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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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gewinnträchtigen Reisen und die glückliche Heimkehr feierten, indem sie sich gewaltig betranken, worin sie von den zahlreichen feilen Frauen der Herberge noch ermuntert wurden. Der Herbergswirt, dem bereits aufgefallen war, daß ich für Béu eine eigene Kammer genommen hatte, trat jetzt, wo sie gegangen war, zu mir und sagte:
    »Würde der Herr Ritter gern etwas Süßes haben, seine Mahlzeit abzuschließen? Eine von unseren bezaubernden Maátime?«
    Ich knurrte: »Besonders schön sieht kaum eine von ihnen aus.«
    »Oh, aufs Aussehen allein kommt es nicht an. Der Herr müssen das wissen, wo seine eigene wunderschöne Gefährtin ihm offenbar die kalte Schulter zeigt. Schönheit vermag in anderen Dingen zu liegen als in Gesicht und Gestalt. Seht Euch zum Beispiel jene Frau dort drüben an.«
    Er zeigte auf eine Frau, die ganz gewiß die am wenigsten reizvolle von allen in der Herberge gewesen sein muß. Ihre Gesichtszüge und ihre Brüste waren weich wie feuchter Ton. Ihr Haar war vom vielen Bleichen und Neufärben wie Rispengras, das zu einem spröden Heu getrocknet ist. Ich verzog das Gesicht, doch der Herbergswirt lachte und erklärte:
    »Ich weiß, ich weiß. Wenn man über diese Frau nachdenkt, sehnt man sich geradezu nach einem Knaben. Auf den ersten Blick würdet Ihr gewiß meinen, sie könnte Eure Großmutter sein. Dabei weiß ich genau, daß sie noch keine dreißig ist. Und ob Ihr es glaubt oder nicht, Gebieter – jeder Mann, der Quequelyéhua einmal gehabt hat, will sie unbedingt wiederhaben, wenn er das nächstemal wieder hier absteigt. Jeder Kunde wird bei ihr zum Dauerkunden und will von einer anderen Maatitl nichts wissen. Ich gebe mich zwar selber nicht mit ihr ab, aber man hat mir glaubwürdig versichert, sie verstehe sich auf Dinge, die einen Mann in höchstes Entzücken versetzen.«
    Ich hob meinen Topas und faßte die Schlampe mit dem verfilzten Haar und den triefenden Augen genauer ins Auge. Ich hätte gewettet, daß sie eine wandelnde Pustel der Nanáua-Krankheit sei, und daß der weibische Herbergswirt das wußte und es ihm ein boshaftes Vergnügen bereitete zu versuchen, sie arglosen Gemütern aufzunötigen.
    »Im Dunkeln sind alle Frauen gleich, Gebieter, oder nicht? Nun, Knaben auch, versteht sich. Folglich sind es andere Dinge, die zählen, oder? Bei der so überaus tüchtigen Quequelyéhua stehen die Gäste für heute nacht wahrscheinlich schon Schlange, doch ein Adlerritter hat selbstverständlich Vorrang vor einfachen Pochtéca. Soll ich Quequelyéhua für Euch rufen, Gebieter?«
    »Quequelyéhua«, wiederholte ich, da der Name eine Erinnerung in mir wachrief. »Ich habe einst ein außerordentlich schönes Mädchen namens Quequelmiqui gekannt.«
    »Kitzlig?« wiederholte der Herbergswirt und gluckste vor Vergnügen. »Ihrem Namen nach muß sie eine höchst vergnügliche Gemahlin gewesen sein. Aber diese hier sollte es eigentlich noch weit mehr sein. Quequelyéhua, Kitzler.«
    Mit einem außerordentlich flauen Gefühl im Magen sagte ich: »Besten Dank für Eure Empfehlung, aber nein, ich verzichte.« Ich nahm noch einen großen Schluck von meinem Octli. »Das dünne Mädchen, welches dort drüben in der Ecke sitzt – was ist mit der?«
    »Feiner Regen?« sagte der Herbergswirt gleichgültig. »So wird sie genannt, weil sie die ganze Zeit über weint, während sie – nun ja – zu Diensten ist. Sie ist neu hier, aber gleichfalls recht tüchtig, wie man hört.«
    Ich sagte: »Schick sie auf meine Kammer. Sobald ich betrunken genug bin, selbst dorthin zu gehen.«
    »Wie Ihr befehlt, Adlerritter. Ich enthalte mich zwar jeden Urteils über den Geschmack anderer Menschen, aber gelegentlich packt mich doch eine gelinde Neugier. Dürfte ich fragen, warum mein Gebieter ausgerechnet Feinen Regen wählt?«
    Ich sagte: »Einfach deshalb, weil sie mich an keine andere Frau erinnert die ich je gekannt habe.«
    Die Hochzeitszeremonie verlief schlicht und ruhig, zumindest bis gegen Ende. Meine vier alten Kämpen waren unsere Trauzeugen. Der Herbergswirt ließ Tamáltin für die rituelle Mahlzeit bereiten. Einige von den Frühaufstehern unter den Gästen wurden von uns eingeladen. Da Quaunáhuac die größte Gemeinde der Tlahuica ist, hatte ich einen Priester der Hauptgottheit der Tlahuica gewählt, des guten Gottes Qzetzalcoatl. Und der Priester unterließ es, nachdem er gemerkt hatte, daß das Paar, welches vor ihm stand, über das erste Grün der Jugend bereits hinaus war, taktvoll, der vorgeblich

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