Der Außenseiter
bleiben möchte.«
»Dann müssen eben Sie es sein.«
»Ausgezeichnet.« Er stand auf und beugte sich über den Schreibtisch, um ihr herzlich die Hand zu schütteln. »Ich lasse gleich morgen den Vertrag aufsetzen. Aber da Sie mir nun Vollmacht gegeben haben, Ihre Interessen wahrzunehmen, möchte ich Sie bitten, möglichst gar nichts zu sagen, bis ich Sie um Ihr Einverständnis zu einer Abmachung bitte.
Glauben Sie, dass Sie das schaffen?«
»Solange Sie nichts, was ich gesagt habe, falsch wiedergeben.«
»Das würde mir nicht einfallen. Ich werde lediglich mit Nachdruck darauf hinweisen, dass Sie auf einer Gemeinschaftsarbeit bestehen«, sagte Andrew. »Da Sie jetzt zu den Klienten unserer Agentur gehören, sind Sie für mich ebenso wertvoll wie Jon.«
303
In der Rückschau konnte George Andrew nur dafür bewundern, wie geschickt er seinen Freund manipuliert hatte. Wie prophezeit, erschien Jonathan (sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinn) zu dem Dreiertreffen in Sack und Asche, während George sich eigens in Schale geworfen hatte.
Er verlor darüber allerdings kein Wort und begnüg-te sich damit, George zu den neuen Erkenntnissen in Sachen Cill Trevelyan zu beglückwünschen. Als Andrew ihn fragte, ob er das Projekt übernehmen wolle, lehnte er ab, rundweg ab. Seine Argumente klangen überzeugend.
Er sei bei der Lektüre von Clinical Studies durch Zufall auf den Fall Howard Stamp gestoßen, und die meisten seiner Theorien dazu beruhten auf Mutmaßungen. Um stichhaltig dagegenhalten zu können, bedürfe es unbedingt gründlicherer Recherchen, zu denen Interviews und eine Menge Lauferei gehörten, und er sei nicht in der Lage, die notwendige Zeit und Kraft dafür aufzubringen. Andrew habe schon früher mit unerfahrenen Autoren gearbeitet und sei bestens befähigt, durch seine Bearbeitung dem Buch den nötigen Schliff zu geben oder aber einen anderen Lektor dafür zu bezahlen, dass er George auf die Sprünge helfe. Er interessiere sich bekanntermaßen zwar für Justizirrtümer, aber mehr am Herzen lägen ihm sowieso Fragen der Asylsuche und der Wirtschaftsmigration. Im Gegensatz dazu fühle 304
sich George Howard Stamp zutiefst verpflichtet, und dessen Interessen sei am besten von jemandem gedient, der felsenfest von seiner Unschuld überzeugt sei – was er von sich nicht behaupten könne.
Andrew versuchte gar nicht, seine Ungeduld zu verbergen. »Das alles habe ich George bereits vorhin lang und breit erklärt, aber damit kommen wir nicht weiter. Langsam fange ich an, mich zu fragen, ob dieses Buch überhaupt irgendjemandes Zeit wert ist.«
Er richtete einen anklagenden Finger auf Jonathan. » Du hast plötzlich Zweifel an Howard Stamps Unschuld und George « – er schwenkte den Finger in ihre Richtung – »sieht das Ergebnis ihrer Arbeit gefährdet. Ich bin gern bereit, euch zu vertreten, wenn ihr mir etwas Handfestes zu bieten habt, aber halbe Sachen interessieren mich nicht. Jeder Verleger, der sein Handwerk versteht, wird mir die Geschichte postwendend vor die Füße knallen, wenn die Beweise für einen Justizirrtum nicht absolut stichhaltig sind.«
Überrascht wandte sich Jonathan George zu.
»Inwiefern sehen Sie das Ergebnis Ihrer Arbeit gefährdet?«
Sie sah Andrew an.
»Wenn dich das Projekt nicht interessiert, dann hat dich das auch nicht zu interessieren«, antwortete Andrew für sie. »George hoffte, eine Fifty-fifty-Vereinbarung aushandeln zu können, aber da 305
dich die Sache ja nicht reizt, habe ich vorgeschlagen, dass wir Jeremy Crossley ansprechen.«
Jonathan kniff sofort die Augen zusammen.
»Warum gerade ihn?«
»Er ist Historiker und hat ein Faible für Projekte dieser Art.« Andrew hob beschwichtigend eine Hand. »Ich weiß, ich weiß – er hat Kranke Seelen verrissen, aber das müsste sich zu Georges Vorteil auswirken, schon gar, wenn ich ihm erzähle, dass du nicht mehr so recht an Howards Unschuld glaubst.« Er lächelte. »Was meinst du, wie der sich ins Zeug legen wird, um zu beweisen, dass du Unrecht hast.«
»Das tust du doch mit Absicht«, sagte Jonathan heftig.
»Was?«
»Du willst mich hochbringen. Du weißt ganz genau, was ich von Jeremy Crossley halte. Ich würde ihn meinem schlimmsten Feind nicht an den Hals wünschen und George schon gar nicht. Der wird alles, was er von ihr kriegen kann, an sich reißen und sie am Ende mit leeren Händen stehen lassen.
So macht dieser Mensch das immer.«
»Sei nicht albern«, sagte Andrew
Weitere Kostenlose Bücher