders gerne über seine Frau. Ex-Frau.
    »Wir müssen uns also nur das Geld holen, und …«
    »Alex«, sagte sie mit fester Stimme.
    »Was?«
    »Jetzt setz dich doch erst mal hin.«
    Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und hockte sich auf die Stuhlkante. »Tut mir leid. Wahrscheinlich hältst du mich für komplett durchgeknallt.«
    »Nur ein bisschen.«
    »Weißt du … Ich liebe meine Tochter, ich liebe sie mehr als alles andere. Ich halt das einfach nicht aus.« Der Schmerz stand ihm derart ins Gesicht geschrieben, dass er darin tiefe Furchen zog.
    »Eins nach dem anderen. Wie viel Geld brauchst du genau?«
    »Weiß nicht. Eine ganze Menge. Hat sich ein bisschen was angesammelt über die Jahre. Ihr verdammter Anwalt hat’s wahrscheinlich schon auf Zins und Zinseszins ausgerechnet.« Er legte die Hände flach auf die Küchentheke und spreizte die Finger. »Auf jeden Fall mehr, als ich zusammenkratzen oder mir leihen könnte. Es gibt nur eine Möglichkeit.«
    »Deinen Boss auszurauben«, sagte sie so trocken wie möglich.
    »Du weißt doch bestimmt noch, was Ian gesagt hat. Das ist mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und weißt du was? Er hat recht. Johnny gehört wirklich zu den Bösen. Er repräsentiert genau das, was in dieser Welt falsch läuft. Er verstößt gegen die Regeln, gegen die wirklich wichtigen Regeln, und er kommt damit durch. Und die anderen, die normalen Leute, hocken sich in seine Bar, um ihren Frust zu ertränken, und nennen ihn   Mister   Loverin.«
    »Sag mal, hörst du dich eigentlich reden? Das ist ein knallharter Drogendealer!«
    »War er mal, aber das ist lange her. Heute ist er bloß noch ein Mittelsmann. Wenn überhaupt.«
    »Und wenn sie dich erwischen?«
    »Die erwischen uns nicht.«
    »Aber das ist Diebstahl!«
    »Na und?«
    »Du redest Schwachsinn, Alex.«
    »Hand aufs Herz.« Er beugte sich über die Küchentheke. »Ich weiß, dass du auch drüber nachgedacht hast. Ich hab’s dir angesehen. Der Gedanke hat dich angemacht.«
    Sie zuckte die Schultern. »Es war ein Spiel. Ein Scherz.«
    »Nein, es war mehr als das, viel mehr. Hast du vergessen, was du mir neulich erzählt hast? Dass du dich immer nach dem großen Abenteuer gesehnt hast? Jetzt hast du deine Chance.« Er setzte sein Cowboylächeln auf, das Lächeln, das sie wahrscheinlich dazu gebracht hatte, mit ihm ins Bett zu gehen. Natürlich hatte sie ihren Entschluss mit rationalen Überlegungen unterfüttert: Sie waren Freunde, zwei erwachsene Menschen, die wussten, was sie taten, und warum sollten sie nicht ein bisschen Spaß haben? Aber wenn sie ehrlich war, hatte sein Lächeln sie verzaubert. Sein Lächeln und seine zugleich kräftigen und zierlichen Handgelenke, wie bei einem Turner.
    Die Kaffeemaschine zischte. Als sie zwei Becher aus dem Schrank nahm und vorsichtig einschenkte, stellte sie fest, dass sie tatsächlich ein wenig erregt war. Nicht dass sie Lust auf Sex bekommen hätte, nein, es war eine subtilere Erregung. Wie in dem Roman, den sie neulich gelesen hatte – eine einsame Frau zog den Slip aus, setzte sich ins Cabrio und raste durch die Wüste, das Sommerkleid auf der nackten Haut, auf der Suche, auf der Jagd nach dem wahren Leben. So fühlte sie sich in diesem Moment.
    »Denk doch mal drüber nach. Was spricht dagegen? Ein echtes Abenteuer, einmal und nie wieder. Und hinterher sind wir … na ja, nicht unbedingt reich, aber doch einen Schritt weiter. Wir könnten unsere Träume leben. Du könntest reisen, ein Monat Karibik, was immer du willst. Wir könnten vielleicht zusammen verreisen.«
    »Vielleicht verreise ich ja lieber alleine.«
    Wieder dieses Lächeln. »Jeder bekommt, was er will. Ich kann meine Tochter behalten. Ian kriegt sein Geld. Mitch kann sich an Johnny rächen. Und du, du …«
    »Sag mal, hältst du mich eigentlich für ein Aufziehspielzeug?«
    »Wie bitte?«
    Sie blies in ihren dampfenden Kaffee und nahm einen kleinen Schluck. »Wenn du unbedingt deinen Boss ausrauben willst, bitte, ich steh dir nicht im Weg. Aber warum kreuzt du hier mitten in der Nacht auf und

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