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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Gefangenen im siebten Stock, allen voran Baader und Raspe, anscheinend Medikamente nach Belieben erhalten: Fortral-Zäpfchen, Optipyrin-Zäpfchen, Dolviran-Tabletten, Tradon-Dragees, Xitix-Tabletten, Paracodin-Hustensaft, Adalin-Tabletten, Dolantin-Spritzen, Novadral-Dragees, Depot-Impletol-Spritzen …
    Vor allem Adalin, Dolviran, Optipyrin und Paracodin werden, so der Untersuchungsausschuß später, »auch zur Erzeugung eines Zustandes wohliger Stimmung genommen«.
    Es war die klassische Mixtur von »uppern« und »downern«, aufputschenden starken Schmerzmitteln und Schlafmitteln.
    Schon Anfang der sechziger Jahre hatte Andreas Baader in Berlin gern eine Spezialmischung aus Dolviran-Tabletten, Barbituraten und Coca-Cola zu sich genommen. In Stammheim bekam er die Drogen von den Justizbeamten allabendlich serviert. Bei der Obduktion seiner Leiche fanden die Gerichtsmediziner später in seinem Harn Arzneimittelrückstände aller Art: Phenobarbital, Secobarbital, Salicylsäure, Salicylursäure, Pyrarolon-Derivate, Paracetamol, p-Aminophenol, Carbromal und bromhaltige Metybolite, Codein, Marphin, Pantazocin, Dihydrocodein, Nicotin und Coffein.
    Eine Bewußtseinstrübung des Gefangenen sei daraus allerdings nicht abzuleiten, erklärten die Mediziner.

32. Ein Hochhaus und eine Anwaltskanzlei werden durchsucht
    (Dienstag, 4 . Oktober 1977 )
    Gegen 2 . 00 Uhr nachts erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes Haftbefehl gegen Volker Speitel und die mit ihm im Schnellzug festgenommene Begleiterin aus Dänemark.
     
    Am selben Tag begannen Polizeibeamte, das Hochhaus »Am Kölnberg« in Meschenich zu durchsuchen. Nach zwei Tagen stießen sie auf das Appartement 1010 , das eine Cornelia B. am 1 . Juni angemietet hatte. Am 23 . September hatte sie schriftlich zum 30 . September gekündigt und als neue Adresse die »Park Lane« in London angegeben. Aus Schriftgutachten und der Vorlage von Fotos bei Angestellten der Vermietungsgesellschaft folgerten die Fahnder, daß Angelika Speitel die Mieterin gewesen war.
    Sie war die Frau Volker Speitels. Der gab angeblich erst Monate später zu Protokoll, daß er das Appartement »Am Kölnberg« als konspirative Wohnung der Schleyer-Entführer gekannt habe.
    Aber schon bei der Durchsuchung zwischen dem 4 . und 6 . Oktober legten Kriminalbeamte den Nachbarn des Appartements Fotos von Angelika Speitel vor.
    Das seit vier Tagen erfolglos observierte Auto in der Tiefgarage wurde ebenfalls an diesem Tag geöffnet – mit Hilfe einer Seilwinde, um niemanden durch die Explosion eventuell im Wagen versteckter Sprengkörper zu gefährden. Im Kofferraum fanden die Fahnder einen Manschettenknopf Hanns Martin Schleyers. Die Beamten kamen zu dem Schluß, der Arbeitgeberpräsident sei nach dem Überfall im Kofferraum dieses Wagens in das erste Versteck gebracht worden.
    An diesem 4 . Oktober wurde wieder einmal die Anwaltskanzlei Croissant in Stuttgart durchsucht. Die vorherige Durchsuchung lag eine knappe Woche zurück; anschließend war die Kanzlei versiegelt worden. Für die zweite Durchsuchung gibt es keine offizielle Erklärung. Auffällig aber ist, daß Volker Speitel in seinen Aussagen – die er angeblich erst sehr viel später machte – auf besondere Verstecke im Aktenraum der Kanzlei hinwies. Auch andere Einzelheiten seiner Vernehmung lassen darauf schließen, daß Volker Speitel bereits am 4 . Oktober mit seinen Aussagen begann.
    Er selbst, sein Anwalt und auch die Bundesanwaltschaft haben das immer bestritten. Ein früherer Aussagebeginn hätte den Verdacht erregt, Speitel könnte schon vor dem Tod der Gefangenen den Behörden mitgeteilt haben, in Stammheim befänden sich Waffen. Speitels Vernehmungsprotokolle wurden nie vollständig offengelegt.
     
    An diesem 4 . Oktober wurde Andreas Baader in Stammheim von Zelle 715 , in die er am 13 . September verlegt worden war, in seine alte Zelle 719 zurückgeordert. Einen offiziellen Grund dafür gab es nicht. Später, nach dem Tod der Gefangenen, wurde jedoch in der Fensterwand von Zelle 715 ein leeres Versteck gefunden, in das eine Pistole gepaßt hätte. Während seines Aufenthaltes in Zelle 715 hatte Baader am 23 . September seinen angeblich sorgfältig durchsuchten Plattenspieler nebst Verstärker und Lautsprechern zurückbekommen. Als er nun wieder in seine Stammzelle 719 umsiedelte, durfte er diese Geräte mitnehmen. Dabei wurden sie nicht noch einmal durchsucht. Nach dem Selbstmord fanden die Ermittler in Baaders

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