Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
mit dem Decknamen »Kamal Sarvati« hieß in Wirklichkeit Said Slim und saß in einem Gefängnis im Libanon.
Said Slim hatte in der Nähe der Palästinenserlager Sabra und Shatila gelebt und war dort in Kontakt zur PFLP gekommen. Nachdem er eine Zeitlang Wachdienst im Lager geschoben hatte, rief ihn die Führung der Palästinensischen Befreiungsfront 1976 nach Bagdad. Dort traf er Sousou, die Tochter der Schwester Wadi Haddads. Zwei Wochen vor der Entführung der »Landshut«, so erfuhren die in den Libanon gereisten BKA -Beamten Wolf und Simons nach zwei vergeblichen Vernehmungsversuchen, hatte Abu Hani selbst ihn angesprochen. Er solle »mit einer Frau namens Amal, die Westdeutsche ist, nach Algerien fahren«. Sein Auftrag, so gestand er den deutschen Vernehmungsbeamten am 6 . März 1997 im Gefängnis Roumieh, sei es gewesen, »Kriegswaffen, die später bei der Flugzeugentführung verwendet werden sollten, zu transportieren«. Nach Saids Geständnis, neunzehneinhalb Jahre nach der Tat, sei er in Begleitung Amals von Bagdad aus nach Algier gereist. Die Frau, die er später anhand eines Fotos als Monika Haas identifizierte, habe ihren Säugling, eine Tochter, mit auf die Reise genommen. In Algier seien die beiden von einer Palästinenserin namens Saaida empfangen und in ein Haus der PFLP gebracht worden. Diese habe Amal am nächsten Tag ein Radiogerät übergeben, in dem Waffen versteckt waren. Am Tag nach der Ankunft, so Slim, nahmen sie eine Maschine der Air Algérie und flogen nach Mallorca. Dort wurden sie von einem Palästinenser namens Jamal am Flughafen abgeholt und mit dem Auto zu einem Hotel in der Nähe des Strandes gebracht. Dort habe Amal dem Palästinenser das Radio mit den Waffen und ein paar Bonbondosen überreicht, in denen sich unter einer Schicht Bonbons ebenfalls Waffen oder Sprengstoff befunden hätten. Am nächsten Tag seien er, Amal und das Baby wieder abgereist und über Paris nach Bagdad zurückgekehrt. Er selbst habe nur das Radio und die Bonbondosen gesehen, nicht aber die darin versteckten Waffen und den Sprengstoff. Das habe er erst nach seiner Rückkehr in Bagdad von einem Mitglied der PFLP erfahren. Er habe lediglich den Auftrag bekommen, die deutsche Frau nach Algier und Palma de Mallorca zu begleiten: »Dies habe ich ausgeführt, und ich weiß nicht, ob meine Rolle der Deckung oder Kontrolle dienen sollte.«
War der Waffentransport also eine Bewährungsprobe für Amal, die der Zusammenarbeit mit dem israelischen Geheimdienst verdächtigt wurde?
Wenn es denn so war, hatte Wadi Haddad sich genau den richtigen Mann ausgesucht. Als die BKA -Beamten Said Slim im Gefängnis besuchten und von libanesischen Kollegen vernehmen ließen, hatte der gerade die Hälfte seiner vierjährigen Haftstrafe abgesessen. Sein Delikt: Spionage für den israelischen Geheimdienst. Seit wann er für die Israelis gearbeitet hatte, ließ sich nicht präzise feststellen.
Ein merkwürdiger Zufall: Zwei Personen, denen beiden nicht ganz ohne Grund Kontakte zum israelischen Geheimdienst nachgesagt wurden, waren nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft die Waffenlieferanten für die Entführung der Lufthansa-Maschine »Landshut« von Palma de Mallorca nach Mogadischu.
Nachtdienstmeldung Stammheim, 25 . September:
» 23 . 00 Uhr Medikamente an Raspe und Baader ausgegeben.«
24. Die Banken werden gesichert
(Montag, 26 . September 1977 )
Im Großen Krisenstab wurde auf Vorschlag Helmut Schmidts Einvernehmen darüber erzielt, daß die Bemühungen um die Sicherung der Banken vor Raubüberfällen weiter verstärkt werden müßten.
Nachtdienstmeldung Stammheim, 26 . September:
» 23 . 10 Uhr Medikamente an Baader und Raspe ausgegeben.«
25. Jan-Carl Raspe und das Wort »wir«
(Dienstag, 27 . September 1977 )
Die Entführer schickten an diesem Tag Briefe an verschiedene Zeitungen, Nachrichtenagenturen, an Payot und Eberhard von Brauchitsch:
»Lebenszeichen von Schleyer wird es nur noch im Zusammenhang mit konkreten Hinweisen auf den Austausch geben.« Auch wenn die Bundesregierung den Entführern das Ergebnis der Verhandlungen von Staatsminister Wischnewski vorenthalten wolle, so wüßten sie sicher, daß es Länder gebe, die zur Aufnahme der elf Gefangenen bereit seien.
Am selben Tag rief der Stammheimer Justizbeamte Bubeck bei der Sicherungsgruppe Bonn an.
»Raspe hat vor einer halben Stunde um den Besuch des Bundesanwalts Löchner und von Ihnen gebeten«, sagte er dem BKA -Beamten
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