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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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34. Bitte um militärische Zusammenarbeit mit Korea
    Die Plastiktüte, die am Wittenbergplatz mit der Antwort Ulrike Meinhofs auf den offenen Brief Renate Riemecks gefunden worden war, enthielt noch einen anderen Brief. Nach der Analyse des Bundeskriminalamts stammte er ebenfalls »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« von Ulrike Meinhof. Der Adressat des Briefes war durch einen Zahlencode verschlüsselt. Erst ein halbes Jahr später konnte der BKA -Beamte Alfred Klaus den Code entschlüsseln. In einer konspirativen Wohnung hatten Ermittler zwei Ausgaben des »Spiegel« gefunden, in denen der Text der »Hausmitteilung« mit Zahlen markiert worden war.
    Der Brief in der Plastiktüte trug das Datum 17 . November 1971 . Klaus besorgte sich die »Spiegel«-Ausgabe vom 15 . November und numerierte die Buchstaben der Hausmitteilung durch. In einer Zahlenreihe von 1 bis 119 markierte jede Ziffer einen Buchstaben. Der Adressat konnte entschlüsselt werden: »Die Partei der Arbeit der Volksrepublik Korea«.
    Die RAF stellte sich vor als »eine noch zahlenmäßig kleine Gruppe kommunistischer Arbeiter und Intellektueller, die begonnen hat, den antiimperialistischen Kampf in Westdeutschland und Westberlin bewaffnet zu führen. Wir meinen, daß die Organisation von bewaffneten Aktionen in der Metropole Bundesrepublik der richtige Weg ist, die Befreiungsbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika zu unterstützen, der richtige Beitrag westdeutscher und Westberliner Kommunisten zur Strategie der sozialistischen Weltbewegung, die Kräfte des Imperialismus durch Angriffe von allen Seiten zu zersplittern und zersplittert zu schlagen …«
    Der Kern des Briefes: »Wir möchten die Partei der Arbeit um Unterstützung bitten. Was wir am nötigsten brauchen, ist eine militärische Ausbildung. Wir brauchen auch Waffen. Aber während wir uns Waffen, Wohnungen, Geld und Fahrzeuge noch am ehesten selbst beschaffen können, ist es für uns extrem schwer, uns selbst militärisch – vor allem im Pistolen- und Maschinenpistolenschießen – auszubilden. Es gibt in der Bundesrepublik keine größeren unbewohnten Gebiete, wo man schießen könnte, ohne von der Polizei bemerkt zu werden.«
    Einige RAF -Mitglieder seien im Jahre 1970 bei den palästinensischen Fedayin ausgebildet, viele davon aber inzwischen verhaftet worden. »Wir glauben, daß wir unsere Arbeit, wenn wir militärisch besser ausgebildet wären, besser machen könnten.«
     
    Ob Nordkoreas Partei der Arbeit auf den Brief reagierte, ist nicht bekannt.

35. Der Tod des Georg von Rauch
    Der Hilferuf an die vermeintlichen Genossen in Nordkorea kam nicht von ungefähr, denn die Gruppe hatte kurz zuvor einen erheblichen Schlag hinnehmen müssen. Nach der Verlagerung des Aktionsfeldes zurück nach Berlin schickten Helfer aus Hamburg Ausrüstungsgegenstände per Post hinterher. Die Pakete, mindestens fünfzehn Stück, waren derart schlampig verpackt, daß Munition herausfiel. Die Beamten der Bundespost alarmierten die Polizei, und die gesamte Sendung wurde beschlagnahmt.
    Der Inhalt bestand aus sechzehn Pistolen der Marken Firebird und Parabellum, drei Schnellfeuergewehren, dazugehörigen Schalldämpfern und Zielfernrohren, 3280 Schuß Munition diverser Kaliber, zwei Handfunksprechgeräten, zehn Perücken, zahlreichen künstlichen Bärten, einem Plastikbeutel mit Autoplaketten mehrerer Bundesländer, verschiedenen Rausch- und Betäubungsmitteln in Ampullen. Außerdem wurden Uniformstücke, wie eine Uniformjacke der bayerischen Landpolizei, eine Jacke der bayerischen Grenzpolizei, die Uniformjacke eines Oberleutnants gefunden. Dazu fünfzehn Stangen Sprengstoff und sechzehn Sprengkapseln. Wenige Tage später startete die Berliner Polizei eine Großrazzia. Dreitausend Polizisten wurden in die Jagd eingeschaltet. Die Sicherheitsmaßnahmen und Personenkontrollen an den Grenzübergängen wurden verschärft. Die Polizei rief Wohnungsmakler, Hausverwalter, Tankstellen, Autowerkstätten, Schlüsseldienste und Hersteller von Kraftfahrzeugkennzeichen zur Mitarbeit auf. Besonderes Augenmerk sollte die Bevölkerung auch auf verdächtige BMW richten. Gesucht wurden nicht nur Mitglieder der RAF , sondern auch der »Bewegung 2 . Juni«.
    Die Polizeiaktion begann am 3 . Dezember 1971 . Einen Tag darauf gab es wieder einen Toten.
    Zwei Polizeibeamte in Zivilfahrzeugen und Verfassungsschützer hatten einen als

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