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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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dem Kardinalskollegium, vorstand.
    Aber bei der letzten Wahl zum Dekan des Kardinalskollegiums hatte die kleine Schar der Kardinalbischöfe den Präfekten des Heiligen Officiums und jetzigen Papst zu ihrem Dekan gewählt und nicht den Kardinalstaatssekretär. Damit war die Hierarchie im Vatikan faktisch verschoben.
    »Ihr Nachfolger, wenn auch nur vorübergehend, in der Glaubenskongregation zu sein ist eine anspruchsvolle Aufgabe«, antwortete Kardinal Sacchi.
    Der Papst schmunzelte schelmisch. Konventionen für die Galerie, bis die Machtpositionen geklärt waren. Benedikt hatte längst entschieden, dass er seinen jahrelangen Stellvertreter in der Glaubenskongregation zum neuen Kardinalstaatssekretär ernennen würde. Es war nicht anders als beim Amtsantritt eines neuen Kaisers. In die engste Umgebung durften nur Vertraute. Und es würde die Hierarchie wieder verschieben.
    »Ist die endgültige Nachfolge schon geregelt? Man hört so viele Namen.«
    »Bald – bald, lieber Sacchi. Das Heilige Officium ist eine viel zu wichtige Position, um die Nachfolge leichtfertig zu entscheiden. Gedulden Sie sich. Ich weiß, wie schwer die Bürde dieser Aufgabe wiegt«, sagte Benedikt milde lächelnd. »Auch für mich sind die neuen Aufgaben eine große Herausforderung. Ich arbeite gerade an meiner ersten Enzyklika. Ich werde sie voraussichtlich ›Deus caritas est‹ betiteln. Was halten Sie davon?«
    »›Gott ist Liebe‹! Ein weites und fruchtbares Feld«, sagte Kardinal Sacchi.
    »Ja – und schwierig. Aber lassen wir das. Wir haben anderes zu besprechen.« Papst Benedikt sah zu Monsignor Tizzani, der still und abwartend dem Gespräch folgte. »Wie hat er es aufgenommen?«
    Tizzani wiegte den Kopf. Er hatte seit seinem Gespräch mit Henry Marvin immer wieder über dessen Reaktion nachgedacht.
    »Wütend, aber wiederum gefasst. Auch entsetzt und verletzt.« Tizzani sah auf seine Hände. »Er durfte aber nichts anderes erwarten, oder?«
    »Was wird er tun?«
    »Das hat er nicht gesagt. Er sprach von Beweisen.«
    »Er ist dogmatisch.«
    Tizzani sah auf. Diese Worte aus dem Mund des Papstes zu hören, der als Präfekt der Glaubenskongregation als der Dogmatiker schlechthin bewundert oder gehasst worden war, überraschte ihn.
    ». . . und gefährlich«, warf Kardinal Sacchi ein. »Wir sollten ihn und seine Laienbruderschaft nicht aus den Augen lassen.«
    »Was halten Sie von dem Papier, das er uns überlassen hat? Sehen Sie darin eine Gefahr für die Heilige Kirche?«
    Der Papst musterte den Kardinal neugierig. Bis zu seiner Papstwahl hatte Benedikt das Papier niemandem gezeigt, nachdem Henry Marvin sich vor gut einem halben Jahr an ihn gewandt hatte. Dass Kardinal Sacchi nun den Inhalt kannte, war eine Folge der Umstände.
    Aber damit wusste Sacchi längst nicht alles, dachte der Papst. Die volle Wahrheit kannten nur er und ein ehemaliger Vertrauter, der ihn verlassen hatte. Und so würde es auch bleiben. Gott hatte ihn für diese Bürde ausersehen.

    »Es ist weitaus mehr als nur ein weiteres Mosaiksteinchen unter den vielen, die in den letzten hundert Jahren ans Licht gekommen sind. Das Thema ist unbestreitbar von Brisanz – es betrifft einen zentralen Kern. Ich meine, es darf niemals an die Öffentlichkeit gelangen.«
    Der Papst wiegte den Kopf. »Aber der Preis…«
    »Ich weiß, was Sie meinen. Marvin ist ein überziehender… Fundamentalist. Und er beherrscht die Bruderschaft. Nächste Woche wird er offiziell die Nachfolge antreten. Das ist sicher. Aber – was vergeben wir uns, wenn wir die Bruderschaft der
Prätorianer
als Orden oder Personalprälatur anerkennen? Beides sind Rechtsinstitute der Kirche, die uns helfen können, ihre Aktivitäten über zu erlassende Regeln besser zu kontrollieren.« Sacchi stieß sinnierend die Kuppen seiner Finger gegeneinander. »Gedankenspiele. Eure Heiligkeit hat anders entschieden.«
    Ja, dachte Papst Benedikt, weil ich mehr weiß als ihr alle und die wahre Gefahr bannen werde.
    Für einen Moment überspülte ihn die Verantwortung wie eine alles ertränkende Flutwelle. Doch der Gedanke, dass er vorbereitet war und diesen Marvin nicht brauchte, gab ihm Kraft. Die Panikattacke verschwand so rasch, wie sie gekommen war.
    »Ich halte mir lediglich alle Möglichkeiten offen. Diplomatie, lieber Sacchi. Zunächst einmal ist es nur ein Fragment, lediglich ein Teil einer Abschrift. Wie viel davon fehlt, ist unbekannt.« Benedikt schüttelte den Kopf. »Mögen unsere Kritiker einen vermeintlich

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