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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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bald darauf sterben würde. So gesehen kann man den Burtons allenfalls vorwerfen, dass sie es versäumt haben, Cill zu ihren Eltern zurückzubringen.
    Sie waren zweifellos so erschrocken wie alle anderen, als sie verschwunden blieb.«
    »Aber warum haben sie nicht wenigstens da den Mund aufgemacht?«
    Jonathan zuckte mit den Schultern. »Sie fürchteten das Gerede der Nachbarn.«
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    George machte ein ungläubiges Gesicht. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Eltern so unverantwortlich handeln.«
    »Sie betrachten die Dinge schon wieder im Licht der heutigen Erkenntnisse. Aber für diese Leute war die Sache damals ganz einfach. Cill war am Leben, sie war ein vifes kleines Ding, ihre Familie wohnte gleich um die Ecke, sie hatte versprochen, sofort nach Hause zu gehen. Sie glaubten wahrscheinlich, sie würde erkannt werden, noch bevor sie das Ende der Straße erreicht hatte.«
    »Und warum war es nicht so?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du lieber Gott! Das sind mir aber ein bisschen viele Zufälle auf einen Schlag. Das ist doch kom-pletter Blödsinn, Jon. Sehen Sie das denn nicht?«
    Er hob die Hände zum Zeichen der Kapitulation.
    »Ich spiele nur namens und im Auftrag unseres dicken kleinen Freundes den Advocatus Diaboli. Ich habe ihm versprochen, Ihnen das Ganze vorzutra-gen, und das habe ich hiermit getan.«
    »Und glauben Sie diesen Mumpitz?«
    Jonathan überlegte einen Moment. »Andrew
    möchte gern jeden außer Howard als Täter sehen – und am liebsten wären ihm Mr. Burton oder Mr. Trevelyan, weil ihm der Parallelaspekt des Kindesmissbrauchs in der Geschichte gefällt.«
    Wieder schnitt George ein Gesicht. »Sie sollen die Beweise kritisch unter die Lupe nehmen.«
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    Er lachte. »Dann will ich Ihnen sagen, was ich glaube. Als die raffinierte Louise Andrew erzählte, sie hätte an jenem Dienstag durch das Fenster in Grace’ Haus geschaut, hat sie das ganz bewusst getan, um Roy und seine Freunde zu belasten.«
    George sah ihn blinzelnd an. »Und warum?«
    »Ich weiß auch nicht … es sei denn, es ist die Wahrheit …«
    »Sie sucht sich immer gewalttätige Männer«, sagte Rachel. »Der Typ, mit dem sie zurzeit zusammen ist, hat ihr vor ein paar Wochen ein blaues Auge verpasst. Darum macht mein Mann sich Sorgen um sie. Man könnte vielleicht sagen, es ist reines Pech, aber eine Zeit lang war sie sogar mit einem der Männer verheiratet, die damals ihre Freundin Cill vergewaltigt haben. Wir können das überhaupt nicht verstehen, sie muss doch gewusst haben, worauf sie sich da einließ. Sie wird Ihnen erzählen, sie hätte die Namen der Jungen nicht gewusst und hätte sie nicht identifizieren können, aber das ist gelogen.«
    »Es war kein Zufall, dass wir am Tag der Vergewaltigung mit denen zusammengetroffen sind«, sagte Bill. »Cill und Lou wussten genau, wo sie zu finden waren, also müssen sie schon früher mal mit ihnen zusammengewesen sein. Und wenn Lou
    behauptet, sie hätte Roy nicht erkannt, ist das reine Lüge.«
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    »Wer ist Roy?«
    »Roy Trent – er hat ein Pub in Highdown. Er ist der, den Lou geheiratet hat.« Billy schüttelte den Kopf. »Er ist ein ganz mieses Schwein – zweimal hat er Cill vergewaltigt und dann noch mit Füßen getreten. Wieso heiratet Lou so einen Typen? Ich kann das überhaupt nicht begreifen.«
    Sasha deutete ein Lächeln an. »Lieber den Teufel, den man kennt?«, meinte sie fragend. »Sie hatte etwas gegen ihn in der Hand und konnte ihn dadurch beherrschen. Wissen ist Macht. Die Beziehung zwischen Ihren Eltern und Ihrer Schwester, so wie Sie sie vorhin geschildert haben, entsprach doch genau diesem Muster.«
    »Aber warum verlässt sie ihn dann wegen eines Mannes, den sie nicht beherrschen kann?«, fragte Rachel. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Für Sie! Weil Sie hinter ihrem Verhalten eine Logik suchen, die wahrscheinlich nicht existiert.
    Vielleicht war Roy ein schlechter Liebhaber, und sie hat sich einen Mann gesucht, der besser war.«
    »Sie kann nicht ewig so weitermachen.« Rachel verzog abschätzig den Mund. »Sie ist schließlich keine zwanzig mehr.«
    »Ich glaube nicht, dass das Alter da eine Rolle spielt, aber wie dem auch sei, Sie sagten doch, dass sie krampfhaft versucht, so auszusehen, wie Cill mit dreizehn aussah. Vielleicht möchte sie sich auch gern wie eine Dreizehnjährige benehmen.«
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    »Das ist ja erbärmlich.«
    »Ja«, stimmte Sasha nüchtern zu, »aber wenn Ihr Mann mit seinen Vermutungen über seinen Vater Recht hat, ist sie schwer

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