Der Azteken-Götze
Malereien, über deren Bedeutung er nicht Bescheid wußte. Abe Douglas war gehandicapt. Er schaffte es kaum, sich auf diese Person zu konzentrieren. Sie schwankte immer wieder und schien an ihren Umrissen zu flimmern.
Auf den dunkel geschminkten Lippen lag ein kaltes Lächeln. Die Blicke der Augen fixierten den Mann, als wollten sie ihn hypnotisieren. Aus dem Hintergrund hörte er leise Flötenmusik, untermalt von einem dumpfen Trommelwirbel.
Abe konnte sich gut vorstellen, daß dort der mächtige Götze auf sein nächstes Opfer lauerte.
Noch war ihm die Sicht versperrt, und Inez traf auch keinerlei Anstalten, um dies zu ändern. Sie blieb stehen, stellte dann eine Frage. »Du weißt, weshalb ich dich habe holen lassen?«
»Ich kann es mir denken.«
Sie behielt das Lächeln bei. »Ich habe sogar Verständnis dafür, daß du dich weigerst, darüber zu reden, weil die Furcht einfach zu tief in dir steckt, aber ich will es dir trotzdem sagen. Wir haben den Götzen mit Blut gefüttert, er hat den Lebenssaft der Menschen getrunken und geschlürft wie ein Vampir, aber es war nicht genug, um ihn zu erwecken, von seinem alten Fluch zu befreien. Eine Blutladung fehlt noch, nämlich deine. Und deshalb bist du hier. Durch dein Blut wird der Azteken-Götze endgültig zum Leben erweckt.«
Abe Douglas nickte, trotz der Kopfschmerzen. »Ja, ich habe es gehört! Ich weiß Bescheid.«
»Du hättest es dir ersparen können und Pablo Sidda nicht verfolgen sollen. Er ist einer von uns, und wir halten zusammen. Wir gehören zu den Resten des alten Volkes, das so grausam ausgerottet wurde. Doch einige haben überlebt. Sie besannen sich wieder auf ihre Herkunft, auf die alten Traditionen und dachten daran, daß die Kultur der Azteken sehr weit fortgeschritten und den meisten anderen sogar überlegen war. Der alte Glaube ist wiedererweckt worden, und aus der kleinen Flamme wurde ein Feuer.«
Sie hatte alles gesagt, es war nichts mehr hinzuzufügen, und sie deutete es auch durch ein Nicken an.
Dann trat Inez zur Seite!
Auf diese Bewegungen hatten die anderen Azteken gewartet. Als Leibwächter umstanden sie die Person, die wie eine Prinzessin wirkte und mit hoch erhobenem Haupt in die Höhle hineinschritt, ohne sich noch ein einziges Mal umzudrehen.
Dann kamen die Diener des Götzen.
Abe Douglas schaute sie an. Die Gesichter besaßen einen indianerhaften Zuschnitt. Die Augen, die Haut, die hervorstehenden Wangenknochen, all dies wies auf die Ureinwohner hin. Sie waren nicht besonders groß, aber sehr kräftig, und sie machten einen sehr entschlossenen Eindruck.
Von ihnen konnte Abe kein Mitleid erwarten.
Zu viert traten sie auf ihn zu.
Zwei weitere standen vor ihm. Sie hatten ihre Lanzen gesenkt, und die Spitzen der Waffen wiesen auf den Körper des G-man. Sie nickten nur.
Er verstand sie und setzte sich in Bewegung. Sosehr er sich vorhin kurz nach dem Erwachen gewünscht hatte, die Höhle verlassen zu können, so sehr hatte sich nun der Wunsch in das genaue Gegenteil umgekehrt. Er wäre gern noch dageblieben, aber sie ließen ihm keine Chance, packten ihn mit harten Griffen an beiden Armen an, schoben ihn vor und führten ihn hinein in die gewaltige Höhle.
Nein, es war keine Höhle, obwohl es im ersten Augenblick den Anschein hatte, weil die Wände doch sehr steil in die Höhe drückten und so etwas wie eine Schlucht oder einen engen Trichter bildeten. Es war noch nicht völlig dunkel geworden. Zwar zeigte hoch über ihm der Himmel bereits einen Grauschleier, aber noch stießen die Strahlen der Sonne in ihn hinein und ließen ihn aussehen wie einen rötlich gefärbten Teppich, den zwei gewaltige Hände über den großen Himmel gezogen hatten. Es war genau der Himmel, der sehr bald in Hammen stehen würde, wenn die Sonne mit ihren letzten kräftigen Strahlen ihn durchwebte, um dann der Dunkelheit und der Nacht Tribut zu zollen. Trotz allem war die Schlucht breit genug, um gewisse Dinge aufnehmen zu können.
Hier standen Technik und die Vergangenheit des Landes dicht beisammen.
Zwei Hubschrauber fielen ihm auf, und jetzt wußte Ahe auch, wie die Diener des Götzen es geschafft hatten, dieses Tal so schnell zu erreichen.
Die Grenze zwischen den USA und Mexiko war lang und der Luftraum kaum kontrollierbar. Wer sich auskannte, schaffte den Übertritt immer ungesehen.
Ahes Gedanken schweiften ab, obwohl er daran dachte, daß man ihm das Fliegen ebenfalls beigebracht hatte. Er hätte einen der Hubschrauber kapern und versuchen
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