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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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selbst habe mit Ulrike darüber gesprochen und ihr zugesichert, daß er, sobald er Zeit habe, nach Sizilien fahren würde, wo die Kinder vorübergehend untergebracht worden waren.
    Horst Mahler sagte später, eigentlich habe Ulrike die Kinder in die DDR bringen wollen: »Sie wollte auf jeden Fall verhindern, daß Röhl die Kinder kriegt. Sie hatte einen maßlosen Haß gegen ihn. Sie hatte ein sentimentales Verhältnis zur illegalen KPD , in der sie und Röhl Mitglied waren. Die spätere Idee, die Kinder in ein jordanisches Flüchtlingslager zu bringen, war eine Notlösung.«
    Zum Schluß des Treffens im jordanischen Ausbildungslager kam das Gespräch auf Peter Homann.
    »Wo ist er überhaupt?« fragte Gudrun Ensslin.
    »Wir mußten ihn erst mal von euch trennen.«
    »He is an Israeli spy. Shoot him«, sagte Gudrun.
    »Das hättet ihr mir früher sagen müssen«, antwortete Abu Hassan.
     
    Außer Homann wollten noch zwei andere Mitglieder der Gruppe nicht länger dabei sein. Sie wurden aber nicht von der Polizei gesucht, und ihre Rückreise war unproblematisch.
    Wenige Tage nach dem nächtlichen Gespräch auf der Terrasse sprach Abu Hassan noch einmal kurz mit Homann über die Berliner und ihre Reise: »Sie sind als Freunde gekommen und werden entsprechend der arabischen Gastfreundschaft auch als Freunde sicher wieder hinausgeleitet.« Er werde noch ein Treffen zwischen ihm, den beiden anderen Dissidenten und der Gruppe herbeiführen, damit man gemeinsam die Modalitäten der Abreise besprechen könne.
    Die Verhandlungen in einem kleinen Hotel in Amman waren kurz. Homann wollte eigene Wege gehen.
    Die Gruppe flog nach Berlin-Schönefeld und wechselte mit der U-Bahn in den westlichen Teil der Stadt über. Die Polizei merkte nichts davon. Sie hatte nicht einmal jene Wohnungen aufgestöbert, in denen die Truppe vor der Jordanienreise Unterschlupf gefunden hatte. Die Wohnungen konnten wieder benutzt werden.
    Homann bekam von den Palästinensern einen arabischen Reisepaß, der auf den Namen Omar Sharif lautete, seinen gefälschten deutschen Reisepaß, 200   US -Dollar Reisegeld und ein Flugticket Beirut–Rom. Eine Woche nachdem die anderen in Berlin angekommen waren, passierte er am römischen Flughafen die Paßkontrolle. Er kaufte sich eine Fahrkarte und bestieg am Abend den Zug nach Hamburg.
     
    Am 17 . August 1970 um 13 . 15 Uhr legte eine junge Frau am Grenzübergang Berlin-Friedrichstraße einen französischen Paß auf den Namen Michèle Ray vor und begehrte Einlaß in den Ostteil der Stadt. Sie gab sich als Studentin aus und hatte eine Ausgabe des »Spiegel« und eine »Frankfurter Allgemeine« dabei. Daraufhin wurde sie einer Leibesvisitation unterzogen. Die Frau reagierte »erbost«, wie der Grenzer anschließend in seinem Protokoll notierte. Er stellte fest, daß »die Bürgerin« schon mehrmals in die Hauptstadt der DDR eingereist war. Auf Befragen erklärte sie, das Büro der palästinensischen Befreiungsbewegung besuchen zu wollen, und erkundigte sich bei dem Grenzer, ob er wisse, wo das sei. »Da kann ich keine Auskunft geben«, sagte der. »Dann werde ich mich bei Professor Kaul erkundigen.«
    Der Beamte notierte: »Die Bürgerin machte einen mittelmäßigen Eindruck. Sie sprach gut deutsch.« Die Zeitschriften wurden eingezogen. Ulrike Meinhof durfte passieren.
    Sie ging schnurstracks zum Zentralrat der FDJ Unter den Linden und verlangte an der Eingangskontrolle, sie zu dem hochrangigen Genossen Günther Jahn vorzulassen. Sie weigerte sich, ihren Namen zu nennen, und sagte nur, sie komme aus Westberlin und wolle eine dringende vertrauliche Angelegenheit besprechen. Wenn keine Möglichkeit zum Gespräch mit Jahn oder anderen führenden Genossen bestehe, wolle sie zum Genossen Werner Lambertz oder zu Albert Norden gehen. Beide standen ganz oben in der DDR -Hierarchie. Man schickte sie zum Sekretär des Zentralrats der FDJ , Ernst Rau, dem sie ihren richtigen Namen nannte. Rau fragte, warum sie gekommen sei. Ulrike Meinhof antwortete: »Die FDJ könnte sicher helfen, mit Genossen, mit denen man eine politische Diskussion führen kann, in Verbindung zu kommen.«
    »Wie sind Sie denn in die DDR gekommen, und wo halten Sie sich auf?«
    »Mein Aufenthaltsort ist Westberlin. Da verbergen wir uns, zusammen mit anderen Freunden.« Ihre beiden Kinder seien bei Bekannten sicher untergebracht. Sie sei mit einem französischen Paß auf den Namen Michèle Ray eingereist.
    »Es ist nicht Sache der DDR , den Widerstand

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