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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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jener Zeit ebenfalls über »exotische Lösungen« nach. Eine davon wurde 1982 in einem Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags bekannt. Der Ausschuß befaßte sich mit den Aktivitäten eines ehemaligen Beamten des Bundesnachrichtendienstes, Dr. Hans Langemann, der im Innenministerium des Freistaates für den Verfassungsschutz zuständig gewesen war.
    Dem Untersuchungsausschuß wurden Akten vorgelegt, die der Staatsanwalt in dessen Wohnung gefunden hatte. Darunter war eine Aktennotiz Langemanns vom 11 . November 1977 , drei Wochen nach dem Tod der Stammheimer Häftlinge, mit der Überschrift: »Operative Hinweise zum internationalen Terrorismus«. Die Aktennotiz trug den Stempel »geheim«.
    Langemann schilderte darin, daß eine seiner Quellen, »Info S.«, von einer »hier initiierten Parisreise folgende Informationen« mitgebracht habe:
    »Sein langjähriger Gewährsmann, der früher als Spitzenverbindung im BND tätige ›Petrus‹, habe ihm mitgeteilt, daß er Kontakte bis in die Führungsgruppe der PFLP des Dr. Habash habe.«
    Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, an dem nach wie vor Deutsche mitwirkten, schlage jener »Petrus« eine verdeckte Operation vor. Sie solle in drei Phasen ablaufen:
    »a) Erfassung der Planungen
    »b) Eliminierung des europäischen Führungskaders
    »c) Eindringen in den Kern der zuerst genannten Aktionseinheit und deren Liquidierung«.
    Im Schlußabschnitt seines Vermerkes schrieb Langemann: »Dem Herrn Staatsminister ist diese Vormerkung vorgetragen worden. Er hat in einer Kontaktierung des Petrus durch IF in Wien zugestimmt. Er behält sich danach vor, gegebenenfalls den Herrn Landesvorsitzenden zur weiteren Entschlußfassung zu informieren.«
    » IF « war das innerbehördliche Kürzel für Dr. Hans Langemann selbst. Staatsminister des Innern war damals Dr. Alfred Seidl, Landesvorsitzender Franz Josef Strauß.
     
    Den ganzen Tag lang liefen sich die Beamten der Schutzpolizei im Großraum Köln die Hacken ab, um weitere mögliche Verstecke zu finden. Währenddessen klärten die Kollegen von der Kripo die ihnen übermittelten sowie die ihnen selbst bekannten Objekte ab. In vier Ordnern wurden die Hinweise gesammelt und »verdeckt durchermittelt«. Die besondere Qualität des Hinweises »Erftstadt-Liblar« führte offenbar nicht zu einer bevorzugten Behandlung.
     
    Am späten Nachmittag des 8 . September wurden die Leiter der Schutzpolizeien des Regierungsbezirks Köln zu einer Besprechung in das Amt des Regierungspräsidenten beordert. Auch Schutzpolizeidirektor Biemann nahm an der Konferenz, die bis 20 . 00 Uhr dauerte, teil. Es wurde entschieden, daß die Suche nach verdächtigen Personen und Objekten auch über das Wochenende weitergehen solle. Eine Liste mit den Ergebnissen sei nach der Auswertung durch den Chef der Kripo an die Schleyer-Sonderkommission des Bundeskriminalamtes, »Soko 77 «, zu übersenden. Gleichzeitig wurde die Vorbereitung des sogenannten Exekutivschlages angeordnet. Auf dieses Stichwort hin sollten die in den Listen erfaßten Personen und Objekte in einem blitzartigen Einsatz überprüft werden.
     
    Nachtdienstmeldung Stammheim, 8 . September:
    »Keine Vorkommnisse!«

8. »Der Mensch möchte überleben …«
    (Freitag, 9 . September 1977 )
    Am Morgen des 9 . September gab es um 8 . 30 Uhr eine weitere Besprechung, auf der die Einzelheiten des »Exekutivschlages« besprochen wurden. Anschließend, gegen 10 . 00 Uhr, setzten sich der Leiter der Schutzpolizei, Biemann, und der Kripo-Chef, Kriminaloberrat Breuer, mit einigen Kollegen zusammen, um die eingegangenen Listen über Personen und Objekte abschließend durchzusehen und zu bewerten. Die endgültige Liste mit den verdächtigen Objekten war am Spätnachmittag des 9 . September endlich fertig. Damit waren mehr als 48  Stunden vergangen, seit der Polizeibeamte Schmitt den Hinweis auf das Appartement 104 im Hochhaus Zum Renngraben  8 in Erftstadt-Liblar erhalten hatte.
     
    Um 17 . 30 Uhr wurde die Aufstellung als Fernschreiben unter der Nummer 827 an den Koordinierungsstab beim Polizeipräsidium Köln abgesandt. Entgegen der vorherigen Planung sollte nicht mehr das Amt des Regierungspräsidenten die Meldungen sammeln, sondern der Koordinierungsstab.
    Das Fernschreiben war ganze drei Seiten lang und enthielt eine Auflistung von vier Kommunen, mehreren Personen aus dem linken Spektrum und einigen »Anarcho-Wohnungen«. Unter dem Stichwort »Einschlägig verdächtige

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