Der Bademeister: Roman (German Edition)
Eingangstür geklopft. Vorhin war ich noch einmal oben auf der Galerie, um auf die Straße hinauszuschauen, ich dachte, es müsse einer kommen. Haben Sie mich nicht gehört? Es war ein Irrtum. Man darf das Schwimmbad nicht schließen. Zwei Drittel der Erde bedeckt das Wasser, und wenn auf dem Globus die Grenzen nicht mehr stimmen, so ändert das nichts daran. Ich habe vier Globen, sie sind im Keller. Sie würden auf dem Wasser schwimmen. Im Keller ist auch noch etwas zu essen, Konserven und Kartoffeln, ich muss nicht verhungern, selbst wenn ich nicht mehr in die Wohnung gehe, man wird mich nicht ein zweites Mal vertreiben, und im Aquarium schwimmen die Fische, sie schwimmen langsam. Klaus hat behauptet, dass er sie isst. Mir ist nie einer zu Schaden gekommen, kein Badegast ist in all den Jahren ertrunken, sie haben Badehosen und Badeanzüge an, sie sind nicht nackt, und Tote werden vollständig angekleidet, selbst wenn man sie verbrennt. Man kann die Toten und die Lebendigen nicht verwechseln. Aber es kommt nicht darauf an, und wer hier schwimmen will, ist willkommen. Das Schwimmbad gehört jetzt mir. Die anderen verstehen nichts davon. Keiner ist hierher zurückgekehrt, und jetzt geht der Tag zu Ende, es wird kalt, und morgen schon kann das Wasser eingefroren sein. Ich weiß nicht, was aus dem alten Bademeister geworden ist, er ist hingestürzt, das Blut habe ich aufgewischt, die Lappen zur Mülltonne getragen, und die Mülltonnen sind groß, groß genug für die Bettwäsche meiner Mutter und für vieles mehr. Seit Tagen sagt hier keiner etwas, keiner sagt mir Guten Morgen, Cremer hat mich nicht gesucht, und Klaus ist nicht zurückgekehrt, um seine Fische zu füttern, die kleinen Fische sind gestorben, sie stinken sehr, der böse Geruch vermischt sich mit den Jahren, und wenn die Rohre platzen, dann wird Abwasser alles überfluten. Ratten habe ich gesehen, sie hausen in den Abflüssen, sie tragen den Gestank von einem Ort zum nächsten, vielleicht fressen sie die Toten, vielleicht suchen die Schatten deshalb einen Platz oben auf der Galerie.
Wer weiß, was in den Mauern ist. Aus Stein sind sie nicht. Vielleicht ist es nur Stroh und Gips. Ich glaubte, das Schwimmbad könne nicht verfallen. Vielleicht wollen sie, dass es verfällt, damit keiner entdeckt, was in den Mauern versteckt ist. Als das erste Stück Putz aus der Mauer brach, war der Hausmeister in der Halle, hat den groben Dreck selbst zusammengekehrt. Ich hätte Verdacht schöpfen sollen. Sie hatten es wohl eilig wegzukommen und haben mitgenommen, was brauchbar schien. Tagelang war Frau Karpfe in ihrem Büro damit beschäftigt, die Schränke auszuräumen. Ich weiß nicht, was in ihrem Büro war, seit ich zurückgekehrt bin, habe ich es nicht betreten. Sie hat mir mitgeteilt, dass ich entlassen bin; vor ihr auf dem Tisch lagen Papiere, und hinter mir stand der Hausmeister. Die Lampe blendet mich, Sie haben keinen Grund, mich zu verhören. Vielleicht hört mich niemand? Warum kommt keiner, um mich zu verhaften? Frau Karpfe hatte im Büro ein kleines Schränkchen an der Wand befestigt, das niemals offen stand. Sie nehmen auf, was wir hier sprechen, hat Klaus mir zugeflüstert. Die Fische hat er hier gelassen und wusste doch, dass sie verhungern müssen. Vielleicht hat er mich belogen? Es ist so still, die Heizungsrohre pochen, ich höre meine Stimme nicht mehr, kalt sind die Fliesen, die Kacheln im Becken täuschen, kein Wasser, im Staub sehe ich Trittspuren, es werden immer mehr, als würden sich alle hier versammeln, Kinderfüße, Männer, Frauen, Schuhe zu tragen ist verboten, mein Vater hatte den Keller voller Schuhe, den alten Bademeister haben sie getreten, ich habe das Blut aufgewischt. Manchmal blieben am Abend zwei verschwunden, wenn ich das Bad schließen wollte. Ich habe gehustet und gewartet, bis sie aus der Auskleidekabine herauskamen, verlegen oder lachend, denn Männer dürfen die Frauenkabinen nicht betreten. Ich habe derlei nie unterstützt, und wenn der Hausmeister das behauptet, lügt er. Ich bin allein geblieben. Die anderen sind gegangen, und keiner ist zurückgekommen.
Aber das soll ihnen nichts helfen, und wenn das Gebäude verfällt, ist ihre Zeit um. Die Jahre, die sie hier verbracht haben, haften wie der Staub auf den blauen Kacheln, und wenn ich das Becken wieder fülle, wird er davongeschwemmt. Die Schuhe haben sie nicht ausgezogen, glaubten, dass sie die Regeln missachten dürfen, über mich haben sie gespottet, weil ich die
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