Der Außenseiter
sich zu einem Lächeln. »Ja, er hörte überhaupt nicht mehr auf mit seinen Lobliedern. Selbst ein Grizzly habe mehr Charme als Hurst, sagte er, und er habe nie verstanden, wie Louise es mit diesem Mann ausge-halten habe.«
»Das brauchte sie ja gar nicht«, bemerkte George zynisch. »Sie hat ihn im Crown and Feathers über den Monitor überwacht.«
Sasha kam zum nächsten Punkt ihrer Aufzeichnungen. »Der Arzt bestätigte auch, dass Hurst am rechten Arm Narben von einer Messerstecherei hat. Die Narben sind gut verheilt, die Verletzungen wurden also offensichtlich ärztlich behandelt, und das hat ja, soviel ich weiß, auch Roy Trent Ihnen erzählt.«
George nickte. »Er und Hopkinson sind damals
mit ihm ins Krankenhaus gefahren.«
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»Außerdem habe ich mich bei David Trevelyan über Wynne Stamps angebliche Alkoholsucht erkundigt. Leider stimmt es, dass sie getrunken hat – sie war offenbar berüchtigt. Damit kann man das Alibi, das sie ihrem Sohn für den Montagabend gegeben hat, nicht als zuverlässig betrachten.«
»Weiß Trevelyan, was aus ihr geworden ist?«, fragte Jonathan, damit beschäftigt, Tee in die Kanne zu löffeln.
»Er sagte, je näher Howards Prozess gekommen sei, desto exzessiver habe sie getrunken, bis die Firma ihr schließlich gekündigt hat. Sie ist dann irgendwohin an die Südküste gezogen – möglicherweise nach Weymouth. Wir haben uns dort erkundigt, aber wir haben weder eine Wynne Stamp noch eine Wynne Jefferies gefunden.«
»Der Name ist das Problem«, warf Bartholomew
ein. »Wenn sie ihn geändert hat, besteht praktisch keine Hoffnung, sie ausfindig zu machen. Wir haben beim Staatsarchiv in Kew nachgefragt, um zu sehen, ob sie einen neuen hat eintragen lassen, aber sie haben dort nichts gefunden. Das heißt natürlich nicht, dass sie den Namen nicht geändert hat – es ist ja nicht gesetzlich vorgeschrieben, einen neuen Namen amtlich registrieren zu lassen.
Wahrscheinlich hat sie sich einfach anders genannt, und fertig. Aber das macht es natürlich unmöglich, sie aufzuspüren.«
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»Und das ist gesetzlich erlaubt?«
»Absolut. Man darf zwar seine Geburtsurkunde nicht ändern, aber man kann sich nennen, wie mal will. Man kann den Namen jeden zweiten Tag ändern, wenn man Lust dazu hat. Louise Burton hat das jahrelang praktiziert. Deshalb ist ihr so lange keiner auf die Spur gekommen.«
Sasha ging zum nächsten Punkt weiter. »Ich habe mich beim zentralen Krematorium von Dorset erkundigt, für den Fall, dass Wynne mittlerweile gestorben ist«, fuhr sie fort, »aber das hat auch nichts gebracht. In der Zeit, die uns interessiert, wurde weder eine Wynne Stamp noch eine Wynne
Jefferies eingeäschert. Aber vielleicht gibt es beim Wohnungsamt noch Unterlagen über sie.«
George schüttelte den Kopf. »Da bin ich zu aller-erst hingegangen, nachdem meine Nachbarin mir Grace’ Geschichte erzählt hatte. Die Akten aus den Siebzigerjahren waren schon längst im Reißwolf gelandet.«
»Wenn Sie sie wirklich finden wollen, wären Anzeigen in den Lokalzeitungen das Beste«, sagte Bartholomew. »Ich würde mir allerdings keine Hoffnungen machen, dass sie sich meldet.«
Jonathan nickte. »Wie steht’s mit Robert Burton?«, fragte er.
»Hat er mit Ihnen gesprochen?«
Bartholomew nickte. »Ja – streng behütet von seiner Ehefrau. Merkwürdige Leute, diese beiden.
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Wir haben keine Bandaufnahme, weil sie eine Aufzeichnung des Gesprächs ablehnten, aber eine halbe Stunde lang haben beide stur alles abge-stritten.« Er lachte abrupt. »Wie wir dazu kämen, ihrer drogenabhängigen Tochter irgendetwas zu glauben, was diese über ihren Vater erzählte, einen guten und aufrechten Mann? Was uns einfalle zu unterstellen, eine fromme Christin wie Eileen würde die Polizei belügen?« Er wies mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf das Tonbandgerät. »Als es uns zu langweilig wurde, spielten wir ihnen das Gespräch mit Louise vor.«
»Und?«
»Robert klappte zusammen«, sagte Sasha. »Eileen leugnete weiter. Es war interessant. Sie ist eine harte Nuss – niemals wird sie für irgendetwas Verantwortung übernehmen, was ihr Mann getan hat. Sie beschrieb Louise als eine notorische Lügnerin und behauptete steif und fest, sie hätten keine Ahnung gehabt, dass Cill jemals bei Grace im Haus war.« Sie wandte sich George zu. »Sie hat übrigens genau an dem Punkt eingehakt, auf den Sie schon hingewiesen hatten: Was hätte sie veranlassen sollen, Louise am Montag zur Schule zu
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