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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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die sie nicht hat.«
    Er war zehn Zentimeter kleiner geworden. Er sagte: »Ich habe mir das so gedacht. Darf ich das eine Weile überlegen?«
    »Sie sollten die Weile nicht ausdehnen«, sagte Rodenstock.
    Schmitz stand auf, umrundete den Teich und hockte sich unter eine Birke. Er hatte ohne Zweifel eine schwere Entscheidung zu treffen.

4. Kapitel
    Eine Stunde später saß er noch immer dort, und wir hockten um den Gartentisch und plauderten belangloses Zeug. Er machte es sich nicht einfach, er hockte unter der Birke, betrachtete diese kleine Welt und war unschlüssig. Er würde Schwierigkeiten bekommen, er würde in jedem Fall Schwierigkeiten bekommen - egal, wie er sich entscheiden würde. Wahrscheinlich würde ihn der Aufsichtsrat für zwei oder gar mehr Jahre von jeder Beförderung ausschließen - als Mittel einer idiotischen Pädagogik, die darauf hinausläuft, dass eine Handvoll Männer sich das Recht einräumt, alles in dieser Welt besser zu wissen und sich gleichzeitig auszuschließen von jeder Selbstkritik.
    Dann stand er auf, klopfte sich den Staub vom Anzug, stellte sich gelassen den beiden Frauen vor und sagte: »Da ich es nicht aufhalten kann, will ich meine Tochter unterstützen. Sie soll diese Arbeit schreiben.« Dann grinste er diabolisch. »Und falls man mich deswegen von meiner Karriereleiter fallen lässt, werde ich das tun, was ich immer schon mal tun wollte: Ich werde ein Restaurant eröffnen oder eine hübsche Kneipe oder ein Restaurant mit einem kleinen Hotel.«
    »Das würde Gerolstein verdammt guttun«, sagte ich. »Dürfen wir Ihre Tochter jetzt kommen lassen?«
    »Ja, das wäre gut. Oder, nein, warten Sie. Ich rufe sie an und sage ihr, dass ich hier bin. Was halten Sie übrigens von diesem Ingbert?«
    »Wer soll antworten?«, fragte Emma und grinste wie ein Gassenjunge. »Eine Frau«, bat er und grinste zurück.
    »Tja, ich denke also, dass er sehr nett ist und sehr wissenschaftlich und sehr gründlich. Aber er ist leider so aufregend wie ein Handy im Eisfach. Und das könnte angesichts Ihrer Tochter heißen, dass er sie nach spätestens einem Jahr nur noch tödlich langweilt, dass sie geht, einfach ausbricht. Aber da sollten Sie noch eine andere Komponente beachten: Wahrscheinlich will er sie gar nicht zur Ehefrau und ist nur viel zu höflich, das zu sagen.« Emma war außerordentlich erfreut, dieses Urteil abgeben zu können, sichtbar machte es ihr Spaß, und wenn sie sich die Hände gerieben hätte, wäre ich nicht verwundert gewesen.
    In die entstehende Stille sagte Rodenstock in seiner unnachahmlich gelassenen Art: »Ich betrachte Sie mit durchaus väterlichem Wohlwollen. Sie haben entschieden, Ihrer Tochter zu helfen. Was bedeutet denn das?«
    Er grinste wie ein Gassenjunge. »Es wird ohne Zweifel Schwierigkeiten geben. Man wird mir zu verstehen geben, dass ich nicht in der Lage bin, eine aufsässige Tochter zu stoppen. Wahrscheinlich wird man mir andeuten, dass ich der Stadt schade, auf jeden Fall schade.«
    »Was bedeutet das praktisch?«, fragte Rodenstock.
    »Es wird alles nicht mehr so einfach sein.« Er lächelte. »Ich muss offensiv werden. Ich muss sagen, dass wir diese Geschichte ausbuddeln sollten, dass der Plan meiner Tochter eigentlich gut ist. Mit anderen Worten: Ich muss klarmachen, dass es aus ist mit Verschweigen, Verstecken, Verschleiern.«
    Rodenstock nickte bedächtig, Emma legte ihm die Hand auf den Arm und fragte sehr aggressiv: »Wenn ich das richtig verstehe, dann wissen Sie etwas?!«
    Er sah sie an und nickte ganz einfach. »Es geht um so etwas wie Herrschaftswissen.«
    »Herrschaftswissen?«, fragte sie weiter. »Heißt das, dass bestimmte elitäre Köpfe der Stadt schon immer wussten, was damals gelaufen ist?«
    »Ob sie etwas Genaues wussten, kann ich nicht sagen, denn niemand hat sich je die Mühe gemacht, nach Akten oder Unterlagen zu suchen. Aber es stimmt, dass darüber beim Biertrinken, bei Feuerwehrfesten, bei Junggesellenfesten, bei der Kirmes gesprochen worden ist. Nicht im Sinne der Weitergabe von schrecklichen Geheimnissen, aber im Sinne einer amüsanten Geschichte aus längst vergangenen Tagen.«
    »Und wer bitte«, ich hatte Mühe, mich zu beherrschen, »hat Tutut umgebracht?«
    »Nach Lage der Dinge war es wahrscheinlich der Richter. Und es war kein hochpolitisches Spiel, es war eine Liebesgeschichte.«
    »Hah!«, sagte Esther rauchig. »Und wahrscheinlich spielt eine uneheliche Schwangerschaft eine Rolle und solche Dinge. Habe ich recht? Lassen

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