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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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wirklich so viel? Mitch hatte das Zeug einmal ausprobiert, vor Jahren schon; es war kein schlechtes Gefühl gewesen, aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, überhaupt nicht mehr ohne auszukommen – als würde man zehn Espresso auf einmal kippen und sich dabei eigenhändig die Fresse polieren.
    Aber egal, ihm schmeckte es trotzdem, und der Wein floss ins Strömen. Als die zweite leere Flasche auf dem Tisch stand, schob Alex den Teller beiseite und tätschelte sich den Bauch. »Nicht schlecht. Ich muss mir auch mal so eine Edelstahlküche zulegen.«
    »Mit dem Edelstahl hat das nichts zu tun. Ich bin einfach verdammt gut.«
    »Und auch noch so bescheiden.«
    »Wie geht’s dem Auge?«, fragte Jenn.
    »Ich fange langsam an, mich daran zu gewöhnen.« Mitch musterte das Veilchen: Die Schwellung war kein Stück zurückgegangen, und zu dem violetten Ring um die Beule hatten sich neuerdings blässliche Gelb- und Grüntöne gesellt. »Findet ihr nicht auch, dass ich damit irgendwie … härter aussehe?«
    Jenn schnaubte. »Männer!«
    Es wurde still, wie manchmal in ihrer Runde. Alex öffnete die nächste Flasche und schenkte professionell nach – mit einer eleganten Drehung, die Hand am Flaschenboden.
    »Ich hätte schon eine«, meinte Ian.
    Mitch sah ihn an. »Was hättest du?«
    »Eine Fertig-Los-Frage. Was würdet ihr mit fünfzig Riesen machen?«
    »Einspruch. Die Frage hatten wir erst neulich.«
    »Nein, das waren fünfhundert Riesen. Fünfzig Riesen sind was ganz anderes. Also los.«
    »Ich würde meine Schulden bei meiner Ex begleichen«, sagte Alex ruhig und deutlich. »Damit sie mir meine Tochter nicht wegnehmen kann.«
    »Deine … Wie bitte?« Mitch starrte ihn an. »Deine Ex will dir Cassie wegnehmen?«
    »Ja. Sie will nach Arizona ziehen.«
    »Und das kann sie einfach so machen?«
    »Natürlich«, meinte Ian. »Warum denn nicht? Sie ist die Mutter, sie bietet dem Kind ein stabiles Zuhause, und wenn der Vater nicht mal die Alimente zahlen kann …«
    »Und du?«, keifte Alex. »Was würdest du mit dem Geld machen?«
    Ian lächelte sein rätselhaftes Lächeln. »Ich würde auch ein paar Rechnungen begleichen.«
    »Glaub ich gern. Bei den Mahngebühren.« Alex tippte sich auf die linke Wange.
    »Ich sagte doch, ich bin hingefallen. Und du, Jenn?«
    »Also erst mal würde ich meinen Job kündigen. Und dann würde ich mir endlich mal überlegen, was ich eigentlich mit meinem Leben anfangen will.«
    »Was gefällt dir denn nicht an deinem Leben?« Mitch fühlte sich wie bei einem Telefonat mit schlechter Verbindung – seine Worte kamen immer ein paar Sekundenbruchteile zu spät, der ganze Rhythmus des Gesprächs stimmte nicht. Im Hintergrund lauerten Absichten, die er nicht kannte, und immer wieder war da dieser bedeutungsschwangere Unterton, den er nicht entschlüsseln konnte.
    »Und du, Mitch? Was würdest du tun?«
    »Sagt mal, was ist hier eigentlich los? Was habt ihr denn alle?«
    Ian ließ die Knöchel knacken, einen nach dem anderen, während Alex seinen fragenden Blick herausfordernd erwiderte.
    Fünfzigtausend. Hatte das irgendwas zu bedeuten? Warum ausgerechnet fünfzigtausend …
    »Wollt ihr mich verarschen?« Vor Aufregung überschlug sich seine Stimme. »Fünfzigtausend. In dem Safe liegen ein paar Hunderttausend, und geteilt durch vier sind das mindestens … Nee, oder? Ihr wollt das Rossi’s überfallen!?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Nicht das Rossi’s. Johnny.«
    »Das ist doch ein und dasselbe.«
    »Nein, und das weißt du ganz genau.«
    »Das ist ein Witz, oder?« Sein Blick wanderte durch die Runde. »Oder?«
    »Nein«, sagte Jenn. »Ausnahmsweise nicht.«
    Alex beugte sich vor. »Ich habe einen Plan entwickelt. Einen todsicheren Plan.«
    Der Wein hatte einen dünnen Schleier über Mitchs Wahrnehmung gelegt und ihn ein wenig träge gemacht, mehr als ihm lieb war. »Habt ihr euch etwa abgesprochen?«
    »Wir haben dir nichts verheimlicht. Mit Jenn hab ich gestern Nacht geredet, mit Ian erst heute Morgen.«
    »Du hast also gestern Nacht mit Jenn und heute Morgen mit Ian geredet. Klingt für mich, als hättet ihr euch abgesprochen.«
    Alex beugte sich noch weiter vor. »Hör doch erst mal zu, bevor du dir ein Urteil bildest.«
    Mitch starrte ihn an. Er wusste, dass er knallrot war – nicht nur wegen des Alkohols, sondern auch weil er sich fühlte wie in der Junior High, wie der Außenseiter, auf den alle mit Fingern zeigten. Betont langsam lehnte er sich zurück, legte die

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