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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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schnellen Schritten sprang er auf den Richtertisch und stürzte sich auf den Vorsitzenden. Er umklammerte Dr. Prinzing und fiel mit ihm zusammen zu Boden. Mehrere Richter, Vollzugs- und Polizeibeamte überwältigten Jünschke. Er wurde am Boden festgehalten und schrie: »Für Ulrike, du Schwein!«
    Die Vollzugsbeamten fesselten ihn an Händen und Füßen und schleppten ihn aus dem Saal.
    »Ich bitte, Platz zu nehmen«, sagte der Vorsitzende, nachdem er seinen Stuhl wieder eingenommen und die Robe geordnet hatte. »Wir setzen die Sitzung fort. Sind weitere Fragen an den Zeugen? Ich sehe: nicht. Die Vernehmung des Zeugen ist abgeschlossen.«
     
    Jünschkes Sprung über den Richtertisch wurde 1977 in dem Urteil gegen ihn als Beweis für die »von fanatischem Haß geprägte Einstellung gegen den Staat und seine Institutionen« ausgelegt.
    Das Landgericht Kaiserlautern verurteilte ihn 1977 wegen »gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit gemeinschaftlichem schwerem Raub« zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Jünschke an dem Banküberfall in Kaiserslautern am 22 . Dezember 1971 teilgenommen hatte. Dabei war der Polizeibeamte Herbert Schoner erschossen worden. Zeugen behaupteten, Jünschke Tage vor dem Überfall in der Nähe der »Hypotheken- und Wechselbank« gesehen zu haben. Außerdem waren seine Fingerabdrücke in einer konspirativen Wohnung in Kaiserslautern gefunden worden. Daraus zog das Gericht den Schluß, Jünschke sei auch bei dem Banküberfall dabeigewesen. Daß er selbst geschossen habe, wurde auch in dem Urteil nicht behauptet. Der Revolver, aus dem in der Bank die Schüsse auf den Polizisten abgegeben worden waren, hatte die Polizei auf dem Gartengrundstück in Frankfurt gefunden, wo Jan-Carl Raspe 1972 festgenommen worden war. Welche RAF -Mitglieder außer Jünschke an dem Banküberfall noch teilgenommen haben sollten, ließ das Gericht offen. Jünschke wurde als einziger wegen »gemeinschaftlichen Mordes« verurteilt.
    Der Richterspruch gegen Klaus Jünschke gehört zu den fragwürdigsten Urteilen gegen RAF -Mitglieder überhaupt. Erst nach mehr als zehn Jahren Haft beschloß Jünschke, einen Wiederaufnahmeantrag zu stellen. Inzwischen hatte er sich von der »Rote Armee Fraktion« gelöst.
     
    Strafanzeige gegen die Untersuchungsgefangenen Baader und Raspe:
    »Am 3 . August 1976 wurde Raspe wegen fortgesetzten Störens von der Hauptverhandlung ausgeschlossen, wobei er die Aufforderungen, den Saal zu verlassen, nicht achtete. Er wurde in den Abführgriff genommen und gewaltsam aus dem Saal geführt. Raspe ließ sich widerstandslos in die Vorführ-Zelle führen, drohte jedoch dem Bediensteten Wagner mit den Worten: ›Dich kriegen wir schon, laß dich ja nicht sehen heute mittag, ich hau dir die Suppe in die Fresse.‹ Raspe unterrichtete offenbar den Gefangenen Baader von dem Vorfall. Dieser forderte kurze Zeit später aus der offenen Tür der Zelle den Hauptsekretär Münzing mit den Worten ›komm her‹ auf, zu ihm zu kommen. Auf dessen Frage, was er von ihm wolle, ging Baader auf ihn zu und sagte: ›Damit ich dir wegen vorher ein paar in die Fresse hauen kann.‹ Dabei holte er aus, um dem Bediensteten einen Schlag zu versetzen. Assistent Wagner sagte daraufhin zu Baader, daß nicht Münzing, sondern er den Gefangenen Raspe aus dem Saal geführt hätte. Ohne weitere Worte ging nun Baader auf Wagner zu. Dieser konnte zunächst den Schlägen ausweichen. Baader erhielt jedoch Hilfe durch die Gefangenen Raspe und Ensslin. Während sich die Gefangene Ensslin darauf beschränkte, in der Zellentüre zu stehen und die Beamten zu beschimpfen, griff Raspe ebenfalls die Beamten an. Während Baader und Raspe um sich schlugen, riefen sie den Bediensteten die Worte zu: ›Dich kriegen wir schon noch da oben, du Schwein.‹ Erst mit Hilfe der Polizei, die durch die ebenfalls anwesende Vollzugsbeamtin Frede herbeigeholt worden war, gelang es, die Gefangenen wieder in ihre Zelle zurückzubringen. Abschließend bedrohte der Gefangene Baader die Beamten noch mit den Worten: ›Das nächste Mal geht die Sache anders aus.‹«

31. Geige und Beton
    ( 134 . Tag, 4 . August 1976 )
    Verteidiger Otto Schily stellte den 61 . Ablehnungsantrag gegen das Gericht. Anlaß war eine vom Vorsitzenden angeordnete Verschärfung der Haftbedingungen. Der gemeinsame Umschluß der Gefangenen im siebten Stock der Haftanstalt sei bis auf weiteres ausgesetzt.
    Grund: »Die Angeklagten Baader

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