Der Azteken-Götze
Blut nach dieser für ihn beklemmenden Feststellung schneller fließen, und er hörte sich selbst keuchend atmen. Etwas rieselte kalt über seinen Rücken. Wasser war es nicht, nur Schweiß, der aus den Poren drang.
Douglas richtete seinen Blick starr auf den zuckenden, schmalen Hoffnungsstreifen. Irgendwie gab er ihm Kraft, und so schaffte er es, sich auf die Füße zu stemmen.
Daß ihn der Schwindel überfiel, war klar. Er packte ihn aber und behielt sein Gleichgewicht.
Wie ein Kind, das seine ersten Schritte lernt, bewegte er sich auf den Lichtstreifen zu.
Er hatte den Blick dabei zu Boden gesenkt – und stieß gegen ein Hindernis aus dickem Holz.
Es war eine Tür!
Mit beiden Händen lehnte sich Abe dagegen, um so den richtigen Halt zu bekommen.
Die Tür konnte er nicht öffnen. Er tastete sie ab, vergaß auch die Seiten nicht und erreichte sehr bald das Schloß, das aus rostigem Metall bestand.
Wenn ein Schlüssel steckte, dann von außen. Er selbst stand dem Schloß hilflos gegenüber.
In den letzten beiden Minuten war Douglas zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, als daß er auf seine Umgebung geachtet hätte. Das änderte sich jetzt und kam eigentlich einem Zufall gleich, weil er gegen die Tür fiel, sich drehte und sein Ohr gegen das Holz preßte. Er hörte etwas.
War es ein Brummen, ein Rauschen? Waren es zahlreiche Stimmen, die sich zu einem brausenden Gesang zusammensetzten?
Mittlerweile war der FBI-Agent davon überzeugt, daß dieses Geräusch ein Gesang war, der aus zahlreichen Kehlen drang und zu Ehren des Götzen intoniert wurde.
Nein, aus eigener Kraft kam er hier nicht heraus. Er verließ den Bereich der Tür, wandte sich nach rechts, um dort den Bereich abzusuchen. Auf einem Steinboden hatte er gelegen, und auch die anderen Wände bestanden aus Fels und Stein.
Kein Ausweg!
Aber es ging weiter, denn erhörte plötzlich ein knarrendes Geräusch, das dazu beitrug, seine Kopfschmerzen vergessen zu lassen. Jetzt konzentrierte er sich nur darauf.
Jemand kam.
Jemand wollte ihn besuchen, und dieser Jemand war dabei, die Tür aufzuziehen.
Der G-man ging in die Mitte der Höhle und blieb dort stehen, wo er die Tür im Auge behalten konnte. Der Lichtstreifen auf dem Boden veränderte sich und nahm die Form eines helleren Dreiecks an, als jemand die Tür aufzog.
Abe konnte noch nicht sehen, wer es tat, er rechnete mit dem Schlimmsten – und war trotzdem überrascht, als er die Person erkannte, die praktisch auf der Türschwelle stand und von mehreren Gestalten umgeben war, die sie wie Leibwächter umstanden.
Es war eine Frau – es war Inez!
Nicht daß es Abe wie einen Schlag getroffen hätte, aber er war doch ziemlich fertig, spürte den kalten Schauer auf seinem Rücken und atmete schnaufend. »Überrascht?« fragte Inez.
»Nicht sonderlich.« Wieder stachen Schmerzen durch seinen Kopf, was Abe ärgerte.
»Wir wollten dich. Wir wollten dich schon in der Nacht. Da bist du mir entkommen. Jetzt aber haben wir dich, und es gibt für dich kein Entrinnen mehr.«
Er sagte nichts, er schaute Inez nur an, denn sie stand ziemlich günstig, weil sie vom Schein des Feuers beleuchtet wurde, so daß ihre Gestalt wie gemalt aussah.
Sie hatte sich umgezogen. Die moderne Kleidung schien sie abgelegt zu haben, wie ihre Haut, um in eine zweite, eine neue, vielleicht auch die echte schlüpfen zu können.
Sie trug jetzt ein langes Gewand, das ihr bis zu den Knöcheln reichte. Aus welch einem Material das Kleidungsstück bestand, wußte Abe nicht, aber sie hatte es eingefärbt, und bei ihr herrschten erdene Farben vor. Ein helles Braun, ein Gelb, hinzu kam ein tiefes Rot, das schon einen Stich ins Violette besaß.
Unter dem Hals und über der Brust war das Kleid halbrund ausgeschnitten. Dennoch gab es kaum eine kahle Stelle am Hals, weil die Haut durch breite Schmuckstücke aus Stein bedeckt wurde, die an einer Kette befestigt waren.
Die Schmuckstücke zeigten Ornamente, Gesichter, manchmal auch Fratzen, und das in der Mitte wies den runden Ball der Sonne auf, deren Strahlen sternförmig abzweigten und an kleine Messer erinnerten. Zudem besaß das Kleid noch Perlenschnüre und war auch mit Stickereien verziert worden.
An ihren Handgelenken bewegten sich schmale Reifen, und das Haar lag auf ihrem Kopf wie ein dunkler, zusammengedrückter Schwamm, während die Haut selbst nicht ungeschminkt geblieben war. Auf der Stirn, an den Wangen und auch am Kinn entdeckte er ungewöhnliche Zeichen und
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