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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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bereinigten sich nicht einfach von selbst.
    »Falls es Ihnen ein Trost ist«, sagte er zaghaft, »ich habe viel Schlimmeres zu Sergeant Lovatt gesagt.
    Andrew behauptet, ich hätte ihn einen Faschisten genannt – auch wenn ich mich daran wirklich nicht erinnere.«
    »Ach, Herrgott noch mal. Es geht hier doch nicht um Sie.«
    »Um wen dann?«
    »Um Roy. Er hat mich an der Nase herumgeführt, weil er mich für eine zerstreute alte Jungfer hält.«
    321

    Sie brach ab, um den Wagen schweigend zwischen den links geparkten Autos und dem entgegenkom-menden Verkehr hindurchzumanövrieren. »Hinter Ihrer Sonnenblende steckt ein Plan von Poundbury«, sagte sie dann. »Wir brauchen die Bridport Road und dann den Western Crescent. Ich glaube, ich weiß den Weg, aber es ist zwei Jahre her, dass ich das letzte Mal hier war, und inzwischen ist so viel gebaut worden, dass sich der Verlauf der Straßen vielleicht geändert hat.«
    Er zog den Plan hinter der Sonnenblende heraus und breitete ihn auf seinen Knien aus. »Wie hat er Sie denn an der Nase herumgeführt?«
    Sie seufzte und wandte einen Moment den Blick von der Straße, um ihn anzusehen. »Ich bin nicht kritisch genug an die Informationen herangegan-gen, die ich von ihm bekommen habe. Stattdessen habe ich zwei Jahre damit verschwendet, mit Leuten zu reden, die noch weniger über Howard wussten als ich.«
    »Und deren Namen Sie von Roy hatten?«
    »Hm. Mrs. Soundso, die in den Sechzigerjahren bei Brackham & Wright gearbeitet hat und even-tuell wissen könnte, was aus Wynne Stamp geworden ist. Mr. Soundso, der immer seine Zeitung bei Roys Vater gekauft hat und Grace möglicherweise gekannt hat. Miss Soundso, die ungefähr zur selben Zeit in der St.-David’s-Grundschule war wie Howard. Ich habe bestimmt mit zwanzig Leuten 322

    gesprochen, die ganz entfernt mit der Geschichte zu tun hatten – aber keiner von ihnen wusste wirklich etwas.«
    Jonathan stemmte die Füße in den Boden, als sie keinen Viertelmeter hinter einem Schwertransporter endlich abbremste. »Ärgerlich.«
    »Ich würde es hinterhältig nennen«, sagte George, die den Bürgersteig hinaufhoppelte, um den Transporter zu überholen und links in die Bridport Road abzubiegen, während Jonathan mit stoischer Miene ins Leere starrte. Mit einer Kopfbewegung wies sie auf ein cremefarbenes Gebäude mit einem rot gedeckten Turm, das sich vor ihnen erhob. »Hier fängt Poundbury an. Waren Sie schon einmal hier?
    Kennen Sie es?«
    »Nein.«
    »Dann werden Sie eine Überraschung erleben.
    Es ist Prinz Charles’ Herausforderung an diese modernen Architekten und Bauträger, die Riesen-siedlungen mit billigen Backsteinkästen bauen, von denen einer ausschaut wie der andere, und die dafür von den Leuten auch noch Dankbarkeit erwarten. Ich meine, gibt es überhaupt jemanden, der so langweilig wohnen will?«
    Roy Trent vergaß sie vor lauter Begeisterung über die Utopie des Prinzen von Wales von einer modernen Gemeinde. Sie bestand darauf, einen Abstecher zu Phase eins des Poundbury-Projekts zu machen, einer Anlage, die noch keine zehn Jahre alt war, 323

    aber durch ihre Architektur und Gestaltung – un-regelmäßig verlaufende Straßen, eine Mischung unterschiedlicher Baustile, die Verwendung einheimischer Materialien und die Anordnung der Häuser zu Plätzen und Höfen – den Eindruck von Geschichtsbewusstsein und Dauerhaftigkeit ver-mittelte.
    Jonathan war beeindruckt, bezweifelte allerdings, dass eine ähnliche Anlage in London funktionieren würde. »Es wäre schwierig, das in eine Stadt zu übertragen«, sagte er, als sie wieder auf die Hauptstraße hinausfuhr.
    »Wieso?«, fragte George. »Meiner Ansicht nach würde das Prinzip, sich an heimische Tradition und Materialien zu halten, in Harlesden ebenso gut funktionieren wie in Dorset. Die Menschen hassen doch gerade die Monotonie, die da mit billigem Backstein und Stahlbeton geschaffen wird.
    Ein Haus sollte Ausdruck der Persönlichkeit seiner Bewohner sein, nicht ein Abklatsch des Hauses nebenan.«
    »Und was ist mit den viktorianischen Reihenhäusern?«, erkundigte er sich ironisch. »Sie wurden nach Dutzendplänen gebaut, und monotoner geht’s ja wohl kaum. In hundert Jahren sind die Leute von unseren billigen Backsteinkästen vielleicht genauso entzückt wie wir heute von ihrem Äquivalent aus dem neunzehnten Jahrhundert.«
    George lachte glucksend. »Vorausgesetzt, die Käs-324

    ten stehen in hundert Jahren noch. Die viktorianischen Reihenhäuser wurden für

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