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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Höhepunkt der Terroristenjagd fühlte Herold sich in seinem Amt oft genauso gefangen wie die bereits inhaftierten Terroristen in den Hochsicherheitstrakten. Im Unterschied zu den Terroristen, beklagte er sich, genieße er aber kein Mitleid in der Öffentlichkeit. Der Clinch, den er mit den Terroristen habe, verbinde ihn mehr mit ihnen als mit dem Rest der Gesellschaft. Wenn Leute so intensiv gegen die Verhältnisse anrannten, dann müsse das auch mit den Verhältnissen selbst zu tun haben. Seine Aufgabe sei es, im Rahmen des ihm Möglichen, unauffällig, aber wirkungsvoll, auf die Politik Einfluß zu nehmen.
    1971 , als Herold sein Amt in Wiesbaden antrat, hatte das BKA einen Jahresetat von 54 , 8 Millionen Mark und 1820 Planstellen, von denen 1113 besetzt waren. 1981 , zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Bundeskriminalamt, betrug der Etat 290  Millionen Mark, und obwohl es »nur« 3289 Planstellen gab, arbeiteten tatsächlich 3536 Beamte und Angestellte für das BKA .
    Mit der von Herold aufgebauten Datenverarbeitung stand zum ersten Mal ein System zur Verfügung, das zwei kriminalistische Wunschträume zugleich erfüllte: möglichst viel zu sammeln, also zu wissen, und die einzelnen Bausteine in kürzester Zeit zusammentragen zu können. 1979 wurden in einem Überprüfungsbericht des späteren Bundesinnenministers Baum 37  Dateien bzw. Karteien aufgelistet, in denen 4 , 7 Millionen Namen und etwa 3100 Organisationen enthalten waren. Viele davon kamen mehrfach vor. In der Fingerabdrucksammlung befanden sich die Abdruckkarten von 2 , 1 Millionen Personen. Es gab eine Lichtbildersammlung mit den Fotos von 1 , 9 Millionen Menschen. Die »Personenidentifizierungszentrale« ( PIZ ), eingerichtet nach dem Mord an Generalbundesanwalt Buback 1977 , enthielt Namen von mehr als 3500 Personen, dazu jeweils eine kurze Personenbeschreibung und die Aufzählung der vorhandenen Identifizierungsunterlagen wie Fotos, Fingerabdrücke und Handschriftproben. Darunter waren viele, die beispielsweise im Jahre 1970 des Terrorismus verdächtigt worden waren, ohne daß sich der Verdacht bestätigt hätte.
    Auch eine »Kommunekartei« legten die Beamten an, in der Daten von Wohngemeinschaften gespeichert waren, die der Polizei im Bereich der Terrorismusfahndung bekannt geworden waren. Sie enthielt rund 1000 »Objekte« und etwa 4000 Personen. In der »Organisationskartei« waren Meldungen von Sicherheitsbehörden über Initiativkreise gegen Berufsverbote, Menschenrechtsorganisationen, Soldaten- und Reservistenkomitees gespeichert.
    In der »Zentralen Handschriftensammlung« wurden rund 60   000 Schriftproben Bekannter und Unbekannter zusammengetragen, die bei einer Straftat oder bei einem Straftatversuch Geschriebenes hinterlassen hatten. Dazu kamen Schriftproben unterschiedlichster Art von Terroristen, des Terrorismus Verdächtigten und Kontaktpersonen, insgesamt 2000 . Einen wesentlichen Teil davon erhielt das BKA aus den Haftanstalten – im Rahmen der sogenannten Häftlingsüberwachung durch Übersendung der handschriftlich ausgefüllten Besucherscheine. Herzstück des elektronischen BKA -Gedächtnisses war die Datei PIOS (Personen, Institutionen, Objekte und Sachen).
    PIOS /Terrorismus enthielt Erkenntnisse über rund 135   000 Personen, 5500 Institutionen, 115   000  Objekte und etwa 74   000 Sachen. Eingegeben wurden neben Erkenntnissen aus anderen Karteien und aus der »Beobachtenden Fahndung« auch die aus dem Sondermeldedienst »Gewalttätige Störer«. Diese Meldungen enthielten nicht nur die Personalien, sondern auch nähere Angaben über den Grund der Meldung. 1979 waren darin rund 800  Personen erfaßt.
    Unter dem Stichwort »Kontaktpersonen/Häftlingsüberwachung« waren im Januar 1979 allein 6632 Personen registriert, die irgendwann einmal einen des Terrorismus Verdächtigten im Gefängnis besucht hatten, Gesinnungsgenossen ebenso wie Schulfreunde, Geschwister oder Eltern.
    Ein Computerausdruck vom 15 . Januar 1979 listete 6047 Personen mit dem Vermerk » BEFA - 7 -Kontaktperson« auf. Dabei handelte es sich zum Beispiel um Personen, die in Begleitung von Leuten angetroffen worden waren, die der »Beobachtenden Fahndung« unterlagen und selbst als » BEFA - 7 -Person« registriert waren.
    Daneben existierten beim BKA noch zahlreiche weitere Dateien aus dem Bereich der allgemeinen Kriminalität.
     
    Der Aufbau des gesamten Instrumentariums für den »Großen Bruder BKA « dauerte viele Jahre. Einige wenige der

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