Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
und Raspe haben heute gemeinschaftlich die Vollzugsbeamten Münzing und Wagner angegriffen und verletzt. Sie haben weitere massive Tätlichkeiten angedroht.«
Die Verschärfung der Haftbedingungen widerspreche den von den medizinischen Gutachtern geforderten zumindest herzustellenden Haftbedingungen, sagte Schily.
Oberstaatsanwalt Zeis schoß zurück: »Der Angeklagte Baader fürchtet offensichtlich um seine Stellung als Boß der Baader-Meinhof-Bande. Wie anders wäre zu erklären, daß ein Untersuchungsgefangener, der sich bisher mit Tätlichkeiten gegen Vollzugsbeamte immer zurückgehalten hat, nun plötzlich, ein paar Tage nachdem dieser fanatisierte Klaus Jünschke einen tätlichen Angriff auf Sie, Herr Vorsitzender, unternommen hat, plötzlich dort unten gegen Vollzugsbeamte tätlich geworden ist. Offensichtlich meint die Angeklagte Ensslin, daß die Vollzugsbeamten dort unten Freiwild sind. Zur gesundheitlichen Situation der Gefangenen, Herr Rechtsanwalt Schily, kann ich nur sagen: si tacuisses … Wir haben’s ja erlebt, wie ein angeblich Isolationsgefolterter hier gewirkt hat und zu welchen Leistungen er noch in der Lage war.«
Bundesanwalt Zeis spielte auf Klaus Jünschkes Angriff gegen Richter Prinzing an. Als Beispiel für die Großzügigkeit der Haftbedingungen erwähnte Zeis, daß es Gudrun Ensslin gestattet worden war, in ihrer Zelle Geige zu spielen.
Otto Schily erwiderte: »Ja, nun – die Geige. Ich selber muß sagen: Hausmusik ist eine sehr gute Sache, und ich habe das in meinem Leben auch öfters gemacht. Aber in einer Situation, in der sich Frau Ensslin befindet, Herr Zeis, das bißchen, was mit ein wenig Geigenspiel verbunden ist, als großzügige Haftbedingung zu beschreiben, also den Zynismus hätte ich selbst Ihnen nicht zugetraut. Einer Frau, die sich nun seit Jahren in Haft befindet, die nie mehr irgendwo mit einem Stück Natur, sondern immer nur mit Beton zu tun hat, die sich in einer Gruppenisolation befindet, die Amnesty International ausdrücklich im Katalog der Foltermaßnahmen aufführt … Tagelang ohne Fenster, nur mit einer Klimaanlage, die ständig summt, Neonlicht … Aber vielleicht verfügen Sie über die Sensibilität nicht …«
Der Befangenheitsantrag gegen das Gericht wurde als unzulässig verworfen.
32. Die RAF , die Atombombe und das Schlachten kleiner Kinder
( 153 . Tag, 14 . Oktober 1976 )
Generalbundesanwalt Siegfried Buback, oberster Ankläger der Bundesrepublik, schob sich hinter den Zeugentisch.
»Wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet, daß Sie sich so rasch freigemacht haben für diese Anhörung«, begrüßte ihn der Vorsitzende. »Sie sollen darüber aussagen, ob die mit den Ermittlungen befaßten Beamten den Zeugen Ruhland, Hoff oder Gerhard Müller irgendwelche Vorteile versprochen haben für die Aussagen, die gemacht werden.«
Buback antwortete: »Der Herr Generalbundesanwalt als Behörde hat ja bereits zu diesen Fragen Stellung genommen. Ich erkläre hier als Zeuge, daß keinem der drei Genannten in irgendeiner Form Vorteile versprochen oder Nachteile angedroht worden sind oder in anderer Weise Einfluß auf den Inhalt ihrer Aussage genommen worden ist.«
Die Vernehmung des Generalbundesanwalts zog sich über den ganzen Tag hin, und so lang sie auch war, so ergebnislos blieb sie.
Zu Details konnte Buback keine Aussagen machen. Schließlich sei er als Behördenchef nicht selbst in die Einzelheiten eingeweiht. Und außerdem habe er nur eine beschränkte Aussagegenehmigung.
Andreas Baader sprach ins Mikrophon: »Ich habe hier eine Studie vom Londoner Institut für Konfliktforschung. Sie befaßt sich mit der Bekämpfung von Subversion …«
»Herr Baader, Sie unterliegen offenbar dem Irrtum, als wären die Ziele der Bekämpfung der Subversion Gegenstand der Sachaufklärung in diesem Verfahren. Wir haben es mit Mordvorwürfen gegen Sie zu tun«, unterbrach ihn der Vorsitzende.
»Mir geht es jetzt darum, diesen Hintergrund zu entwickeln. Auch die ganzen Besonderheiten des Verfahrens, wie die Eliminierung der Verteidigung, die Liquidierung von zwei Gefangenen von fünf …«
»Die ›Liquidierung von zwei Gefangenen‹ würde allein schon reichen, Ihnen das Wort zu entziehen. Ich will es nicht tun«, sagte Prinzing.
»Ein Sondergericht, ein Sonderrichter, ein besonderes Prozeßgebäude …« fuhr Baader fort.
»Hören Sie zu, Herr Baader. Sie stehen auf dem falschen Standpunkt, daß Sie hier Dinge zu entwickeln hätten, als Angeklagter
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