haben über seine Töchter gesprochen, die sich drinnen im Haus gerade ziemlich lautstark gestritten haben, und da war er sehr locker. Erst als ich seine Schwester erwähnte, machte er dicht. Er sagte wiederholt, er hätte sie seit Jahren nicht gesehen, aber ich habe ihm das nicht so ganz abgenommen.«
»Sie schreiben hier, dass er ›beunruhigt wirkte‹, als Sie ihn fragten, ob Louise mit etwa vierzehn Jahren ein Kind bekommen habe.« Andrew tippte auf eine Seite des Protokolls, das sie ihm gegeben hatte. »Er hat darauf geantwortet, ›Nicht, dass ich wüsste‹. In Klammern haben Sie ›ausweichend‹
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mit einem Fragezeichen geschrieben. War das der Eindruck, den Sie hatten, als Sie mit ihm sprachen?«
George nickte. »Er sagte dann noch, er sei viel jünger als sie, und wenn etwas vorgefallen wäre, hätte er es ohnehin nicht verstanden. Das ist zwei Zeilen weiter unten. Ich fand diese Antwort reichlich merkwürdig – als wäre tatsächlich etwas vorgefallen und er wollte nicht direkt lügen. Ich habe auch hinter das ›viel jünger‹ ein Fragezeichen gesetzt. Louise müsste jetzt fünf- oder sechsundvier-zig sein, und William sieht aus, als hätte er die vierzig ein gutes Stück überschritten.«
Jonathan wies sie auf einige Anmerkungen hin, die William Burtons Personenbeschreibung folgten.
»l ) Er hätte nicht angerufen, wenn er in Priscilla Fletcher Louise erkannt hätte. (Doppelter Bluff?) 2 ) Hat er Cill Trevelyan in ihr erkannt? Wie kommt es, dass ihm die Sache plötzlich so nahe geht?
(Wegen Cills Foto? Wegen seiner Töchter? Weil Priscilla F. Cill Trevelyan ist, und er es weiß?)«
»Was für eine Rolle spielen seine Töchter?«, fragte Jonathan.
»Das steht am Anfang des Telefonprotokolls.
Er erzählte mir, dass seine Frau ihn gefragt hatte, wie ihm zumute gewesen wäre, wenn eine von ihnen mit dreizehn plötzlich verschwunden wäre.
Außerdem hat es ihn erschüttert zu sehen, wie jung Cill damals war. Er hatte sie als fast erwachsen in 314
Erinnerung gehabt.« Sie schwieg einen Moment.
»Es war beinahe so, als sähe er sie zum ersten Mal als Person – und ich frage mich, ob das so war, weil er sie in Priscilla Fletcher erkannte.«
»Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Ihre erste Vermutung zutrifft. Dreißig Jahre nach dem Ereignis sah er Cill als das, was sie damals tatsächlich war – ein verletzliches Kind –, und das hat ihn erschüttert.«
»Er hat mir erzählt, dass seine Eltern ihr an allem, was schief ging, die Schuld gaben. Sie nannten sie nur die ›verdammte Göre‹ und stellten sie als Flittchen hin.«
»Woran genau gaben sie ihr die Schuld?«
Sie zuckte mit den Schultern. »An der Vergewaltigung – an Louises Angstzuständen … an der Vernehmung durch die Polizei. Das sind die Dinge, die er erwähnt hat, aber er sagte, das sei über Monate gegangen.«
»Was? Die Angstzustände?«
»Vermutlich.«
»Interessant«, sagte Jonathan bedächtig. »Wovor hatte sie denn Angst? Vor den Jungen? Davor, selbst vergewaltigt zu werden?«
»Darüber hat er nichts gesagt. Er erwähnte flüchtig, dass die Eltern sie in eine andere Schule gesteckt haben, damit sie nicht ständig an Cills Verschwinden erinnert würde, aber das war auch alles.«
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Andrew schnalzte plötzlich mit den Fingern.
»Gehen Sie mal zurück zum ersten Absatz, wo George das Gespräch über die Töchter skizziert hat«, sagte er zu Jonathan. »Zweite Zeile: ›Mr.
Burton machte eine scherzhafte Bemerkung über das feurige Haar und das feurige Temperament seiner Töchter … sagte, er würde noch etwas da-zuzahlen, wenn sie ihm jemand abnimmt.‹«
»Und?«
»Rotes Haar ist ein Familienerbe. Aber wenn Feuerrot herauskommen soll, muss die Anlage auf beiden Seiten vorhanden sein, da bin ich sicher.«
Jonathan strich sich nachdenklich das Kinn.
»Weiter.«
»Ihr seid auf den rothaarigen Vergewaltiger fixiert, aber welche Haarfarbe hatte eigentlich Louise?«
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Von:
George Gardener [geo.gar@mul inst.co.uk]
Abgesandt: Do, 17. 04. 03, 15 : 07
An:
[email protected] Kopie:
Andrew Spicer
Betreff:
Louise Burton
Lieber Jonathan, lieber Andrew,
die Detektei in Bristol war wenig hilfsbereit. Sie wol ten mir weder irgendwelche Einzelheiten ihrer Nachforschungen noch die Adresse der Familie Trevelyan mitteilen. Sie beriefen sich darauf, dass ihre Erkenntnisse vertraulich behandelt würden, und lehnten es ab, die Trevelyans telefonisch um die Genehmigung zu bitten, ihre Informationen