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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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die historischen Ursachen, auf die Gesetzmäßigkeiten einzuwirken.«
    Und Herold weiter zum Problem der »Gegenmacht«, welche die Terroristen aufzubauen versuchten: »Deshalb werden ja auch in dem ganzen Kampf nicht nur militärische Kategorien verwendet, sondern zunehmend auch – ich spreche es ungern aus, aber die Tendenz dahin zeichnet sich ab – gleichsam völkerrechtliche Kategorien eingeführt.«
    Nachdem Otto Schily mit der Darlegung Heroldscher Thesen geendet hatte, setzte sich Baader mit der Position des BKA -Chefs Herold auseinander. Ironisch bemerkte er, daß er ja wohl das Recht habe, sich auf Herold zu beziehen, nachdem er »uns seit fünf Jahren so exzessiv verwendet, um seinen Apparat aufzublähen«.
    »Es ist Herold, der Polizist«, sagte Baader, »der um rechtliche Normen der Guerilla ringt, schließlich völkerrechtliche Normen, weil sie für seinen Machtanspruch funktional sind. Er sagt, die Tendenz ist die Verpolizeilichung des Krieges und die Verlagerung der militärischen Auseinandersetzungen nach innen. Und ich bin der Mann, der diesen Krieg zu führen hat, also gebt mir den Apparat, gebt mir das Geld, und vor allen Dingen gebt mir politische Macht. Herold ist auf der Höhe der Reaktion.«
     
    Horst Herold wurde am 21 . Oktober 1923 in Thüringen geboren. Er besuchte eine Oberrealschule in Nürnberg und machte dort Abitur. Von 1941 bis 1945 war er Soldat, erlitt 1942 als Panzerkommandant vor Woronesch eine schwere Splitterverwundung. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Erlangen und wurde 1951 mit einem völkerrechtlichen Thema zum Dr. jur. promoviert. Ein Jahr später legte er in München das große juristische Staatsexamen ab.
    1953 wurde er Staatsanwalt in Nürnberg-Fürth, 1956 Amtsgerichtsrat, 1957 Landgerichtsrat in Nürnberg. Anfang der sechziger Jahre hatte er mit einem komplizierten Scheck- und Wechselbetrugsverfahren zu tun und entwickelte dabei ein neues Ermittlungsmodell, mit dessen Hilfe er die Wege und Methoden der Täter bis ins letzte Detail nachzeichnete. Aus diesem Fall heraus wurde er im Mai 1964 als Kriminaldirektor in den Polizeidienst übernommen, wurde Vertreter des Nürnberger Polizeipräsidenten, dessen Nachfolge er am 1 . Februar 1967 antrat. Es dauerte nicht lange, da machte sich Herold durch die Einführung der Datenverarbeitung bei der Verbrechensbekämpfung einen Namen.
     
    Eines Tages meldete sich bei Herold der Adjutant des damaligen Innenministers Hans-Dietrich Genscher, Oberstleutnant Ulrich Wegener vom Bundesgrenzschutz, der später Chef der Antiterrorgruppe GSG 9 wurde.
    »Der Herr Innenminister macht demnächst eine Reise nach Mittelfranken. Kann er bei Ihnen vorbeikommen?«
    Herold, froh, seine Neuerungen an höchster Stelle zu demonstrieren, sagte: »Ja, sehr gern.«
    Der Innenminister war beeindruckt von Herolds Computerprogrammen. Dann bat der Polizeichef den Minister ans Fenster. Draußen hatte er zwei Hundertschaften Polizei antreten lassen. Leise sprach Herold in ein kleines Mikrophon: »Links um.« Und wie von Geisterhand bewegt, folgte die Truppe dem Kommando. Genscher staunte. So etwas hatte er noch nicht gesehen. Stolz erklärte Herold dem Minister seine Erfindung. Er hatte die Polizeibeamten mit neuen Schutzhelmen ausgerüstet, die im Innern einen Funkempfänger trugen. Auf diese Weise konnte ein Polizeioffizier seine Leute bei Demonstrationseinsätzen drahtlos steuern.
    Zwei Monate später wurde Horst Herold zu einer Tagung eingeladen. Der Münchner Polizeichef Schreiber war anwesend, der XY -Fernsehfahnder Eduard Zimmermann und fünfzig Polizeispezialisten. »Meine Herren«, sagte Innenminister Genscher zur Eröffnung, »wir müssen die Verbrechensbekämpfung modernisieren.« Herolds Vorstellung hatte bei Genscher Erfolg gehabt. Es wurde eine Kommission zur Reform des Bundeskriminalamts gebildet. Herold übernahm den Vorsitz. Nach einem Jahr Arbeit legte er einen dreihundertseitigen Kommissionsbericht vor, der den Vorschlag für ein elektronisches Datenverarbeitungssystem enthielt.
    Im Juli 1971 kam für Herold die große Stunde. Während eines Essens mit dem Nürnberger Oberbürgermeister wurde der ans Telefon gerufen und kam mit der Nachricht zurück: »Horst, Genscher hat angerufen. Er will dich zum BKA -Chef machen.«
     
    Am 1 . September 1971 trat Herold in Wiesbaden an. Damit war er der oberste Terroristenfahnder der Bundesrepublik. Er wollte das BKA völlig neu aufbauen. Genscher versprach ihm

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