Der Ausloeser
einige sehr unschöne Dinge widerfahren.«
»Ich glaube Ihnen«, sagte Jenn, »ich schwöre es.« Selbst jetzt verspürte sie noch den Drang, alles auszuplaudern, aber dafür war es längst zu spät. Sie musste seinem Blick standhalten. Es konnte nicht schaden, wenn er die Angst in ihren Augen sah.
»Was ist mit dem Geld?«, fragte Ian. Er hatte so lange geschwiegen, dass sie direkt zusammenzuckte.
Victor winkte ab. »Mein Anteil an der Summe war für den Kauf veranschlagt. Insofern geht mich das Geld nichts mehr an.«
»Moment.« Johnny trat einen Schritt vor. »Das kannst du doch nicht machen. Das ist mein Geld!«
»Du hast es dir abnehmen lassen. Selber schuld.«
»Also können wir es behalten?«, fragte Ian mit überraschend ausdrucksloser Stimme, als würde er einen Aktientransfer vornehmen.
»Sie haben mein Wort.«
»Auf gar keinen …«
»Johnny.« Victor bedachte ihn mit einem messerscharfen Blick, bevor er sich wieder an Ian wandte. »Ja, Sie können das Geld behalten.«
»Und was ist mit ihm?«
»Mr. Loverin wird Sie nicht belästigen. Dafür stehe ich persönlich ein.«
»Warum sollten wir Ihnen trauen?«
»Wie oft denn noch? Ich habe Ihnen doch gesagt: Sie sollten mir jedes einzelne Wort glauben. Wenn ich sage, ich garantiere für Ihre Sicherheit, dann ist das so. Aber genauso sollten Sie mir auch glauben, dass ich ein paar meiner Männer bei Ihrem Vater vorbeischicken werde, falls Sie nicht kooperieren. Ein paar Typen mit Ballknebel und Bandschleifer.
Ian wurde blass. »Mein Vater hat nichts damit zu tun.«
»Aber ja doch. Ich kann ihm Dinge antun, die Sie zur Kooperation zwingen.«
Schweigen.
»Eigentlich ist es doch ganz einfach. Sie, alle vier, haben keine Ahnung von nichts. Ihnen ist zufällig etwas in die Hände gefallen, das mir gehört, und jetzt hätte ich es gerne zurück. Sofern Sie mir entgegenkommen, habe ich keinen Grund, gegen Sie vorzugehen. Denn was habe ich schon von Ihnen zu befürchten?« Victor lächelte. »Natürlich könnte ich Sie beseitigen lassen, aber das wäre reine Ressourcenverschwendung. Es ist nur menschlich, dass Sie sich fragen, wo der Haken ist, aber glauben Sie mir, es gibt keinen. Wenn Sie mir geben, was ich will, bleiben Sie nicht nur am Leben, sondern können darüber hinaus das Geld behalten. Andernfalls zwingen Sie mich dazu, Ihnen und Ihren Liebsten schreckliche Dinge anzutun, bis Sie schließlich doch kooperieren.« Eine schwere, mit Händen zu greifende Stille erfüllte den Raum. Victor zog das Schweigen in die Länge, bis er die Hände wie zum Gebet aneinanderlegte und in Jenns Richtung neigte. »Also Montagmorgen?«
Sie wagte nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben, und nickte nur.
»In Ordnung.« Als er plötzlich lächelte, funkelte eine Reihe perfekter Zähne im künstlichen Licht. »Dann wünsche ich noch ein angenehmes Wochenende.«
24
ALS ALEX NOCH SEIN GANZES LEBEN VOR SICH HATTE , in seinem ersten Jahr an der University of Michigan, hatte er sich mit zwei Mädchen aus seinem Wohnheim angefreundet. Angefangen hatte es wie jede College-Freundschaft – unproblematisch. Tara hatte er im Waschraum kennengelernt, Stacy im Fernsehzimmer am Ende des Flurs. Einen wundervollen Herbst im goldenen Mittleren Westen hindurch hatten sie in seiner winzigen Kammer gequatscht, gelacht und eine Flasche Tequila nach der anderen geleert. Um Sex war es dabei nicht gegangen. Nein, sie waren einfach jung, jung und zum ersten Mal absolut frei. Sie hatten sich unterhalten und gemeinsam die Zeit totgeschlagen, das war alles, und es hatte ihnen gereicht. Damals hatte er noch das Gefühl gehabt, nichts als Zeit zu haben. Stundenlang hatten sie im Schein der Weihnachtsbeleuchtung gesessen und geredet oder um Zigaretten gepokert, wenn sie sich nicht gerade mit gefälschten Ausweisen in die nächste Bar eingeschlichen hatten. Es war großartig, zumindest am Anfang. Seine erste selbst erschaffene Familie.
Ab März zeigten sich die ersten Risse.
Alles fing damit an, dass Stacy sich in ihn verguckte. Eigentlich keine große Sache, ja, er fühlte sich sogar geschmeichelt, doch er wollte ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Und so kam es, wie es kommen musste: Nach einem feuchtfröhlichen Abend landete er stattdessen mit Tara im Bett. Sie hatten ihren Spaß, beide, aber sie waren sich einig, dass es bei diesem einen Mal bleiben musste. Stacy, die auf irgendwelchen Wegen doch davon erfahren hatte, zuckte nur die Schultern. »Kommt vor«, sagte
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