Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
zischelte Brandau und starrte Chris geringschätzig an.
    »Nein, habe ich nicht.« Chris hätte dem Priester am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Der Mann wurde mit jeder Minute unausstehlicher.
    »Koldewey ist der Vater der modernen Ausgrabung«, erklärte Ramona Söllner. »Er ist als Erster Grabungen systematisch angegangen und hat Geländevermessungen vorgenommen. Seine Vorgehensweise ist noch heute die Grundlage neuester Ausgrabungen. Er hat Maßstäbe für die moderne Archäologie gesetzt.«
    »Waren Sie im Museum?«, fragte Brandau plötzlich dazwischen.
    »Nein«, antwortete Chris.
    »Schade.« Seine Stimme triefte vor Geringschätzung. »Gerade dieses Jahr gibt es eine kleine Sonderausstellung zur Person Koldeweys und zu seinen Leistungen. Hundertfünfzigster Geburtstag. Sollten Sie sich ansehen. Erweitert die Bildung.«
    »Nun gut«, mischte sich die Professorin ein und wedelte mit der Zeichnung. »Das Kreuz ist die Stelle, wo die Tafeln gefunden wurden, die Sie loswerden wollen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Forster – woher sonst.«
    Chris streckte die rechte Hand aus, und sie gab ihm die Zeichnung zurück. Chris starrte darauf.
    »Das Kreuz ist an einer Stelle eingetragen, die mit ›EP‹ gekennzeichnet ist. Und daneben ist ein ›Z‹. Was bedeutet das?«
    »Mein Gott!« Brandau verdrehte geringschätzig die Augen.
    »Koldewey hat einen Tempel entdeckt, der einer damals unbekannten Gottheit zu Ehren erbaut worden war«, sagte die Professorin und warf dem Priester einen mahnenden Blick zu. »Deshalb ›Z‹. Heute ist man weiter. Es war ein Tempel für Ischara, die Göttin der Gerichtsbarkeit. Vielleicht sagt Ihnen der Gesetzescodex des Königs Hammurapi etwas. Babylon hatte ein ausgeprägtes Rechtssystem, gerade auch zum Schutz der Schwachen. Und sie hatten für alles Götter. Die Kennzeichnung ›EP‹ betrifft den Tempel der Gottheit Ninurta.«
    »Erzählen Sie mir, was auf den Tafeln steht.«
    Chris beobachtete den Priester, der in seinen Stimmungen zwischen Nervosität und Unduldsamkeit schwankte. Je nachdem, welches Gefühl die Oberhand gewann, rutschte er unruhig auf seinem Stuhl herum, zupfte mit den Fingern an seinem Anzug oder stöhnte unwirsch auf und verzog missmutig das Gesicht.
    »Wie könnten wir das? Zur Erinnerung: Sie haben sie.« Sie lächelte gewinnend und zupfte demonstrativ mit den gepflegten Händen am Saum ihres Rockes.
    »Sie haben eine Abschrift des Textes bekommen, haben Sie selbst gesagt.« Chris lachte auf und verhakte den Blick in ihren Augen. »Und der Text hat Sie richtig wild gemacht. Sonst hätten Sie nicht Forsters Preis akzeptiert.«
    Es dauerte Sekunden, dann erlosch der Funkenregen in ihren Augen.
    »Der galt nur für den Fall, das alles stimmt, was Forster behauptet hat…«
    »Sie bekommen es ja jetzt deutlich günstiger.«
    »Dafür muss ich die Tafeln sehen.«
    »Wenn Sie mir das Geld geben…« Chris grinste breit. »Ich sehe nirgends eine Tasche. Die Summe stopft man sich nicht einfach in die Hosentasche.«
    »Wir haben das Geld nicht hier.«
    »Schade. Ich dachte nicht, dass Sie den Deal platzen lassen wollen.«
    »Will ich auch nicht. Ich muss die Antiken prüfen, dann holen wir das Geld.«
    Natürlich mussten sie das. Bevor er nach dem Rucksack griff, sah er zu den anderen Tischen.
    Es war ein ganz normaler Einstieg ins Wochenende. Die Leute genossen die Sonne, quatschten über Alltagsprobleme und ihre dämlichen Chefs. Ein Bus fuhr langsam die Straße hinunter und hielt in seinem Rücken; und die Türen öffneten sich pfeifend.
    Er drehte den Kopf. Das Pärchen in der schwarzen Motorradkleidung stand weiter im Wartehäuschen. Der Kopf des Mannes war kahl rasiert und die Augenpartie der jungen Frau düster geschminkt. Brandau und Söllner verfolgten seinen Rundblick genau. Sie lächelte amüsiert, und der Priester schüttelte den Kopf.
    Chris griff in den Rucksack, holte eine stoßfeste Hartplastikschale heraus und öffnete sie. Brandau atmete laut aus, als Chris die zwei Baumwolltücher ausbreitete, in die er die Tontafel eingeschlagen hatte.
    »Banause«, zischte der Priester.
    »Praktisch«, erwiderte Chris.
    »Darf ich?«, fragte die Professorin.
    Alle Spielereien der vergangenen Minuten waren weggeblasen. Eben noch eine leicht spöttische, die Situation austestende Frau, war sie nun die voll konzentrierte Expertin, gefangen von der archäologischen Rarität.
    Ihre Hände schwebten über der Tontafel. Das Zucken der Finger verriet Chris die Gier, das

Weitere Kostenlose Bücher