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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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traumatisiert. Sie hätte mit zehn oder elf gelernt, dass Orgasmus gleich Beziehung ist … wie also kann es eine Beziehung ohne Orgasmus geben? Es wäre eine Erklärung dafür, warum sie ihren Bruder aus ihrem Leben ausgeschlossen hat und warum sie sich weder für Sie noch für Ihre Kinder interessiert. Sie kann mit Beziehungen, die nicht auf Sexualität beruhen, nichts anfangen.«
    »Sie hat seit Jahren nicht mehr mit meinem Vater gesprochen«, bemerkte Billy. »Nur sein Geld hat sie genommen.«
    »Sie fand wahrscheinlich, sie hätte es verdient.«
    Es folgte ein Moment des Schweigens, während Billy und Rachel das zu verarbeiten suchten.
    »Mein Gott!«, rief Rachel abrupt. »Ich hoffe nur, wir fabrizieren hier keine falschen Beschuldigungen.
    Das wäre schrecklich.«
    Billy sah Sasha an. »Was meinen Sie ?«
    Sie zögerte, überlegte, wie offen sie sein konnte.
    »Ich bin keine Expertin«, warnte sie, »aber die Umstände, die Sie beschrieben haben, könnten für einen Missbrauch sprechen. Abwesende Mutter, dis-tanzloser Vater, Geheimniskrämerei, Tabuthemen
    – er hatte zweifelsohne die Gelegenheit.«
    »Heißt das, ja?«
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    »Ich würde mich jedenfalls gern mit ihm über Cill unterhalten. Soviel ich weiß, wurde er damals, als sie verschwand, nicht befragt.« Sie nahm den Schrecken in Billys Gesicht wahr. »Sie haben den Verdacht, dass er weiß, was ihr zugestoßen ist, nicht wahr? Glauben Sie das auch von Ihrer Mutter?«
    Er sah tief unglücklich aus, als hätte er gewünscht, sie würde das Gegenteil sagen. »Ja«, bekannte er.
    »Und auch von Louise.«
    »Es klingt so, als hätte er Ihre Schwester als Zuhälter missbraucht. Ich vermute allerdings, dass sie keine Ahnung hatte, was für eine Rolle sie spielte, bis sie Cill nach Hause brachte. Sie sagten, dass sie eifersüchtig war und sich arrogant verhielt.
    Ich nehme an, ihr war klar, dass Ihr Vater das Interesse an ihr zu verlieren begann.« Sie hielt kurz inne. »Nur interessehalber – wie hat sie reagiert, als die Jungs am Tag der Vergewaltigung sich mehr für Cill interessierten als für sie?«
    »Sie hat sie verspottet und gesagt, sie hätten von Tuten und Blasen keine Ahnung. Deswegen sind sie ja überhaupt erst so in Fahrt gekommen.«
    »Sie hat also zu dem beigetragen, was passierte?«
    Billy schlug wieder die Hände vor das Gesicht.
    »Sie hat Cill gerufen und verlangt, dass sie zurückkommen und ihr helfen soll. Und als sie kam, sind die Burschen über Cill hergefallen.«
    »Und Louise, was hat die getan?«
    »Sie hat sich ganz klein zusammengerollt und tot-567

    gestellt«, antwortete er schroff. »Und ich genauso.
    Wir haben beide nichts getan.«
    Sasha tauschte einen Blick mit Rachel. »Und was passierte, als die Jungs weg waren?«, fragte sie.
    »Wie hat Cill sich sauber gemacht?«
    »Gar nicht, jedenfalls nicht gleich. Louise ist losgelaufen und hat ihr heimlich ein paar Sachen geholt, die sie überziehen konnte, und dann sind die Mädchen gegangen.« Er schwieg einen Moment.
    »Ich habe in meinem ganzen Leben nie wieder solche Angst gehabt. Ich wollte ihnen nachlau-fen, aber Lou hat mir gedroht, sie würde mich zu Hause verpetzen, wenn ich nicht verschwände.«
    »Haben die beiden Ihnen gesagt, wohin sie wollten?«
    »Nein.«
    »Um welche Zeit war das?«
    »Am Nachmittag – so gegen zwei.«
    »Was haben Sie getan?«
    Er hob den Kopf. »Ich habe mich bis Schulschluss im Park versteckt, dann bin ich nach Hause gegangen. Mir war schlecht von dem Wodka, aber keiner hat was gemerkt. Mein Vater war im Garten, und ich habe mich in mein Zimmer verzogen und bin dort geblieben, bis Lou kam. Ich hatte eine Heidenangst – ich dachte, Cill wäre gestorben oder so was, und jeden Moment würde die Polizei kommen.
    Und dann kommt plötzlich Lou reinmarschiert, als wäre nichts geschehen – es war unheimlich.«
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    »Haben Sie Ihre Schwester gefragt, wo sie und Cill gewesen waren?«
    »Das brauchte ich gar nicht«, antwortete Billy.
    »Ich habe gleich gewusst, woher sie die Anziehsachen hatte, denn zu uns oder zu Cill nach Hause hätte sie ja nicht gehen können, da wäre sie viel zu leicht erwischt worden. Sie hat sie bei Grace Jefferies geholt«, erklärte er. »Ganz sicher. Sie kam mit einer langen Hose an, in die Cill ungefähr dreimal reinpasste. Sie musste sie in der Taille aufrollen, damit sie ihr nicht runterrutschte.«
    Die Sonne brannte so stark, dass George fand, sie brauchten etwas auf dem Kopf. Ihr Gesicht war gerötet, als sie mit

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