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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Scheißdreck an.«
    »Da irren Sie sich. Die kleine Cassandra geht mich sehr wohl etwas an.« Victors Kopf zuckte zu den anderen. »Genau wie Michael, der Bruder von Mr. McDonnell, und Mr. Verdons Vater in Tennessee. Bei Ms. Lacies Eltern konnte ich leider noch nicht vorbeischauen, aber glauben Sie mir, das werde ich nachholen.«
    Nein. Nein, das konnte nicht wahr sein.   Ihre Eltern?   Irgendein Typ, den sie noch nie gesehen hatte, bedrohte   ihre Eltern?
    Nein.
    Jenn blickte zu den anderen. Offensichtlich ging es ihnen wie ihr. Als sie ein nervöses Zucken in den Beinen spürte, spannte sie die Muskeln an.
    Gleichzeitig trat Alex einen Schritt vor. »Mann, für wen halten Sie sich …«
    Unfassbar schnell schlugen die beiden Männer an der Tür das Sakko zurück und zogen die Waffen. Der eine nahm Alex ins Visier, der andere zielte abwechselnd auf die anderen.
    Der Boden unter Jenns Füßen geriet ins Wanken. Sie musste sich an der Stuhllehne festhalten, um nicht hinzufallen.
    »Vorsicht, Mr. Kern.« Victor wurde nicht laut, nicht mal im Ansatz. »Das gilt für Sie alle. Letzte Woche waren Sie noch ganz normale Leute, aber jetzt stehen Sie in meinem Terminkalender. Und glauben Sie mir, das ist kein ausgesprochenes Privileg. Oder was meinst du dazu, Johnny?«
    Johnny lehnte noch immer mit versteinertem Gesicht an der Wand, wie ein Schuljunge, der einem gefürchteten Rabauken gegenüberstand. Auf Victors Frage räusperte er sich und nickte, ohne etwas zu sagen.
    Alex atmete tief ein. »Hören Sie.« Er zögerte merklich. »Das eben tut mir leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Aber Sie müssen verstehen – ich habe mit der Sache eigentlich kaum etwas zu tun.«
    In Alex’ Stimme schwang ein seltsamer Unterton mit. Jenn sah ihn an. Er stand mit hängenden Schultern da und hob beschwichtigend die Hände – und noch bevor er den Mund öffnete, wusste sie, was er sagen würde. Ein ekelhaftes Gemisch aus Scham und Enttäuschung überflutete sie.
    »Okay, ich wusste von dem Überfall auf Johnny. Aber als Ihr Kollege aufgetaucht ist, lag ich hinten im Büro, an Händen und Füßen gefesselt. Ich habe ihn nicht erschossen, ich habe Ihre Ware nicht an mich genommen. Wie gesagt, damit habe ich überhaupt nichts zu tun.«
    Mitch sah ihn an. »Das glaub ich jetzt nicht. Du willst das alles uns in die Schuhe schieben? Im Ernst?«
    »Mann, ich war doch nicht mal dabei!«
    Mitch schüttelte den Kopf. »Feigling.«
    »Beruhigen Sie sich, meine Herren«, sagte Victor in nüchternem Tonfall. »Ich fürchte, ich muss da ein paar Missverständnisse aufklären. Der Tote war nicht mein ›Kollege‹, und mir ist völlig egal, wer ihn erschossen hat. Ich interessiere mich einzig und allein für mein Eigentum. Also, wo ist die Ware?«
    Jenns Puls hämmerte in den Ohren. Als sie Mitch ansah, glaubte sie, seine Gedanken lesen zu können – er wollte Victor sagen, dass sie gefunden hatten, was er suchte, dass seine Ware im Kofferraum eines violetten Cadillac Eldorado lag, der in der Nähe ihrer Wohnung geparkt war. Und vielleicht sollten sie genau das tun: ihm das Zeug übergeben und ihr Leben weiterleben.
    Aber woher wollen wir wissen, dass wir unser Leben weiterleben   dürfen ? Johnny hat eine Heidenangst vor dem Typen. Was passiert, wenn wir ihm nichts mehr zu bieten haben?
    Das ging ihr alles viel zu schnell. Eins folgte auf das andere, ohne dass sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie fühlte sich wie damals in der Gasse: Wieder hing alles am seidenen Faden, wieder hatte sie die Chance, eine vage, kaum fassbare Chance, die Situation zu retten – und wenn sie ihnen nur etwas Zeit verschaffte, um in Ruhe zu überlegen und einen Plan auszutüfteln. Aber wie sollte sie das anstellen? Was konnte sie sagen?
    Mitch räusperte sich. »Sir …«
    Genau in diesem Moment hatte sie die rettende Idee. »Der Wagen des Toten …«, fiel sie Mitch ins Wort. »Wir haben ihn durchsucht. Und im Kofferraum haben wir eine Tasche gefunden.«
    Ian und Alex fuhren herum. Auch Mitch starrte sie an, und ihm war anzusehen, wie es in seinem Kopf arbeitete – er versuchte bereits, hinter ihre Strategie zu kommen. Nicht schlecht. Nach kurzem Zögern fuhr sie fort: »In der Tasche waren vier große Flaschen.«
    Victor schwieg. Er drohte ihr nicht, er bewegte sich nicht. Trotzdem schien sich die Luft um ihn herum zu einer harten, kalten Schale zu verdichten.
    »Wir konnten nichts damit anfangen. Aber wir dachten uns, wenn das Zeug so viel wert ist

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