Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
palästinensischen Flüchtlingslagern teil. Als der Libanonkrieg begann, kehrte sie auf Anweisung ihrer Eltern nach Kuweit zurück. Ihre Mutter, eine angesehene Schriftstellerin, ermunterte Souhaila, zu schreiben, um auf diese Weise politisch aktiv zu werden. Sie wurde Journalistin und machte sich in palästinensischen Kreisen bald einen Namen. Über einen Kollegen bei der Zeitung bekam sie Ende 1976 Kontakt zur PFLP , wurde Mitglied, erhielt einen Decknamen und tauchte bald in die Anonymität ab.
Schon Anfang 1977 reiste Souhaila auf Anweisung der PFLP nach Aden und wurde dort militärisch ausgebildet. Zweimal wurde sie vom Führer des PFLP -Camps, Zaki Helou, nach Hause eingeladen und traf dort auch dessen deutsche Frau Amal – Monika Haas. Sie kehrte zurück nach Kuweit, wurde aber schon im Oktober wieder nach Bagdad befohlen. Dort traf sie auf die PFLP -Mitglieder Zohair Akache, Nabil Harb und Nadia Shehada, von denen sie nur Nadia früher schon einmal an der Universität Beirut getroffen hatte. Auch Wadi Haddad persönlich zeigte sich und hielt ihr einen Vortrag über die politische Lage und die geplante Operation. Die Flugzeugentführung erhielt den Namen »operation kofr kaddum«, die Entführer selbst sollten sich als das »kommando martyr halimeh« bezeichnen. »Kofr kaddum« sei ein palästinensisches Dorf gewesen, das von israelischen Soldaten dem Erdboden gleichgemacht worden war. Der Name des Kommandos sollte an die in Entebbe gescheiterte Entführung eines französischen Flugzeugs erinnern. Mitglieder des von den Israelis erschossenen Kommandos seien zwei Deutsche gewesen, Wilfried Böse, Deckname »Mahmud«, und Brigitte Kuhlmann, Deckname »Halimeh«. So nannte sich das neue Entführerkommando »Martyr Halimeh«, und dessen Chef, Zohair Akache, sollte als »Captain Mahmoud« auftreten.
Die Pässe waren Totalfälschungen, die Namen reine Fiktion. Einzeln und mit kleinem Gepäck reisten die vier von Bagdad aus nach Mallorca. Warum gerade diese Urlaubsinsel ausgesucht worden war, erklärte sich Boock später aus den Urlaubserfahrungen mancher Palästinenser: »Ich weiß, daß die spanischen Inseln zu ihren bevorzugten Domänen gehörten. Und ich weiß, daß sie immer alle gern Lufthansa geflogen sind. Irgendeiner hat wohl über Frankfurt mal einen Urlaubsflug angetreten und sich hinterher erinnert, daß das ganz easy war.«
Die vier Kommandomitglieder verhielten sich wie Touristen und fotografierten sich sogar gegenseitig. Waffen hatten sie nicht dabei; die sollten auf einem anderen Weg nach Mallorca gebracht werden.
Erst achtzehn Jahre später erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen eine Frau und einen Mann, die sie für die Waffen- und Sprengstoffkuriere hielt. Nach den Ermittlungen der Karlsruher Fahnder hatte sich das so abgespielt: Die Aufgabe, diese Waffen nach Mallorca zu schmuggeln, habe die PFLP Monika Haas und einem Tatgenossen mit Decknamen »Kamal Sarvati« übertragen, der später als ein gewisser Said Slim identifiziert wurde. Monika Haas habe damit das ihr aus den Reihen der RAF und der PFLP entgegengeschlagene Mißtrauen wegen ihrer »Nairobi-Geschichte« entkräften wollen. Außerdem sei es eine gute Tarnung gewesen, gemeinsam mit ihrer damals knapp drei Monate alten Tochter Hanna zu reisen.
Deshalb sei Monika Haas Ende September/Anfang Oktober 1977 von Aden aus nach Bagdad gereist. Von dort aus sei sie weiter nach Algier geflogen.
Am 7 . Oktober startete Monika Haas, den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zufolge, um 18 . 45 Uhr mit einer Maschine der Air Algérie in Begleitung ihrer Tochter und des Mannes mit dem Decknamen »Kamal Sarvati« nach Mallorca, wo sie gegen 20 . 00 Uhr gelandet sei. Die Waffen, so die Anklage, habe sie unter dem Gepäck und der Kleidung ihres Säuglings sowie in Bonbondosen versteckt. Sie sei mit einem holländischen Paß auf den Namen Cornelia Christina Alida Vermaesen, geborene Trubendorffer, gereist. Schon am nächsten Morgen um 9 . 55 Uhr habe sie gemeinsam mit ihrer Tochter und »Kamal Sarvati« die Insel wieder verlassen – noch bevor das letzte Mitglied des vierköpfigen Entführerkommandos auf Mallorca gelandet war.
Monika Haas bestritt die Anklage vehement. Sie sei nie auf Mallorca gewesen, und die Waffen für die »Landshut«-Entführung habe sie auch nicht geliefert. Doch die Bundesanwaltschaft hatte nach aufwendigen Nachforschungen eine ganze Reihe von Belegen herangeschafft. So hatte die einzige überlebende Entführerin
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