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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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von ihr gerieben, als sie begann, sich in langsamem Rhythmus auf mir zu heben und zu senken.
    Ich war überwältigt von der Empfindung, die von meinem warm umhüllten und langsam bearbeiteten Tepúli bis in alle anderen Körperteile ausstrahlte. Der Dunst des Wassergeschmeides um meine Schwester herum schien heller zu glänzen und immer strahlender zu werden und auch mich zu umfassen. Meine Schwester hielt mehr als nur eine kleine Verlängerung meiner selbst; ich fühlte mich vollkommen von ihr aufgesogen, hineingezogen in Tzitzitlíni, in den Klang feinen Glöckchengeläuts. Mein Entzücken steigerte sich, bis ich meinte, es nicht mehr ertragen zu können. Und dann entlud es sich in einem womöglich noch köstlicheren Ausbruch, wie die Schote der Seidenpflanze, die bei Berührung aufspringt und ihre behaarten weißen Samenkörner dem Wind preisgibt. Im selben Augenblick gab Tzitzi ein tiefes, sanftes Stöhnen von sich, in dem ich in meiner Unwissenheit und selbst halb unbewußt in meinem eigenen süßen Delirium die Erlösung erkannte, die ihr zuteil wurde.
    Dann fiel sie der Länge lang schlaff über mir zusammen, und ihr langes weiches Haar fächelte über mein Gesicht. So lagen wir eine Zeitlang da, rangen heftig nach Atem, und langsam wurde ich mir bewußt, daß die sonderbaren Farben verblaßten und sich auflösten und der Himmel über mir aufgehört hatte, sich in Wirbeln zu drehen. Ohne den Kopf zu heben und mich anzublicken, sagte meine Schwester, das Gesicht an meiner Brust geborgen, ganz leise und scheu: »Bedauerst du es, Bruder?«
    »Es bedauern ?« rief ich so laut aus, daß ich eine Wachtel aufschreckte, die aus dem Gras in der Nähe aufschwirrte.
    »Dann können wir es also wieder tun?« murmelte sie, immer noch, ohne mich dabei anzusehen.
    Ich überlegte. »Kann man es denn nochmals tun?« fragte ich. Die Frage war gar nicht so lächerlich und dumm, wie sie klang; ich fragte ja aus verständlicher Unwissenheit heraus. Mein Glied war aus ihr herausgeglitten und nun wieder genauso feuchtkalt und klein, wie ich es bisher gekannt hatte. Man kann sich kaum lustig über mich machen, dafür, daß ich meinte, einem Mann werde ein solches Erlebnis vielleicht nur ein einziges Mal in seinem ganzen Leben zuteil.
    »Nicht jetzt meine ich«, sagte Tzitzi. »Die Arbeiter werden gleich wiederkommen. Aber an einem anderen Tag?«
    »Ayyo, jeden Tag, wenn wir können!«
    Sie stemmte sich mit den Armen in die Höhe und sah auf mein Gesicht hernieder, wobei ihre Augen wieder mutwillig lächelten. »Dann brauche ich dich das nächstemal nicht zu übertölpeln?«
    »Zu übertölpeln?«
    »Die Farben, die du gesehen hast, dieses Schwindelgefühl und die Benommenheit. Ich habe etwas höchst Verworfenes getan, mein Bruder. Ich habe aus dem Gefäß im Pyramidentempel einen ihrer Pilze entwendet und sie mit in deine Fischfladen verbacken.«
    Abgesehen davon, daß es eine große Sünde war, hatte sie etwas außerordentlich Gewagtes und Gefährliches getan. Wir nannten die kleinen schwarzen Pilze Teonanácatl – Götterfleisch –, was schon darauf hindeutet, wie selten und kostbar sie sind. Die Priester bezogen die Pilze unter großem Kostenaufwand von irgendeinem heiligen Berg tief im Mixtéca-Land. Sie durften nur von bestimmten Priestern und Sehern genossen werden, und das auch nur bei jenen besonderen Gelegenheiten, da es sich als nötig erwies, in die Zukunft zu schauen. Tzitzi wäre ohne Zweifel auf der Stelle umgebracht worden, hätte man sie dabei erwischt, wie sie die heiligen Pilze stahl.
    »Nein, tu das nicht wieder«, sagte ich. »Aber warum hast du es nur getan?«
    »Weil ich tun wollte, was wir gerade eben getan haben, und ich Angst hatte, du würdest dich sträuben, wenn du klar wüßtest, worum es ging.«
    Ob ich das wohl wirklich getan hätte? Ich bin mir da nicht ganz sicher. Jedenfalls widersetzte ich mich weder bei diesem ersten Mal noch bei den vielen Malen hinterher und empfand jedesmal aufs neue die gleiche Beseligung, auch ohne künstlich nachzuhelfen, ohne Schwindelgefühl und Farbenrausch.
    Im Laufe der nächsten Jahre, als ich noch zu Hause lebte, paarten meine Schwester und ich uns unzählige Male – wann immer sich uns Gelegenheit dazu bot, während der Essenspause im Steinbruch, am verlassenen Strand des Sees, zwei- oder dreimal sogar in unserem eigenen Hause, wenn unsere Eltern fort waren und unseres Wissens lange genug wegblieben. Wechselseitig lernten wir, nicht mehr ganz so täppisch zu sein

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