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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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die Ewigkeit gebaut
    – heute ist doch jedes Ding nach spätestens einem Jahr hinüber.« Sie bremste ab, um ein Straßenschild zu lesen. »Poundbury Close«, meldete sie.
    Jonathan suchte mit dem Finger auf dem Plan.
    »Der Western Crescent ist die zweite rechts«, sagte er. »Gleich hier.«
    Sie setzte den Blinker und schob sich zur Mitte der Straße.
    »Erzählen Sie mir mehr über Roys Hinterlistigkeit«, forderte er sie auf.
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen«, antwortete sie nüchtern. »Er hat mich an der Nase herumgeführt, weil er nicht will, dass ich ihm auf die Schliche komme.«
    »Das können Sie nicht mit Sicherheit sagen«, warnte Jonathan.
    »Er ist vielleicht gänzlich unschuldig und hält nur die Ohren auf, weil er weiß, dass es Ihnen wichtig ist. Wenn er Ihnen nie etwas wirklich Nützliches geliefert hat, kann das auch ein Beweis dafür sein, dass er so wenig weiß wie Sie und ich.«
    George lachte spöttisch. »Das glauben Sie doch selbst nicht. Er hat mich reingelegt. Er wurde erst freundlich, als ich von meinem Interesse an Howard Stamp erzählte, da wurde er plötzlich mein bester Kumpel. Ich hätte damals schon Lunte riechen müssen.«
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    Sie fuhr langsam, um die Namen der Häuser le-
    sen zu können.
    Vor einem großen Gebäude, das aus dem Stein von der Halbinsel Purbeck erbaut war, hielt sie an.
    »Da sind wir – Hardy Mansions.«
    Es überraschte sie beide, wie einfach es war, zu der alten Dame vorzudringen. Sie hatten erwartet, dass sie sich zuerst bei einem Betreuer vorstellen müssten, doch es bedurfte nur eines kurzen Drucks auf einen Klingelknopf, neben dem »Hilda Brett« geschrieben stand, und Georges Hinweis über die Sprechanlage auf die Highdown-Gesamtschule, da wurde nach einem kurzen »Wohnung zwölf« die Tür geöffnet.
    »Sie ist viel zu vertrauensselig«, stellte George missbilligend fest, als sie dem Pfeil zu fünf bis zwölf durch einen Korridor folgten. »Sie hat doch keine Ahnung, wer wir sind.«
    »Vielleicht lebt sie gern gefährlich«, vermutete Jonathan.
    »Es wundert mich, dass das erlaubt ist.«
    »Dann rebelliert sie vielleicht dagegen, wie in einem Gefängnis zu leben«, brummelte er.
    George schnitt eine Grimasse. »Es soll doch genau das Gegenteil sein – Befreiung von Angst und Sorge.«
    »Hm, aber indem man die Unerwünschten ausschließt oder die Einwohner einschließt? Der Preis für Sorgenfreiheit kann auch zu hoch sein – Angst 326

    vor dem Verbrechen isoliert genauso wie das Verbrechen selbst.«
    George kam nicht dazu, auf diese Spitze gegen das betreute Wohnen etwas zu erwidern, denn in diesem Moment wurde die Tür von Nummer zwölf
    geöffnet, und eine hagere Frau bat sie einzutreten.
    »Hallo, hallo!«, sagte sie erfreut. »Kommen Sie herein.« Sie stützte sich auf einen Stock und trat zurück, um sie vorüberzulassen. »Das Wohnzimmer ist gleich rechts – mein Sessel ist der mit dem ge-raden Rücken und den Kissen.« Sie folgte ihnen, nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte, und musterte sie prüfend, als sie sich in ihrem Sessel niederließ. »Setzen Sie sich – setzen Sie sich.
    Machen Sie es sich bequem.«
    Jonathan setzte sich auf das Sofa, George in einen Sessel. »Vielen Dank, Miss Brett, das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte sie. »Wir haben Ihre Adresse von der Schule bekommen, aber da man dort Ihre Telefonnummer nicht hatte, beschlossen wir, auf gut Glück herzukommen, in der Hoffnung, Sie anzutreffen.«
    Die Frau, die sicherlich über die achtzig hinaus war, wirkte zart, aber die verblassten Augen waren wach und intelligent. »Sie müssen mir helfen«, sagte sie. »Ich habe offen gestanden keine Ahnung, wer Sie beide sind. Der junge Mann war offensichtlich nach meiner Zeit an der Schule, aber wann waren Sie dort, mein Kind?«
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    George verzog augenblicklich schuldbewusst das Gesicht.
    »Oh, entschuldigen Sie, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, wir wären ehemalige Schüler von Ihnen.« Sie sah die Enttäuschung im Gesicht der alten Frau. »Dürfen wir uns bekannt machen? Mein Name ist Georgina Gardener, ich bin Stadträtin für den Bezirk Highdown, wo heute noch Ihre ehemalige Schule ist, und das ist Dr. Jonathan Hughes«
    – sie wies zum Sofa –, »Schriftsteller und Dozent für europäische Anthropologie an den Universität London.«
    Jonathan stand auf und neigte sich zu der alten Frau hinunter, um ihr die Hand zu geben. »Es ist mir eine große Ehre, Miss Brett. Ich wollte immer schon eine

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