Der Außenseiter
aber wenn es sein Wunsch ist … Im Übrigen ist es nicht so leicht, ihm zu widersprechen.«
»Das klingt, als käme gleich ein Aber.«
Andrew lächelte. »Das Buch wird sich viel leichter verkaufen lassen, wenn Jon der Autor ist. Er ist ja derjenige, der Howards Fall aufgegriffen hat, und sein Verlag wird an einer Fortsetzung interessiert sein, wenn es stichhaltige Beweise dafür gibt, dass Howard unschuldig war.«
George zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts anderes erwartet. Ich kann ohnehin nur wissenschaftliche Abhandlungen schreiben.« Sie klappte den kleinen Koffer auf, den sie mitgebracht hatte, und entnahm ihm einen Stapel Notizen. »Ich überlasse Jonathan gern alles, was er von diesen Aufzeichnungen gebrauchen kann – ich frage mich allerdings inzwischen, was sie überhaupt wert sind.
Ich habe das düstere Gefühl, dass ich bewusst auf Nebengleise abgeschoben worden bin. Das ist der Grund, warum ich um dieses Treffen gebeten habe.
Ich hoffte, wenn wir unsere Köpfe zusammen-steckten, könnten wir vielleicht einige nützliche Hinweise entdecken.«
»Hm.« Andrew faltete die Hände unter dem Kinn. »Der Haken ist, dass Jon zurzeit unbedingt den Märtyrer spielen will. Das ist ausgesprochen nervig. Er geißelt sich jedes Mal gnadenlos, wenn es ihm nicht gelingt, den unerfüllbaren Ansprüchen, die er an sich selbst stellt, gerecht zu 300
werden. Wenn er nicht Atheist wäre, würde ich ihn in ein Kloster verfrachten, damit ich endlich mal Ruhe habe.«
Sie lächelte verständnisvoll.
»Was ich vorschlagen würde«, fuhr er fort, »ist ein Gemeinschaftsunternehmen – Jons Name oben, weil er das Buch schreibt, und Ihr Name darunter, weil Sie den größten Teil der Recherchen beigetragen haben. Die Prozente können Sie unter sich aushandeln, ich kann Ihnen aber auch einen unpar-teiischen Schiedsmann nennen. Wie auch immer, Sie würden einen gerechten Lohn für Ihre Arbeit bekommen. Ist Ihnen das recht so?«
»Kommt nicht in Frage«, protestierte sie. »Ich habe keine Bezahlung erwartet, als ich damals mit Jonathan Kontakt aufnahm, und ich hätte keinesfalls ein zweites Treffen vorgeschlagen, wenn ich geglaubt hätte, dass wir über Buchrechte und Tantiemen reden. Ich hatte gehofft, wir würden tun, was wir schon beim ersten Mal hätten tun sollen – unsere Informationen zusammenwerfen und schauen, wie weit uns das bringt.«
»Na, großartig«, sagte Andrew leicht ironisch.
»Jetzt sitze ich mit zwei Märtyrern da! Wir haben den Stoff für ein Buch, das einen Menschen rehabilitieren kann – und niemanden, der es schreiben will. Was schlagen Sie mir vor? Dass ich diese Besprechung vertage, bis ich einen Ghostwriter gefunden habe, der bereit ist, daran teilzunehmen 301
und sich Notizen zu machen? Oder soll ich die Idee einem anderen Agenten anbieten?«
George war eine vernünftige Person, deren einzige Affektiertheiten ein Hang zum Grimassen-schneiden und zum Kichern waren. »Ich habe da offensichtlich etwas missverstanden«, meinte sie. »Gehe ich recht in der Annahme, dass das Gemeinschaftsunternehmen weniger ein Vorschlag als ein Befehl ist? Soll ich darauf bestehen, dass mein Name auf dem Umschlag erscheint, weil Ihr Freund damit besser umgehen kann?«
Andrew nickte nachdrücklich. »Genau. Je unnachgiebiger, desto besser. Diese Selbstverleugnungs-masche tut ihm überhaupt nicht gut. Wenn er um sein Recht kämpft, ist er viel umgänglicher, als wenn er sich in bescheidener Zurückhaltung übt.«
Sie war belustigt. »Wie hoch ist sein Blutdruck?
Vielleicht ist ja bescheidene Zurückhaltung gesün-der für ihn.«
»Bestimmt nicht. Wenn er nur rumsitzt und Däumchen dreht, schießt sein Blutdruck erst richtig in die Höhe.«
»Ich bin keine Schauspielerin«, warnte George.
»Wenn Sie Wutanfälle von mir erwarten, werden Sie eine Enttäuschung erleben. Ich bin keine, die auf den Tisch haut, ich verhandle lieber.«
»Heißt das Ja?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Vorausgesetzt, Sie fragen ihn in meinem Beisein, ob er es immer noch 302
ablehnt, die Sache selbst zu übernehmen. Ich würde ihn gern mit eigenen Ohren Nein sagen hören.«
»Einverstanden. Und wenn das passiert ist, wäre ich Ihnen dann als Agent des Gemeinschaftsunternehmens recht?«
»Habe ich denn eine Wahl?«
»Aber selbstverständlich. Ich bin sicher, es gibt eine ganze Reihe Agenten, die bereit wären, Sie zu vertreten – ich kann Ihnen sogar einige empfeh-len. Schwierig wird es nur, wenn Jon lieber bei mir
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