Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
strikt verweigert hat.
    Bitte überlegen Sie sich etwas anderes. Al es, was wir über Col ey Hurst wissen, lässt vermuten, dass er ein gewalttätiger Mensch ist.
    Gruß
    George
    605

    Von:
    Sasha Spencer [[email protected]]
    Abgesandt: Do, 22. 05. 03, 12 : 07
    An:
    [email protected];

    geo.gar@mul inst.co.uk
    Betrifft:
    Vertrauen Sie mir
    Lieber Jon, liebe George,
    ich bin über 21. Ich brauche keine Kindermädchen.
    Sasha
    606

    24
    Palencia, Frean Street, Sandbanks, Bournemouth Montag, 26. Mai 2003, 11 Uhr
    Aus der Nähe besaß Louise, wie Andrew Spicer bereits festgestellt hatte, nicht die geringste Ähnlichkeit mit Cill Trevelyan. Sie war zierlicher gebaut, hatte feinere Gesichtszüge, und ihre Augen hatten die falsche Farbe. Sie sah außerdem hübscher und jünger aus, als Sasha erwartet hatte, dem finsteren, mürrischen Kind in William Burtons Fotoalbum nur vage ähnlich. In einem frischen jadegrünen Kleid, das ihre schlanke Figur betonte, öffnete sie die Tür. Sasha kam sich mit ihrer hässlichen Brille und dem engen braunen Kostüm, in das sie sich hi-neingezwängt hatte, unförmig und plump vor und ließ sich dies anmerken, indem sie krampfhaft ihre Jacke über die Hüften zog. Louise lächelte amüsiert und führte sie über den Flur ins Wohnzimmer.
    Sasha hätte sofort gesehen, dass das Haus gemietet war, auch wenn der Immobilienmakler es ihr nicht gesagt hatte. Alles im üblichen langweiligen Creme gestrichen, Allerweltsmöbel überall, ge-607

    rahmte Drucke impressionistischer Gemälde und Ansichten von Dorset an den Wänden. Es gab kaum etwas Persönliches, und das einzig Interessante im Wohnzimmer war ein großer Fernsehapparat, ähnlich dem im Arbeitszimmer. Auf dem Bildschirm lief ein Pferderennen, der Ton war abgestellt.
    Louise bemerkte Sashas Blick.
    »Mein Mann schließt Internetwetten ab«, bemerkte sie mit einer Geste zu einem Sessel, während sie selbst sich auf dem Sofa niederließ. »Bei uns läuft auf einem der Kanäle immer irgendein Rennen.«
    Sasha setzte sich und sagte höflich lächelnd: »Ich wusste gar nicht, dass die auch schon morgens stattfinden.«
    Louise warf einen Blick auf den Bildschirm. »Es ist sicher eine Aufzeichnung. Stört es Sie? Soll ich es ausmachen?«
    Sasha horchte in die Stille. »Nein, nein, es stört mich nicht. Ich möchte auf keinen Fall, dass Ihr Mann sich beeinträchtigt fühlt.«
    »Er merkt das höchstens, wenn er zu uns he-reinkommt«, erklärte Louise. Sie griff nach der Fernbedienung und schaltete den Apparat aus.
    Dann schlug sie ein Bein über das andere und sah Sasha mit ermunterndem Blick an. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Sasha hob mit scheinbarer Nervosität zu ihrer üblichen Einleitung über die Vertraulichkeit 608

    ihrer Recherchen an und gestand sich dabei ein, dass sie sich mühelos davon hätte überzeugen lassen, dass Williams Geschichte reine Fantasie war, wenn Louise ihr vor zwölf Tagen die Tür geöffnet hätte. Die Frau war selbstsicher, charmant und elegant, nichts verriet, dass sie mit einem gewalttätigen Mann verheiratet war und ein Leben hinter sich hatte, das von sexuellem Missbrauch und Drogenabhängigkeit bestimmt gewesen
    war. Ihre Sprache war kultivierter als Williams gutturale, vom einheimischen Dialekt geprägte Ausdrucksweise. Sasha fragte sich allerdings, wie echt dieses Bild von Louise war.
    Louise ließ Sasha ihre einleitenden Worte ohne Unterbrechung zu Ende sprechen. »Auf Ihrer Karte erwähnten Sie Cill Trevelyan«, sagte sie dann.
    »Heißt das, dass David und Jean Ihre Auftraggeber sind?«
    Sasha nickte. »Erinnern Sie sich an sie, Mrs. Fletcher?«
    »Aber natürlich«, antwortete sie unbefangen.
    »Cill war meine beste Freundin – wie Sie ja wohl wissen, sonst hätten Sie gewiss nicht ›Für Louise Burton‹ auf Ihre Karte geschrieben.«
    Sasha fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Das ist richtig, ja.«
    Louise beobachtete sie so aufmerksam, dass ihr die Anzeichen der Nervosität kaum entgehen konnten. »Und wie geht es den Trevelyans?«, fragte sie.
    609

    »Ich denke oft an sie – es muss grauenhaft sein, ein Kind auf diese Weise zu verlieren.«
    Dieser Anfang war ganz anders, als Sasha erwartet hatte – eher wie ein höfliches Eröffnungsgeplänkel bei irgendeiner gesellschaftlichen Veranstaltung –, aber sie ging darauf ein und berichtete, dass es Jean in letzter Zeit nicht gut ging. Louise servier-te einige erheiternde Erinnerungen an Besuche bei den Trevelyans in

Weitere Kostenlose Bücher