Der Bademeister: Roman (German Edition)
finden, ich war der Bademeister, etwas anderes habe ich nicht gelernt, mir würde keiner Arbeit geben, haben sie zu mir gesagt. Dass ich ja jetzt studieren könnte, hat der Hausmeister gespottet. Ich weiß nicht, wer ihm das gesagt hat, und es ist gemein. Vielleicht sollte ich in die Wohnung gehen, um meinen Bademantel zu holen. Auch wenn ich als verschwunden gelte und die Tür versiegelt ist, wird niemand mir verwehren, meinen Bademantel abzuholen. Der Bademeister muss einen Bademantel haben.
Ich bin hierher zurückgekehrt. Da war kein anderer Ort.
In den Keller gehe ich nicht hinunter, ich brauche die Pritsche nicht mehr, will nicht schlafen. Wenn ich einschlafe, wache ich nicht mehr auf. Die Fische schwimmen jetzt langsam. Ich fürchte mich vor ihrem Anblick. Es sind Totenfische, das wusste ich von Anfang an. Sie haben Barthaare, die auf dem Grund des Beckens schleifen.
Vielleicht kommt Tanja, vielleicht klopft sie oder ruft meinen Namen. Aber ich kann sie nicht hereinlassen, um ihr den Globus zu zeigen. Im schmalen Gang zwischen dem Keller und dem Seiteneingang riecht es nach Tod. Sie haben die Badegäste dorthin getrieben. Von draußen konnte man ihr Rufen hören, dann blieb alles still. Wer an dem Gebäude vorübergeht, dreht sich nicht um.
Die Fische hat Klaus dagelassen, die kleinen Fische sind verhungert, das Aquarium hat gestunken und war nur noch ein schwarzer Kasten. Ich wollte es reinigen, aber es ist mir aus den Händen gerutscht und zerbrochen. Doch Klaus ist nicht zurückgekommen, keiner hat danach gefragt, und jetzt werden auch die Welse sterben. Sie schwimmen langsam hin und her, so wie ich am Rand des leeren Beckens hin und her gegangen bin. Wenn einer hier ist, wird das Gebäude nicht verfallen, glaubte ich, aber ein zweiter und ein dritter Placken Putz sind aus der Wand gebrochen, die Wände halten nicht, und schließlich wird man sie abreißen. Ich bin müde. Hören Sie? Man kann den Staub nicht aufsammeln; die Hände halten ihn so wenig, wie sie das Wasser halten, und der Staub wird immer dichter, bedeckt die Kacheln schon, Staub dort, wo früher Wasser war, ein Haar habe ich gefunden, und das Flockungsmittel ist ausgegangen. Ich kann nichts tun dagegen. Dort, wo die Treppe hinauf zur Galerie führt, waren schon immer Spinnweben. Jetzt verdecken sie den Aufgang, und das Netz ist schwarz und dick. Wenn auch ich nicht mehr hier bin, werden die Spinnennetze sich weiter ausbreiten. Es ist kein Ort für Menschen. Ich habe das Wasser abgelassen, seit Monaten ist das Becken leer, was wegzutragen war aus dem Gebäude, ist weg, sogar die eine Bank hat der Hausmeister mitgenommen, ich selbst habe es auf den Karteikarten, die Frau Karpfe mir gegeben hat, eingetragen. Zwei Wochen habe ich noch bei den Wannenbädern gearbeitet, doch ist kaum einer gekommen. Neben den Wannen ist eine Kammer, da habe ich gesessen und gewartet, bis eines Tages der Brief eingetroffen ist und man mir gesagt hat, ich müsse gehen. Ich habe selbst unterschrieben, dass ich einverstanden bin, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Habe geglaubt, das Schwimmbad würde nie geschlossen, dass der Brief, den die Verwalterin mich unterschreiben hieß, sich einer Schließung des Volksbads entgegenstelle. Wenn ich unterschriebe, würde sie innerhalb von zwei Tagen Chlor und Flockungsmittel bestellen, hatte sie behauptet. Das Wasser war in keinem guten Zustand, und ich niemals krank gewesen, für eine vorzeitige Pensionierung gab es keinen Grund. Weißt du jetzt, was du unterschrieben hast? fragte der Hausmeister und lachte.
Es war am Abend; ich bin gegangen wie sonst auch, zu Cremer habe ich kein Wort gesagt und nicht zu meiner Mutter.
Ein Placken Putz ist aus der Wand gebrochen. Wir haben uns alle im Büro versammelt, abends sind alle in eine Kneipe gegangen. Dass sich alles ändern müsste, glaubte ich, und keiner würde dulden, dass man das Volksbad schließt. Aber es war ein Irrtum. Ich habe mich getäuscht. Am fünften Tag sind die anderen ohne mich gegangen und haben mich im Schwimmbad zurückgelassen. Sie wollten es geschlossen sehen. Von Anfang an war das ihre Absicht.
Keiner hat etwas gesagt. Es war ein Tag wie jeder andere. Sie haben den Tag aus der Wand herausgebrochen. Die Zeit wartet in den Wänden, wartet mit dem Verfall. Jeder Tag, seit sie das Schwimmbad in Betrieb genommen haben, ist hier aufbewahrt, wie eingemauert in die Wand, die Zeit selbst und von jedem Badegast, der hier war, der Geruch, winzige Teilchen, die
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