Der Bademeister: Roman (German Edition)

nichts vergessen lassen. Ich hätte das wissen müssen. Das Chlor im Wasser muss es überdecken, das Wasser selbst tut nichts, als diese Spuren zu verdünnen, damit man sie erträgt. Die Körper sind nur der Rest dessen, was geschehen ist, die ganze Hässlichkeit, die hastigen Bewegungen, die Müdigkeit und schließlich Tod, und nur das Wasser ist immer wieder glatt und ruhig, als wäre nie etwas geschehen, als wäre nichts so hässlich, dass es sich darin nicht spiegeln könnte. Es ist sehr ruhig. Jeden Morgen ist es von neuem ruhig, das Licht fällt durch die Fenster, und das Wasser wartet: die Tage vergehen einer nach dem anderen, man muss sich davor nicht fürchten.
    Aber sie haben das Wasser abgelassen; ich selbst habe den Abfluss geöffnet.
    Sie haben die Wand absichtlich aufgebrochen. Vielleicht war es der Hausmeister. Er ist ein schwerer Mann, wenn er die Hand hebt, kann er einen anderen erschlagen. Vielleicht haben sie es eingefädelt, er und Frau Karpfe. Sie stecken unter einer Decke, Spitzel, hat Klaus, der Heizer, sie genannt. Sie wollten mich verhöhnen. Solange hier das Wasser war, konnten sie mir nichts tun.

    Vorhin bin ich die Treppen zum Nichtschwimmerbereich des Beckens hinuntergestiegen, da, wo Kacheln lose sind, grau unter dem Staub. Es müsste dort Wasser sein, auch wenn die Hände es nicht fassen, so wenig, wie sie den Staub halten können, aber ein Schwimmbecken ohne Wasser gibt es nicht. Ich habe mich geirrt. Ich bin hierher zurückgekehrt, der Bademeister muss darauf achten, dass keiner ertrinkt, und mir ist nie einer ertrunken, ich gehe am Beckenrand auf und ab, ich schlafe nicht, man muss die Augen offen halten, und wenn man das erste Zeichen gleich bemerkt, genügt ein leiser Ruf, um ein Unglück zu verhindern, und oft genügt es, laut zu sagen, was auf den Warntafeln geschrieben steht: Nicht von der Seite springen! Gesicht der Leiter zugewandt!
    Ich bin nie krank gewesen, ich habe keinen Tag gefehlt. Alles hängt davon ab, ein Unglück zu verhindern, und das Wasser hätte nie abgelassen werden dürfen. Man kann die Erde leichter verändern als einen Globus. Wäre da nicht der tote Fisch, könnte ich die vier Globen ins Becken stellen. Sie schwimmen wie Köpfe auf dem Wasser, und wenn ein Badegast vorbeischwimmt, schaukeln sie leicht, als sollten sie in den Schlaf gewiegt werden. Mein Kopf gehört dazu, es geht ganz leicht, wenn die Entscheidung einmal gefallen ist, dann saugt er sich mit Wasser voll, die meisten Gegenstände gehen unter, der Bademeister muss darauf achten, sie sinken sonst auf den Grund, man findet sie nicht mehr wieder, und seit das Wasser abgelassen ist, sind schon viele hier verschwunden, mich hatte man davongeschickt, einige Wochen lang war ich nicht an meinem Platz, ich hätte niemals gehen dürfen. Es war ein Unrecht. Vielleicht ist auch Cremer hier, faltet Schiffchen aus den Zeitungen, weil Tanja ihn darum bittet, man sagt, die Toten setzen in Booten über, sie haben Münzen in ihrem Mund, die Überfahrt zu bezahlen, doch ist das Schwimmbad dafür zu klein, ein Boot hat in einem Schwimmbad nichts verloren, das andere Ufer ist sehr weit, sie kommen doch nicht an.

    Ich hatte nicht daran gedacht, den Abfluss wieder zuzuschieben. Es ist ein großer Eisenschieber, der mit einem Haken gesichert ist, und ohne Widerstand gab er nach, so wie ich selbst ohne ein Widerwort der Anweisung gefolgt bin, das Wasser hörte, hörte, wie es davonfloß. Der Wasserspiegel sinkt, ich sehe es vor mir, die Kacheln an den Seiten sind noch voller Tropfen, das Wasser rinnt daran hinunter, wird immer weniger, ich hätte es nicht tun, hätte den Schieber nicht öffnen dürfen, nur ein paar Handgriffe, nur eine Hand, die nach dem Griff greift, mit keinem Wort habe ich protestiert, das höhnische Gesicht des Hausmeisters vor mir, die Kacheln am Rand schimmern feucht, bald ist das Becken zur Hälfte leer gelaufen, noch könnte man es aufhalten, und selbst wenn es ganz leer ist, kann man denken, dass es nur gereinigt werden solle, das alte Wasser ersetzt durch neues, durch frisches Wasser, nachdem die Kacheln, Fugen gründlich gesäubert sind und Schäden ausgebessert. Der Bademeister ist verantwortlich dafür, er kann als Einziger die Wasserqualität beurteilen, und ohne seine Zustimmung darf kein Schritt unternommen werden.

    Die Rohre werden kalt, sie ziehen sich zusammen, ich höre es am Pochen des Metalls, es klingt, als wollte mir einer ein Zeichen geben. Nein, es hat nicht an der