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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wie beim erstenmal, aber selbstverständlich waren wir beide unerfahren – keiner von uns hätte daran gedacht, es mit jemand anders zu tun –, und so konnten wir uns gegenseitig nicht sonderlich viel beibringen. Es dauerte sogar eine ganze Weile, bis wir dahinterkamen, daß wir es auch machen konnten, wenn ich oben lag; hinterher allerdings dachten wir uns selbst etliche verschiedene Stellungen aus.
    Jetzt löste meine Schwester sich von mir und streckte sich wohlig. Unser beider Bauch war feucht: gerötet von dem bißchen Blut, welches beim Zerreißen ihrer Chitóli geflossen war, und einer anderen Flüssigkeit, meinem eigenen Omicetl, genauso weißlich wie Octli, aber klebriger. Tzitzi tauchte eine Handvoll trockenes Gras in einen kleinen Krug Wasser, den sie mir fürs Essen mitgebracht hatte, und säuberte uns beide, auf daß unsere Kleidung keine verräterischen Zeichen aufweise. Dann umwickelte sie sich wieder mit ihrem Untergewand, glättete ihre zerdrückten Oberkleider, drückte mir einen Kuß auf die Lippen, sagte »Vielen Dank« – was eigentlich ich als erster hätte sagen sollen –, schlang den kleinen Wasserkrug ins Tuch und lief fröhlich hüpfend den grasbewachsenen Abhang hinunter.
    Da und dort, meine Herren Schreiber, und auf diese Weise endeten die Wege und Tage meiner Kindheit.

IHS
S.C.C.M.
    SEINER ALLERKATHOLISCHSTEN MAJESTÄT , KAISER KARL V., UNSEREM ALLERDURCHLAUCHTIGSTEN KÖNIG UND HERRN :
    Erhabenste Majestät: aus der Stadt Mexíco, Hauptstadt Neuspaniens, entbieten wir Euch am Tage Allerseelen im Jahr des Herrn eintausend-fünfhundertneunundzwanzig unseren untertänigsten Gruß.
    Da wir Euer Majestät nunmehr auf Euer Majestät ausdrückliches Geheiß hin eine weitere Folge der Historie des Azteken senden, bittet Euer selbstredend gehorsamer, wiewohl immer noch widerstrebender Diener um Erlaubnis, Varius Geminus zu zitieren, Worte, die selbiger benutzte, als er mit einer vexata quaestio an seinen Kaiser herantrat: »Wer immer es wagt, vor dir zu sprechen, o Caesar, kennt deine Größe nicht; wer immer es nicht wagt, vor dir zu sprechen, kennt deine Güte nicht.«
    Wiewohl wir Gefahr laufen, Euch zu kränken und uns Euren Unmut zuzuziehen, ersuchen wir Euch inständig, uns Euer Einverständnis mitzuteilen, dieses verruchte Unternehmen abzubrechen.
    In Ansehung der Tatsache, daß Euer Majestät im vorhergehenden Teil des Manuskripts, welches in Eure königlichen Hände gelangte, das freimütige, ja geradezu genüßliche Geständnis des Indianers gelesen haben, sich der schändlichen Sünde des Inzest schuldig gemacht zu haben – eines Akts, der überall, in der zivilisierten wie unzivilisierten Welt gleichermaßen geächtet wird; eines Akts, welcher selbst bei so entarteten Völkern wie den Basken, Griechen und Engländern als fluchwürdig gilt; eines Akts, wie selbst die magere lex non scripta ihn untersagt, welche die Mitbarbaren des Indianers anerkennen; und derzufolge eines Aktes, nicht nur zu verurteilen, weil er begangen wurde, ehe der Sünder irgendwelche Kenntnis von christlicher Moral haben konnte – in Ansehung all dieser Gründe hatten wir zuversichtlich erwartet, daß Eure Gottesfürchtige Majestät genügend erschrocken sein würde, der Redeflut des Azteken unverzüglich ein Ende zu setzen, wo nicht gar dem Azteken selbst ein Ende zu bereiten.
    Gleichwohl, Euer Majestät getreuer Kleriker hat einem Befehl seines obersten Lehnsherrn noch nie zuwidergehandelt. Wir fügen hier das Konvolut von Seiten an, die sich seit der letzten Sendung angesammelt haben. Und werden Sorge tragen, daß die Schreiber und der Dolmetsch bei ihrer erzwungenen und verhaßten Beschäftigung ausharren und noch weitere Seiten vollschreiben, bis es unserem hochverehrten Kaiser gefällt, sie von dieser Aufgabe zu entbinden. Wir legen Euch nur ans Herz und bitten Euch, Sire, wenn Ihr Euch diesen letzten Abschnitt der Lebensgeschichte des Azteken zu Gemüte geführt haben werdet – Passagen, welche selbst in Sodom Entsetzen geweckt haben würden –, es Euch noch einmal zu überlegen, ob diese Chronik wirklich fortgeführt werden soll.
    Daß die reine Erleuchtung Unseres Herrn Jesus Christus alle Wege Eurer Majestät erhellen mögen, ist der ergebene Wunsch Eures S. C. C. M. ergebenen Sendboten.
    ( ECCE SIGNUM ) ZUMÀRRAGA
     

Tertia Pars
    Zu der Zeit, von der ich gesprochen und da man mir den Namen Maulwurf gegeben, besuchte ich noch die Schule. Jeden Tag, wenn die Sonne unterging und des Tages

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