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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Wochen lang. Da fällste vom Glauben ab. Da fehlen dir die Worte.«
    »Und wie lange bleibt er gewöhnlich aus?«, fragte Emma.
    »Na ja, so einen Tag lang ist er immer unterwegs.« Dann lächelte er unversehens.
    »Aber er kommt immer zurück. Er sagt, er liebt mich. Das sagt der wirklich, der ist total bescheuert. Da fällt dir nichts mehr ein.« Dann fiel ihm auf, dass da vier zivilisierte Mitteleuropäer was von seinem Juppes wollten, und er fragte misstrauisch. »Wieso? Was wollt ihr denn?«
    »Mit ihm reden«, sagte Rodenstock knapp. »Über alte Zeiten.«
    Er lief krebsrot an. »Das nicht auch noch. Den kannste dann doch nicht bremsen, Mann, das wird doch ein Quatschmarathon.«
    »Geht nicht anders«, sagte Rodenstock. »Also Daun, also die Sparkasse.«
    Wir hockten uns in Emmas Wagen und fuhren los. Ein alter Mann war nicht zu sehen, aber schließlich konnte er in irgendeinem Laster hocken und sich die Hände reiben.
    In Daun vor der Kreissparkasse stand eine Frau vor einem Mann und sagte mit sehr kräftiger Stimme: »Wenn er kommt, packen Sie ihn in ein Taxi. Geht auf meine Kosten, geht alles auf meine Kosten. Der Alte macht mich fertig, der macht mich total fertig.«
    »Das ist ja richtig süß bei den Eingeborenen hier«, gurrte Esther.
    Rodenstock beobachtete die Szene und sagte: »Der Alte wird warten, bis seine Tochter weg ist. Ich wette, der ist längst hier und spinxt durch irgendwelche Büsche. Immer mit der Ruhe.«
    Die Bäuerin zog nach einer Weile ab und gab ihrem alten Mercedes Diesel die Sporen. »Verteilen wir uns. Wir brauchen einfach nur einen sehr alten Mann finden. Wahrscheinlich schleicht er durch die Stadt wie ein Indianer.«
    Ich hatte schon immer ein Herz für alte, ekelhafte, witzige, nervende Leute und überlegte, wie der alte Juppes sich wohl anschleichen mochte. Wenn er gut war, kam er nicht durch den Haupteingang, sondern durch den Eingang am Parkplatz im Hof.
    Aber wie kam er dahin? Durch die Bürgerhalle Forum? Wohl kaum. Aber ...
    »Ich geh mal hinters Forum«, sagte ich. »Ich habe da eine Idee.«
    Er hatte es sich einfach gemacht. Er war an der Längsseite des Forums zu den Parkplätzen gegangen. Da gab es einen alten, schmalen, selten benutzten Zugang auf den Hof der Kreissparkasse. Da saß er in der Morgensonne auf einem niedrigen Mäuerchen, blinzelte zufrieden und verhielt sich still. Er trug einen uralten braunen Anzug und dazu ein himmelblaues Hemd sowie derbe Arbeitsschuhe.
    »Guten Morgen, Juppes«, eröffnete ich das Gespräch.
    Er warf mir einen Blick zu, als könne er meinen Anblick nicht ertragen.
    »Ja?«, sagte er. Und dann: »Ja, und?«
    »Nichts«, tat ich unschuldig. »Ich wollte nur grüßen.«
    »Von meinem Schwiegersohn, dem Lappes«, stellte er kühl fest. »Weißte, das ist so: Alle sagen, ich habe einen Sprung in der Schüssel, also einen Riss in der Birne. Dabei will ich bloß auf die Kass, hundert Mark abholen, Stumpen kaufen und wieder heim. Die sagen alle, ich war zu alt, mein Kopp macht nicht mehr mit. So wat eben. Aber mein Kopp ist noch in Ordnung, also wolln wir ma sagen, et geht noch. Manchmal vergesse ich was, aber selten.«
    »Wie bist du denn von Gerolstein hierhingekommen?«
    »Mit Lava-Scherer. Da gibt es einen Fahrer, dem tu ich schon mal ein Fünfzig-PfennigStück zustecken. Da nimmt er mich mit. Jetzt muss ich aber los. Gehste auch auf die Kass?«
    »Ich gehe auch auf die Kass.«
    Wir querten den Hof, wir gingen durch die automatischen Türen, wir stiegen langsam die Treppe hinauf. In der großen Halle standen wie ein Erschießungskommando Rodenstock, Emma, Esther und neben ihnen Karl-Heinz Kirwel.
    »Ich bin hier gern«, sagte Juppes zufrieden. »Hier ist immer wat los, hier triffste Leute von früher.«
    Da war auch die Petra Müller hinter dem Schalter und starrte mich wegen des alten Juppes etwas erstaunt an. Ich sagte lautstark: »Juppes will nix anderes als hundert Mark von seinem Konto.«
    »So ist dat!«, nickte Juppes.
    »Ja, aber... «
    »Ich weiß«, sagte ich und trat leicht neben den Tisch. Ich legte ihr dort einen Hundertmarkschein hin. »Geben Sie uns bitte die hundert Mark, wir wollen nämlich noch Stumpen kaufen!«
    Weil sie eine aufmerksame junge Dame war, machte sie einen Vorgang daraus, ließ den alten Juppes seinen Namen auf irgendein Stück Papier setzen und reichte ihm den Schein.
    »Ist denn mit meinem Konto alles in Ordnung?«, fragte Juppes besorgt.
    »Alles in Ordnung«, versicherte sie liebreizend. Sie war die

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