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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Jungvolk der Sozialdemokraten, jetzt zweiundvierzig Jahre alt und mit der tiefen Überzeugung gesegnet, dass das Band zwischen den Grünen und den Christlichen irgendwann viel reißfester sein wird, als jemand vor zwanzig Jahren je hatte hoffen können.
    »Herr Baumeister«, hauchte er, »wie schön, dass ich Sie endlich erreiche. Wie geht es Ihnen? Das Wetter ist heute zumindest ja fabulös. Also, ich genieße dieses Land in der Sonne. Ich war gestern mit meiner Frau im Wald. Ich sage Ihnen, uns ist das Herz aufgegangen. Plötzlich sieht man all die kleinen Blumen am Wegrand, die man sonst niemals gesehen hat. Also, wie geht es Ihnen?«
    Was, um Gottes willen, soll man auf einen solchen Schmonzes denn nur antworten? »Also, mir geht es gut. Ich nehme an, dass wir die Ermittlungen zum Tod des Zigeuners vor einhundertelf Jahren einstellen sollen, wenn ich Sie richtig verstehe.« Eine Weile schwieg er, dann kam es sotto voce: »Also, das liebe ich so an Siggi Baumeister: Immer geradeheraus, kein Blatt vor den Mund, immer sofort sagen, was ansteht. Ach, wenn es doch in der Politik genauso wäre, dann wäre ich ein glücklicher Mann. Also, sagen wir mal so: Man macht sich Sorgen.«
    »Man gibt es nicht. Wer genau macht sich Sorgen? Und worüber?«
    »In Kreisen der Politik würde ich mal sagen. Wir wissen ja alle, der Siggi Baumeister kriegt letztlich alles raus. Und da könnten ja ... also, ich würde mal formulieren wollen, dass da Schatten auf die Stadt fallen könnten.«
    »Was, zum Teufel, denn für Schatten?«
    »Also, Ihnen kann ich es ja sagen. Man fürchtet Enthüllungen!« Das kam schneidig, das war der Frontoffizier in den leidigen harten Friedenszeiten.
    »Besonders junge Leute erregt das.«
    Das verschlug mir allerdings die Sprache. »Wieso denn das? Wieso regen sich junge Leute auf? Und wer sind diese jungen Leute? Ich will Namen.«
    »Kann man nicht nennen. Es sind junge, aufstrebende, honorige Leute, die meinen, da geschieht etwas zum Schaden der Stadt.«
    »Frings, verdammt noch mal. Wir untersuchen einen Mord oder einen Totschlag, nichts anderes. Das Ereignis ist hundertelf Jahre alt, der Erschlagene war ein Zigeuner und wurde verscharrt. Es gibt keine Anhaltspunkte, die auf einen bestimmten Täter hindeuten. Was, um Gottes willen, soll diese Drohung?«
    »Ich drohe Ihnen doch nicht. Ich drohe doch nicht Siggi Baumeister.«
    »Frings, verdammte Hacke, was soll dieser Baumeister denn tun Ihrer Meinung nach? Und reden Sie nicht so geschwollen daher.«
    »Hören Sie ganz einfach auf, dem Fall nachzugehen. Das ist meine Empfehlung. Es gibt sonst eindeutig böses Blut.«
    »Das ist wirklich nicht zu fassen!« Ich drückte wütend die Aus-Taste. »Wir sollen aufhören, ein paar Politiker wollen das.«
    »Damit war zu rechnen«, nickte Rodenstock einfach. »Wieso war das eine Liebesgeschichte, und wer liebte da wen? Und wieso wurde Tutut dann erschlagen? Verdammt noch mal, wir kennen die mögliche Besetzung des Stückes, aber wir können die Darsteller nicht hören, wir kennen keine einzige Textzeile.«
    »Das ist nicht ganz wahr«, murmelte Emma. »Wir wissen, dass Tutut erschlagen wurde. Und wir wissen, dass er Briefe zwischen Liebenden hin und her trug, und wir wissen, dass er wahrscheinlich viel wusste. Aber diesmal hat er zu viel gewusst, diesmal ging es schief. Das ist ziemlich sicher, oder?«
    »Ich bin ungeduldig«, Rodenstock lächelte sie an. »Du kennst mich, ich bin einfach nervös, weil Tutut mich interessiert.«
    »Schon gut, mein Lieber. Vielleicht lesen wir alle ein gutes Buch oder irgendetwas in der Art.«
    Sie hatte recht. Ich zog mir also die kurz abgeschnittene Jeans an, die mich so ungemein erotisch macht, weil sie meine weißen, krummen Beine so dekorativ zur Geltung bringt und meine Wampe so ehrlich macht. Dann schlüpfte ich in die Gummistiefel, pumpte mir vom Nachbarn Rudi Latten die Sackkarre und begann, die Grauwackersteine und die roten Basaltbrocken Stück für Stück an den Teichrand zu karren. Nach zwanzig Minuten lief mir der Schweiß in Strömen den Körper hinunter, und ich bildete mir ein, meine beachtlichen Rettungsringe im Minutentakt schwinden zu sehen - ein herrliches Gefühl.
    Esther verschwand im Haus, kehrte in schneeweißen Shorts von Briefmarkengröße und einem kaum zu erkennenden Top zurück und sagte: »Das ist ein Friedensangebot, ich werde dir helfen.«
    »Aber nicht barfuß!«
    »Aber ich habe nichts an Schuhen für so was.«
    »Aber ja doch, du hast dir doch

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