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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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im Besitz einer gewissen Familie Mehring, Vorname Gustav, Beruf Bauer, in Büscheich. Aber der rückt nichts heraus, der ist ein angeblich knauseriger, ekelhaft unfreundlicher Mensch, der das alles in einer eisernen Kassette aufbewahrt und jedesmal, wenn er betrunken ist, droht: Wenn ich auspacke, ist ganz Gerolstein im Arsch!«
    »Großer Orden an Ingbert und Vater Schmitz«, sagte ich. »Kann ich jetzt den Brief einmal haben?«
    »Natürlich«, nickte Ingbert und gab mir den Brief. »Ich mache darauf aufmerksam, dass wir vielleicht unsere Gruppe hier teilen sollten, damit wir möglichst schnell weiterkommen. Denn in Gerolstein bin ich von einem jungen Mann angesprochen worden, der ziemlich aggressiv war und mir drohte, wenn ich weiter recherchiere, bekomme ich... na ja, er hat mir Prügel angedroht. Ein ungemein roher Mensch.«
    »Das wird ja richtig heiter«, sagte Esther. »Da brauche ich mich gar nicht umziehen, dann kann ich gleich mitprügeln.« Sie war dreckig wie eine Sau im Pfuhl, aber sie fühlte sich sichtlich wohl.
    »Du wirst dich nicht prügeln«, sagte Emma mild. »Ich gebe dir ein Maschinengewehr und zusätzlich einen Flammenwerfer - dann brauchst du keine Diskussion mehr zu befürchten.« Sie setzte hinzu: »Ich finde es erstaunlich positiv, wenn sich eine Neurotikerin aktiv am Arbeitsleben beteiligt. Du hast eben zwei Mercedes-Aktien gewonnen.«
    Esther entgegnete nichts, Esther wurde rötlich und senkte den Kopf.
    »Also, lasst mich den Brief vorlesen«, sagte ich. »Berthold Schmitz schreibt ausschließlich in Rechtschreibfehlern, schreiben war nicht seine Welt. Ich lese die Fehler nicht mit. Der Brief lautet:
    Hochwürdigster Herr in meiner Heimat!
    Das Land hier ist reich und fett. Und wenn wir daheim in der Eifel nur eine Ernte haben, so haben wir hier derer zwei oder drei. Der Mais steht dicht und hoch. Es gibt hier in der Nachbarschaft viele Menschen aus dem Deutschen Reiche, und wenn wir zur Kirche gehen, sprechen wir deutsch, denn fast alle sind aus der Heimat. Wir beten viel zu Gott, dass er uns helfen möge, hier ein Haus zu schaffen und viele, viele Äcker. Die kriegt man hier kostenlos zugeteilt, und sie gehören einem auch rechtens. Wir haben ein Holzhaus aufgeführt, damit der Winter uns nicht allzu arg trifft. Im Frühjahr beginne ich mit dem Bau eines Steinhauses. Wir haben viel Hilfe, denn die Nachbarn helfen alle, und wir helfen den Nachbarn. Hier ist eine Familie aus Schweden, die uns begrüßte. Sie trugen mir einen Laib Brot an und ein Salzfass. Das bringt Glück, sagen die Leute. Ich habe geweint, weil in der Eifel uns niemand ein Stück Brot gegeben hat, so wahr ich hier stehe. Die Winter sind hart, und ich hoffe, Gott der Herr wird uns seinen Schutz geben und nicht dulden, dass jemand in meiner Familie stirbt oder gar lange krank wird. Zu Chicago wohnt ein deutscher Herr Bischof, der sich um uns arg kümmert und nicht dulden mag, wenn jemand Not leidet. Unsere Mutter Kirche ist schon dort, wo wir hinkommen, unsere Felder zu bestellen. Und wir sind stets im Herrn.
    Es war eine große Verwirrung in mir, als ich zwei Tage in die Stadt gegangen bin und dort Hex-Maria getroffen habe. Sie ist wohl mit dem Schiff nach mir angekommen. Und sie sagte, sie habe schlimm geweint unter ihrem Mann, der sie alltäglich geschlagen. Hochwürdigster Herr, ich war voller Staunen, denn die Maria Hansen sagte, sie sei eigentlich mit einem Manne gekommen, der aber habe das Schiff nicht erreicht, und sie warte nun auf ihn. Ich fragte, wer denn dieser Mann sei. Und sie hat glückselig gelacht und gesagt, das würde sie erst preisgeben, wenn er hier in Chicago ist. Das würde ich nicht glauben, hat sie gesagt. Und wir haben geredet, und sie hat ein Haus, nicht weit von hier und einen guten Acker. Und ich muss nur einen Tag gehen, um sie zu besuchen. Ich habe gestern drei Säue gekauft, alle trächtig. Und wir denken, es geht vorwärts, und ich bitte zum Herrn, dass es in der Heimat gut steht. Von Herzen bitte ich den hochwürdigsten Herr, dass er beten kann für mich und die Meinen. Mein Herz ist manchmal verzagt, ich habe Furcht, alles könnte ein Traum sein. Dann spreche ich ein Ave Maria und sehe: Es ist kein Traum, und ich bin etwas ruhiger.
    Gezeichnet Berthold Schmitz.«
    »Die Maria Hansen, sieh einer an.« Emma kaute auf einem Grashalm. »Ihr Mann schlug sie oft. Sie hatte kein Geld. Das bedeutet, dass irgendeiner für sie das Ticket nach Amerika gekauft hat. Wer war der Mann?«
    Da niemand

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